Markt

E-Plus-Chef: "Wir sind keine Mobile-Data-Verweigerer"

Wie soll die Begeisterung für das mobile Internet geweckt werden?
Von Björn Brodersen

Stagnierende Wachstumsraten bei den Kundenzahlen zwingen die deutschen Mobilfunkbetreiber zum Umdenken. Um zukünftig die Umsätze zu sichern, wollen die Anbieter ihre Kunden anregen, das Handy mehr zu nutzen - nicht nur für das Telefonieren oder den Versand von SMS, sondern beispielsweise auch für das Internetsurfen von unterwegs, das Verschicken von E-Mails, das Nachrichtenlesen oder das Anschauen von Videostreams. Die Dienste stehen bereit, der aktuelle Standard UMTS sorgt für die nötige Übertragungsgeschwindigkeit. Das Problem: Die Kunden zeigen daran noch kein Interesse.

Ende 2004 gab es laut Bitkom etwas mehr als 250 000 UMTS-Kunden in Deutschland, für Ende dieses Jahres rechnet der sogar mit 2,5 Millionen. Die Zahlen der bis Ende April dieses Jahres verkauften UMTS-Geräte liegen mit 450 000 UMTS-Handys und allein von den beiden Marktführern T-Mobile und Vodafone verkauften 350 000 UMTS-Datenkarten auch schon höher als zuvor. Nach einer Einschätzung des Telekommunikationsexperten Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen sollte eine breite Kundenakzeptanz für UMTS auch erst vier bis sechs Jahre nach dem Vermarktungsstart - also frühestens Anfang 2008 - erwartet werden. Eine ähnliche Entwicklung hatte jedenfalls auch die Vorgängertechnik GSM in Deutschland genommen.

Experten: UMTS wird am Bedarf vorbei vermarktet

Branchenexperten kritisieren, dass die Mobilfunkbetreiber das Thema UMTS am Bedarf der Kunden vorbei vermarkten. Auf der jüngsten Handelsblatt-Tagung in Bonn gewann man aber auch den Eindruck, die Mobilfunkanbieter machen notgedrungen mit bei einem Spiel, für das sie keine rechte Begeisterung aufbringen können. Selbst Vodafone, das im vergangenen Weihnachtsgeschäft lautstark die Massenvermarktung von UMTS eröffnet hatte, ist inzwischen wieder stiller geworden. "Jetzt haben wir die Kartoffeln, nun essen wir sie auch", sagte der o2-Vorstandsvorsitzende Rudolf Gröger. Zugleich forderte er von den UMTS-Anbietern professionellere Vermarktungsstrategien, um den Appetit der Kunden auf die neuen Dienste zu wecken. "Keiner braucht heute Mobile Entertainment", sagte er. "Wir müssen den Menschen erklären, wozu sie es brauchen."

Der o2-Chef rät aus diesem Grund den Anbietern, bei der Vermarktung praktische Aspekte wie Videotelefonie oder Nachrichten-Push stärker in den Vordergrund zu rücken und gegenüber dem Kunden fachliche Begriffe wie etwa "UMTS" seltener zu verwenden. "UMTS ist die eingebaute Zukunft", versicherte er den Zuhörern in Bonn. "Der Appetit kommt mit dem Essen." Damit das UMTS-Angebot den Kunden aber auch so richtig schmeckt, müssen zunächst bessere Endgeräte auf den Markt kommen und die Nutzungspreise sinken. Gröger erwartet, dass im kommenden Weihnachtsgeschäft 25 Prozent aller verkauften Vertragshandys UMTS-Geräte sein werden.