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Editorial: Darf es etwas teurer sein?

Die Gefahren von gesplitteten Interconnection-Entgelten
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In der vergangenen Woche entsprach die Regulierungsbehörde dem Antrag diverser Regionalnetzbetreiber auf gesplittete Interconnect-Entgelte. Was zunächst furchtbar technisch klingt, ist einfach erklärt: Die "kleinen" Telefonfirmen, etwa Hansenet in Hamburg oder Netcologne in Köln, bekommen mehr Geld dafür, wenn sie ein Telefonat für einen anderen Anbieter durchleiten, als die Deutsche Telekom. Damit sollen die höheren Infrastrukturkosten der kleinen Anbieter abgegolten werden.

Folgen der Entscheidung

Fraglich ist jedoch, ob der erwünschte Zweck - nämlich eine Förderung der kleinen Anbieter - erreicht werden kann. Das genaue Gegenteil könnte eintreten. Die Deutsche Telekom sprach bereits kurze Zeit nach der Regulierungsentscheidung davon, einen Zuschlag für Telefonate zu Anschlüssen bei den alternativen Anbietern einzuführen. Die Kunden der Telekom sollten per Bandansage über den höheren Preis informiert werden, ähnlich der Tarifansage einige Call-by-Call-Gesellschaften. Jedoch würde die Ansage immer nur dann ertönen, wenn man einen der "teuren" Anschlüsse anruft. Ärger bei den Inhabern von alternativen Anschlüssen über diese Stigmatisierung ist vorprogrammiert.

Auch die Call-by-Call-Anbieter könnten dem Beispiel der Telekom folgen, und verschiedene Preise einführen. Denn bei Telefonaten zu alternativen Anbietern bezahlen viele Call-by-Call-Anbieter bereits heute doppelt: Einmal für den Transfer des Gesprächs durch das Netz der Deutschen Telekom, und dann für die eigentliche Terminierung im Netz des Angerufenen. Es gibt nämlich nur wenige bzw. fast gar keine direkte Zusammenschaltungen zwischen den Call-by-Call-Anbietern und den Regionalnetzbetreibern. Da jetzt noch ein Zuschlag für die Citynetze hinzukommt, müssen die Verbindungsnetzbetreiber künftig sogar dreifach zahlen.

Im Mobilfunkbereich gibt es bereits heute ein vergleichbares Problem: Telefonate innerhalb eines Netzes sind zumeist billiger als netzexterne Gespräche. Diese Preisdifferenzierung ist zumindest zum Teil auch durch unterschiedlich hohe Interconnect-Entgelte verursacht. Wie bereits in einem früheren Editorial ausgeführt, schaden die günstigen netzinternen Tarife vor allem den kleinen Netzbetreibern. Denn niemand möchte es seinen Freunden unnötig teuer machen, dass man ihn anruft. Dieser soziale Druck kann durchaus einen Wechsel zu einem anderen Anbieter verhindern.

Fraglich ist auch das Kostenargument, mit dem die Regulierungsbehörde die Entscheidung begründet. Sicherlich können die kleinen Netzbetreiber weniger gut Rabatte bei den Herstellern von Tk-Hardware aushandeln, und ihre Kabel oft auch nicht so stark auslasten, wie die Deutsche Telekom. Dafür erwartet man aber von den Regionalanbietern, dass diese über modern und effizient aufgebaute Netze und über zeitgemäßes Personalmanagement verfügen. Die Telekom schleppt hingegen zumindest in Teilbereichen noch immer die Behördenkultur mit sich herum, die zu einem aufgeblähten Personalapparat führt. Das Netz ist über Jahrzehnte hinweg historisch gewachsen. Dadurch bedingt ist eine Netzstruktur aufgebaut worden, die eher auf den früheren als auf den heutigen Stand der Technik optimiert ist. Beide Nachteile kann ein gut geführter Alternativanbieter vermeiden.

Alternativen für den Verbraucher

Der derzeit mit Abstand kostengünstigste Festnetz-Anschluss ist Genion von o2. Er kostet knapp 10 Euro, 36 % weniger, als der Telekom-Anschluss mit 15,66 Euro. Während man sich das Analogtelefon für den Telekom-Anschluss selber kaufen muss, bekommt man bei Genion beim Abschluss eines Zwei-Jahres-Vertrags ein Standard-Handy sogar (fast) umsonst dazu.

Auch DSL-Anbieter schicken sich an, ihre Kunden mit Telefoniediensten zu versorgen. QSC hat hier vor kurzem ein Produkt mit einer zusätzlichen Telefonie-Grundgebühr von knapp 5 Euro vorgestellt - leider nur mit einem etwas unglücklichem Software-Telefon. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis preisgünstige und flexible IP-Telefone für Endkunden auf dem Markt auftauchen, so dass man auch hier nicht auf den gewohnten Komfort verzichten muss. Das Produkt "Analoganschluss + DSL + Flatrate" ist damit bei der Deutschen Telekom und T-Online (zusammen 65,60 Euro) etwas teurer, als "DSL inklusive Flatrate zuzüglich Telefonanschluss" bei QSC (zusammen 63,99 Euro).

Die beiden eben vorgestellten innovativen Technologien haben auch ohne Alimentation durch Extra-IC-Entgelte gute Zukunftsaussichten. Dasselbe gilt sicher für viele weitere Zugangs-Technologien, die in den nächsten Jahren entwickelt werden. Mit dem Aufschlag auf die IC-Entgelte fördert die Regulierungsbehörde somit weniger den Technologie-Wettbewerb, sondern schafft vielmehr die Grundlage für wettbewerbsfeindliche Preisverwirrung. Es bleibt zu hoffen, dass sie den Entgeltantrag der Telekom ablehnt, aber es könnte ihr schwer fallen, die Ablehnung juristisch sauber und gerichtsfest zu begründen.