Verhinderung

Editorial: Von Störern und Verzögerungen

Wer behindert den Wettbewerb wirklich?
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Der Focus meldet in der morgigen Ausgabe: "Quam entgehen Gebühren in Millionenhöhe". Grund ist, dass Quam eine kostenfreie Rufnummer anbietet, damit Quam-Kunden von den D-Netzen und Viag Interkom aus erreichbar sind (teltarif berichtete). Der Grund hierfür sind fehlende Interconnect-Abkommen mit den entsprechenden Netzbetreibern.

Nur vom Telekom-Festnetz und vom E-Plus-Netz aus waren Quam-Kunden von Anfang an erreichbar. Nun ist es bei E-Plus Pflicht, dass das Interconnect-Abkommen zügig zustande kommt. Denn Quam und E-Plus sind Kooperationspartner, die ihre UMTS-Netze gemeinsam aufbauen. Darüber hinaus ist Quam quasi "Untermieter" im GSM-Netz von E-Plus.

Solche Argumente, die zu einem schnellen Abschluss des Interconnect-Abkommens drängen, gab es bei der Deutschen Telekom nicht. Entsprechend groß fiel auf einer Pressekonferenz von Quam das Lob für die Deutsche Telekom aus, wie kooperativ diese sich beim Interconnect-Abkommen verhalten habe.

Wir sind es in der Redaktion nicht gewohnt, Lob über die Wettbewerbspolitik der Deutschen Telekom zu hören. Denn mit schöner Regelmäßigkeit trudeln bei uns die Pressemitteilungen des VATM und anderer Verbände ein, die der Deutschen Telekom Blockadepolitik, Verzögerungsstrategie und Monopol-Gehabe vorwerfen. Doch dieses Mal war die angebliche Dauerblockiererin am schnellsten, als es darum ging, den Wettbewerber anzubinden.

Discountern wie 3U mag man es noch nachsehen, dass sie Verbindungen zu einem gerade neu gestarteten Netz nicht von Anfang an ermöglichen. Aber bei einem Full-Service-Anbieter wie Arcor hat die Nachsicht ein Ende. Schließlich bezahlt man bei Arcor für ISDN-Anschlüsse fast dieselben Preise wie bei der Deutschen Telekom. Da darf man auch einen ähnlich guten Service erwarten, und dazu gehört nunmal, dass man alle deutschen Telefonanschlüsse erreichen kann.

Auch an anderer Stelle hat man den Eindruck, dass die Blockadepolitik der Telekom-Konkurrenten untereinander noch viel schlimmer ist, als die der Telekom gegen die Wettbewerber. Warum haben beispielsweise ein halbes Dutzend Newcomer (Esprit Telecom/GTS/Ventelo, Interoute, Viatel/Circe, COLT Telecom, um nur ein paar zu nennen) jeweils eigene Hochgeschwindigkeitsnetze quer durch Europa gebaut, anstatt auf den Langstrecken zusammenzuarbeiten? Ist es wirklich so schwierig, sich gegenseitig Kapazitäten zu vermieten?

Die Rufnummernmitnahme klappt im Festnetz ganz gut, wenn man von der Telekom zu einem Konkurrenten wechselt. Den Versuch, die Rufnummer beizubehalten, wenn man von der Berlikomm oder NetCologne zu Viag Interkom Genion Home geht, startet man aber besser nicht, es sei denn, man bringt viel Zeit mit, oder empfindet es als spaßig, mit Hotlines zu diskutieren.

Im Mobilfunkbereich wurde die Einführung der Rufnummernmitnahme vor vier Monaten vom Februar 2002 auf den November 2002 verschoben. Als Grund wurde genannt, dass man die Mailbox-Nummer gleich mit portieren will, was die Sache technisch komplizierter macht. Es klingt wie ein Vorwand. Denn Hauptgrund für die Verschiebung des Einführungstermins dürfte sein, dass kein Netzbetreiber Interesse hat, gute Geschäftskunden an ein anderes Netz zu verlieren. Viele Geschäftskunden würden zwar gerne wechseln, können sich aber eine Änderung der Handy-Nummer nicht leisten.

Call-by-Call, ob mit oder ohne Anmeldung, funktioniert weiterhin praktisch nur von Telekom-Anschlüssen aus. 0190-0-Nummern, die einige interessante neue Dienste ermöglichen (wie zum Beispiel Ortsgespräche bei Teledump), sind ebenfalls nur aus dem Telekom-Festnetz erreichbar.

Kürzlich wurde es vom VATM als Erfolg gefeiert, dass die Einführung der 0900-Rufnummern um ein weiteres Jahr verschoben wurde. Diese werden nämlich wie 0190-0 individuell pro Nummer abgerechnet, und das dafür notwendige Offline-Billing beherrschen noch nicht alle Anbieter. Statt selber auf den Stand der Technik aufzurüsten, wird von den Konkurrenten lieber das Schreckespenst der Re-Monopolisierung an die Wand gemalt.

Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Als Fazit bleibt: Seit dem 22. November gibt es noch einen Grund mehr, mit dem Anschluss bei der Deutschen Telekom zu bleiben. Mit Sicherheit werden die Konkurrenten auch künftig den mangelnden Wettbewerb im Ortsnetz beklagen. Nur ist die Telekom daran nicht alleine schuld.