Top oder Flop?

E-Mail-Anschrift gleich Web-Adresse

Ist das Klammeräffchen in der eigenen Domain praktisch oder verwirrend?
Von AFP / Marie-Anne Winter

Allerlei Informationen muss der moderne, stets erreichbare Mensch auf seiner Visitenkarte unterbringen: Telefon-, Handy- und Fax-Nummern, E-Mail und oft auch eine Web-Adresse. Ein Kunstgriff könnte zumindest eine Zeile auf dem Kärtchen sparen: die E-Mail-Anschrift als Web-Adresse. So könnte ein Surfer unter Magnus@Mustermann.de seine elektronische Korrespondenz erledigen und gleichzeitig seine Homepage ins Web stellen. Registrierungen werden bereits angeboten. Das @-Zeichen kann zwar eigentlich nicht Teil einer Web-Anschrift (Domain) sein, doch können Provider eine neu angemeldete Homepage so einrichten, dass sie auch mit einer @-Adresse gefunden wird. Experten warnen, die vermeintliche Vereinfachung könne neue Verwirrung stiften.

Grundsätzlich kann die zentrale deutsche Registrierungsstelle für Web-Adressen mit "de"-Endung (DENIC) nur Domains eintragen, die aus höchstens 63 Buchstaben, Ziffern und Bindestrich bestehen. Jede Domain im weltweiten Netz kann nur einmal vergeben werden. Allerdings lässt sich eine Anschrift durch Subdomains erweitern, die der Domain mit einem Punkt vorangestellt werden. Viele Firmen haben Unteradressen wie "technik.firmenname.de" oder "info.firmenname.de" eingerichtet.

Als Alternative bieten Webhoster wie Strato oder die 1&1-Gruppe die neuen @-domains an. Sie beruhen auf einem technischen Trick. Auf dem Web-Server wird im Kundenverzeichnis eine Umleitung eingerichtet, erklärt 1&1-Sprecher Michael Frenzel. Steuert ein Surfer die Unter-Adresse an, läuft ein kleines JavaScript-Programm ab, das die gewünschte Web-Seite aufruft. Damit werden Adressen wie "meier@firmenname.de" möglich. Eigentlich dient das @-Zeichen (der "Klammeraffe") als technischer Trenner zwischen Rechner- und Nutzerkennung und findet vor allem in E-Mail-Adressen Verwendung.

Mehr Struktur und bessere Übersicht sollen Unter-Adressen in Web-Auftritte bringen. Jedes Familienmitglied etwa könnte unter seinem Vornamen E-Mail und eigene Homepage haben, als Domain müsste nur der Nachname bei DENIC registriert werden - allerdings sind Abertausende Namen bereits besetzt. Der Webhoster Strato verspricht Kunden seiner Premium-Pakete bis zu tausend @-Domains. Über die Unter-Adressen lädt das @-Zeichen zu Spielereien mit Namen ein. @ sieht innovativ aus und kann statt eines "A" einem Firmennamen den gewünschten "Internet-Touch" geben. Wer etwa "www.ac@demy.de" eintippt, landet bei einem Unternehmen mit Bildungsangeboten. Dieselbe Seite erscheint einem Surfer, der nur www.demy.de eingibt.

Auf phantasievollen Umgang mit Namen zielt auch ein Angebot des Domain-Kontors ab. Das Unternehmen bietet unter anderem "nk24.de" für 1000 bis 10 000 Mark (gut 511 bis 5113 Euro) an. Aus der an sich nichts sagenden Zeichenabfolge ließe sich "kr@nk24.de" oder "schl@nk24.de" machen, schlägt das Domain-Kontor vor. "b@nk24.de" findet sich nicht auf der Liste: Damit liefe ein Website-Betreiber Gefahr, sich eine Abmahnung der Deutschen Bank 24 wegen Namens-Ähnlichkeit einzuhandeln.

Bei der 1&1-Gruppe, die 1,7 Millionen Domains betreut, stoßen @-Adressen nur auf geringes Interesse. In den ersten Wochen wurde die Software zur Einrichtung von @-Domains erst knapp 1200 Mal heruntergeladen. Strato verzeichnete nach eigenen Angaben zwei Wochen nach der massiv beworbenen Einführung @-Domains im "klar fünfstelligen Bereich".

1&1-Sprecher Frenzel sieht @-Anschriften als "Subdomains zweiter Klasse". Der Nachteil gegenüber echten Subdomains liegt auf der Hand: Hat ein Surfer kein JavaScript aktiviert, kommt er nicht auf die angesteuerte Unterseite, sondern bloß auf die Startseite. Außerdem sind echte Subdomains laut 1&1 leichter zu ändern als @-Domains und per Weiterleitung mit anderen Web-Seiten zu verbinden. Jo Bager von der Computer-Zeitschrift "c't" sieht die neuen Adressen nur als "nettes Gimmick", dem er eher kritisch gegenübersteht. Das Internet mit seinen vielen technischen Möglichkeiten solle nicht noch komplizierter gemacht werden, findet er.