Inkompatibel

Telekom 5G weiter mit vielen Handys nicht voll nutzbar

Die Deut­sche Telekom verwendet für 5G teil­weise Netz­kon­figu­rationen, die viele Smart­phones nicht unter­stützen. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
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Seit dem vergan­genen Jahr sind auch in Deutsch­land erste 5G-Netze verfügbar. Dabei handelt es sich noch nicht um eigen­stän­dige Netze mit der neuen Tech­nologie, sondern um Erwei­terungen für die bestehenden LTE-Netze. Zuerst kamen ausschließ­lich Frequenzen im Bereich von 3600 MHz zum Einsatz. Hier stehen große Band­breiten zur Verfü­gung, die hohe Daten­über­tra­gungs­raten ermög­lichen.

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Umge­kehrt sind die physi­kali­schen Ausbrei­tungs­bedin­gungen auf 3600 MHz sehr schlecht. Die Basis­sta­tionen versorgen in der Regel nur einen Radius von wenigen hundert Metern. So kamen die Mobil­funk-Netz­betreiber auf die Idee, für 5G auch nied­rigere Frequenzen einzu­setzen. Hier steht weniger Spek­trum zur Verfü­gung, sodass die Daten­über­tra­gungs­geschwin­dig­keiten geringer sind. Dafür ist es besser möglich, 5G auch in die Fläche auszu­bauen.

DSS: Mehr Leid als Freud

Telekom 5G mit vielen Handys nicht voll nutzbar Telekom 5G mit vielen Handys nicht voll nutzbar
Fotos: Drobot Dean-fotolia.com/Telekom, Montage. teltarif.de
Telekom, Voda­fone und künftig auch Telefónica setzen die DSS-Tech­nologie ein, sodass LTE und 5G parallel im glei­chen Frequenz­spek­trum unter­gebracht werden können. So können die Netz­betreiber damit werben, in vielen Regionen Deutsch­lands bereits 5G anzu­bieten. Die Telekom versorgt beispiels­weise nach eigenen Angaben schon mehr als die Hälfte der deut­schen Bevöl­kerung mit dem neuen Netz­stan­dard.

Die Sache hat aber gleich mehrere Haken. Wie schon erwähnt sind mangels ausrei­chendem Frequenz­spek­trum nicht einmal annä­hernd die Daten­über­tra­gungs­raten möglich, mit denen im Zusam­men­hang mit 5G geworben wird. 200 bis 400 MBit/s schaffen 4G-Netze mit Carrier Aggre­gation auch ohne 5G. In Tests der teltarif.de-Redak­tion bot LTE Advanced ohne 5G in den meisten Fällen sogar höhere Daten­raten als 5G DSS. Außerdem sind viele Mobil­tele­fone für diese 5G-Vari­ante nicht oder nur bedingt geeignet.

Samsung-Smart­phones unter­stützen nur "halbes" Telekom-Netz

Mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra, dem Samsung Galaxy Note 20 Ultra und dem Samsung Galaxy Z Fold 2 lässt sich beispiels­weise eine im Telekom-Netz häufig vorkom­mende Kombi­nation - LTE-Anker­fre­quenz im Bereich von 1800 MHz und 5G auf 2100 MHz - derzeit nicht nutzen. Das wird wohl auch dauer­haft so bleiben, weil die Hard­ware der Geräte diese Konstel­lation nicht zulässt.

Als wir die Telekom-Pres­sestelle im Sommer auf das Problem anspra­chen, wurde die Einschrän­kung bestä­tigt. Im Rahmen von Soft­ware-Updates würden die Smart­phone-Hersteller aber immer mehr 4G/5G-Frequenz­kom­bina­tionen ermög­lichen. Das geht aller­dings nur, wenn die Hard­ware der Smart­phones das auch hergibt - und genau das ist offenbar bei der von der Telekom in vielen Fällen genutzten Netz­kon­figu­ration gar nicht möglich.

Telekom: "Haben auf Geräte-Spezi­fika­tionen keinen Einfluss"

In sozialen Netz­werken verwies der Betreiber gerne darauf, das Netz bereit­zustellen. Es sei aber nunmal nicht möglich, den Smart­phone-Herstel­lern vorzu­schreiben, mit welchen tech­nischen Eigen­schaften sie ihre Geräte produ­zieren. Das ist zwar richtig. Auf der anderen Seite ist es aber unver­ständ­lich, dass die Telekom bewusst Netz­kon­figu­rationen einsetzt, die von Handys, die das Unter­nehmen auch aktiv vermarktet, nicht unter­stützt werden.

Samsung ist nicht der einzige betrof­fene Hersteller. So kann auch beim OnePlus 8 bzw. OnePlus 8 Pro das LTE-Band 3 (1800 MHz) nicht als Anker für 5G auf 2100 MHz nutzen. Mit dem demnächst zu erwar­tenden OnePlus 8T soll das wiederum laut Bran­chen­gerüchten funk­tio­nieren. Veri­fizieren lässt sich das zwar erst, wenn das Gerät auf dem Markt ist. Verwun­dern würde das aber nicht, denn die Gerä­teher­steller lernen schließ­lich hinzu und bekommen im Laufe der Zeit mit, was sich die Netz­betreiber hinsicht­lich ihrer 5G-Konfi­gura­tion einfallen lassen. 5G-Smartphones der ersten Generation bereits abgewertet 5G-Smartphones der ersten Generation bereits abgewertet
Foto: teltarif.de

Samsung: "Dyna­mischer Verän­derungs­pro­zess"

Die Samsung-Pres­sestelle erklärte auf Anfrage von teltarif.de: "5G ist eine in Deutsch­land und welt­weit expan­die­rende Tech­nologie. Die Infra­struktur wird aber ständig weiter­ent­wickelt und unter­liegt somit einem dyna­mischen Verän­derungs­pro­zess. Wir haben uns als Hersteller in konti­nuier­lichem Austausch mit den Provi­dern dafür entschieden, ab der ersten 5G-Gerä­tege­nera­tion das in Deutsch­land promi­nen­teste Band N78 zu unter­stützen. Mit wach­sendem Port­folio erwei­tern wir auch die unter­stützen Bänder."

Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass das Samsung Galaxy S21 auch die von der Telekom einge­setzten Netz­kon­figu­rationen beherr­schen wird. Dyna­mischer Verän­derungs­pro­zess, wie die Samsung-Pres­sestelle bereits einräumt. Aber wer erklärt nun einem Kunden, der sich viel­leicht gerade erst für knapp 2000 Euro ein Samsung Galaxy Z Fold 2 zuge­legt hat, dass sein Smart­phone vermut­lich niemals das komplette 5G-Netz der Telekom nutzen kann?

5G-Handys der ersten Gene­ration bereits abge­wertet

Mit dem Aufkommen der 5G-DSS-Technik haben die Netz­betreiber schon die 5G-Smart­phones der ersten Gene­ration enorm abge­wertet, denn diese Tech­nologie kennt ein Samsung Galaxy S10 5G oder Huawei Mate 20X 5G nicht. Wäre das bei Endge­räten, die im Einsteiger-Preis­seg­ment ange­sie­delt sind, nach nicht einmal einem Jahr schon mehr als ärger­lich, so ist das bei Edel-Smart­phones, für die ohne Vertrag vier­stel­lige Euro-Beträge aufge­rufen werden, eigent­lich ein Fall für den Verbrau­cher­schutz.

Voda­fone nutzt für 5G DSS in Frank­furt am Main übri­gens LTE auf 800 MHz als Anker. Zudem liegt der 5G-Träger im Frequenz­bereich um 1800 MHz. Diese Kombi­nation funk­tio­niert auch mit Samsung-Smart­phones, wie unser Test mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra in "Main­hattan" gezeigt hat.

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