Futuristisch

Hologramm-Telefonie: Mobilfunker entwickeln 3D-Telefonate

Wenn Sie Raum­schiff Enter­prise mögen, kennen Sie Holo­grafie-Kommu­nika­tion über große Entfer­nungen. So etwas könnte in etwa zwei Jahren auch mit 5G möglich sein - viel­leicht.
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Neuig­keiten im Mobil­funk? "5G" ist ja irgendwie schon "lang­weilig", die Netz­betreiber sind weiter dabei, die 5G-Versor­gung im Lande auszu­bauen und dabei unter­schied­lich weit fort­geschritten. Jetzt könnte etwas Neues kommen, was wir bisher nur aus Science-Fiction Filmen kennen.

Die wich­tigen euro­päi­schen Netz­betreiber Orange (Frank­reich), Telefónica (o2), Telekom (D1) und Voda­fone (D2) arbeiten gemeinsam mit dem Unter­nehmen Matsuko s.r.o (regis­triert in Kosice, Slovakei) an Tele­fonie via Holo­grafie.

Was ist ein Holo­gramm?

Holographische Telefonkonferenz, in Wirklichkeit ist keiner im Raum, bald Realität? Holographische Telefonkonferenz, in Wirklichkeit ist keiner im Raum, bald Realität?
Foto: Matsuko s.r.o.
Ein Holo­gramm ist ein drei­dimen­sio­nales Bild, das in den freien Raum oder in eine Video­brille proji­ziert wird, obwohl sich die Person oder der Gegen­stand ganz woan­ders befindet. Über den aktu­ellen 5G-Stan­dard könnte eine solche aus Science-Fiction-Filmen bekannte Option am ehesten reali­sierbar sein. Die betei­ligten Netz­betreiber wollen eine gemein­same Platt­form zur Über­mitt­lung dieser drei­dimen­sio­nalen Signale entwi­ckeln.

Holo­gramm-Tele­fonie ist möglich

Holo­gramm-Tele­fonie könnte es eigent­lich heute schon geben. Doch bisher war sie viel zu (rechen)aufwendig und zu kost­spielig. Daher ist sie in der Praxis noch kaum ange­wendet worden. Notwendig ist nicht nur eine schnelle Daten­lei­tung, sondern auch enorme Rechen­power im benutzten Endgerät. Moderne Smart­phones der Nobel­klasse könnten das unter Umständen leisten.

Nun soll das gemein­same Projekt diese Art der Kommu­nika­tion Massen­markt-taug­lich machen. Die betei­ligten Unter­nehmen schätzen, die Holo­gramm-Platt­form in etwa zwei Jahren für Endkunden verfügbar zu haben. Um den oder die Gesprächs­partner zu sehen, wird zunächst eine Virtual-Reality-Brille gebraucht, später könnte es viel­leicht auch ein Beamer-Projektor im Raum sein.

Was der Spaß den Kunden oder die betei­ligten Unter­nehmen kostet, wurde noch nicht verraten.

Netz­betreiber sind eupho­risch

"Ob privat für den Anruf bei Oma oder für den Busi­ness-Call mit Kollegen und Kunden: Durch Holo­gramm-Tele­fonie rücken wir in der virtu­ellen Welt näher mit unseren Freunden und Mitmen­schen zusammen", freut sich Michael Rein­artz, Inno­vati­ons­chef bei Voda­fone Deutsch­land.

Auch bei der Telekom ist man eupho­risch: "Unser Ziel ist, diese neue Form der Kommu­nika­tion für alle zugäng­lich zu machen." Sven von Asch­wege, bei der Telekom für das Projekt verant­wort­lich, findet: "Tele­fonieren, als stünde mein Gesprächs­partner vor mir, ist so ein Traum, der nun näher an die Realität rückt."

Daniel Hernández beim Telefónica-Mutter­kon­zern für Geräte und Privat­kunden-IoT zuständig ist sich sicher, dass naher Zukunft eine neue Form der Kommu­nika­tion geboten werden könne. Telefónica Deutsch­land (o2) betont, dass "tech­nisch schon heute" Holo­grafie-Konfe­renzen möglich sind. In der Inno­vation Expe­rience Area im Münchner-o2-Tower zeige das Unter­nehmen "anschau­lich, welche Möglich­keiten sich mit der 3D-Tele­fonie schon jetzt für Unter­nehmen und Privat­per­sonen bieten."

Wie soll das funk­tio­nieren?

Bei der Holo­gramm-Tele­fonie - verkürzt auch "Holo­grafie" genannt - blickt der Ange­rufene aktuell in eine VR-Brille - später wäre es ein leis­tungs­starker Beamer-Projektor - und sieht den proji­zierten Ober­körper des Anru­fers im Raum. Die Aufnahme erfolgt über die Selfie-Kamera des Anru­fers. Die Bild­daten werden über das Netz trans­por­tiert und vor Ort in der Brille oder später dem Projektor in eine digi­tale drei­dimen­sio­nale Version umge­setzt. Matsuko-Chef Matus Kirch­mayer erklärt, "das Projekt solle es ermög­lichen, eine Person virtuell als Holo­gramm mit verblüf­fendem Realismus zu sehen.

Doch die Geschichte ist momentan noch ziem­lich einseitig. Der Anrufer erscheint drei­dimen­sional im Raum, aber auf der Gegen­seite sieht der Anrufer weiterhin maximal ein 2D-Video-Bild, weil der Ange­rufene eine Video-Brille tragen muss. Natür­lich könnte man auch dessen Bild mit Riesen-Brille auf dem Kopf zurück­über­tragen, das wäre aber wohl nicht sonder­lich sinn­voll.

Zusam­men­arbeit, um Chancen zu verbes­sern

Idea­ler­weise arbeiten die sonst im Wett­bewerb stehenden Netz­betreiber bei diesem Vorhaben zusammen, damit später die Holo­gramm-Anrufe von vorn­herein zwischen verschie­denen Netzen funk­tio­nieren und nicht nur Verbin­dungen im selben Netz.

Holo­gramm-Tele­fonie braucht möglichst schnelle Leitungen und möglichst kurze Reak­tions­zeiten (Ping), alles Merk­male, die der 5G(SA) Stan­dard bieten kann. Somit dürfte Holo­gramm-Tele­fonie nur an Orten funk­tio­nieren, an denen es eine möglichst schnelle 5G-SA-Verbin­dung idea­ler­weise auf 3,6 GHz (n78) oder künf­tigen höheren Bändern gibt.

Voda­fone stellte Proto­typen 2018 vor

Schon 2018 hatte Voda­fone auf einem Test­gelände in Alden­hoven (Nord­rhein-West­falen) ein Holo­gramm-Video­gespräch in einem fahrenden Kleinbus vorge­stellt. Das dama­lige Projekt beruhte noch auf anderer Tech­nologie und konnte damals optisch wenig über­zeugen.

App vorhanden - Frei­schal­tung notwendig

Der Schlüssel zur holo­gra­fischen Tele­fonie wird eine App von Matsuko sein, die sich der inter­essierte Kunde bereits (für Android oder für iOS) auf sein Handy laden kann und dafür ein Nutzer­konto einrichten muss.

Doch zur Nutzung ist ein Zugangs­code erfor­der­lich, denn es im Augen­blick nur für inter­essierte Bran­chen-Unter­nehmen und "in Kürze" auch für die Fach­presse geben soll. Wir haben bereits einen Schlüssel ange­for­dert und werden berichten, wenn uns dieser vorliegt.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Durch die Verwen­dung einer zusätz­lich App würde die Holo­gramm-Tele­fonie wie die Nutzung der Messenger-Dienste von WhatsApp, Meta, Tele­gram, Threema, Signal etc. OTT (= over the Top) erfolgen. Denkbar wäre natür­lich auch, dass Handy-(Soft­ware-)Hersteller diese App eines Tages in ihre Grund­soft­ware inte­grieren. Nur müssen die Normungs­gre­mien von 3GPP und GSMA schnell verbind­liche Stan­dards schaffen, sonst haben wir die gleiche baby­loni­sche Sprach­ver­wir­rung wie heute bei den Messenger-Diensten, die in der Regel unter­ein­ander nicht kompa­tibel sind. Und die Messenger-Anbieter können gute Gründe vorbringen, nicht kompa­tibel sein zu wollen, um maxi­male Daten­sicher­heit ihrer Kunden­bieten zu können.

Ob die Holo­grafie eine Spie­lerei oder Stan­dard werden wird, hängt auch vom Preis­modell ab. Eine geson­derte Abrech­nung pro Verbin­dungs­zeit wird bei Privat­kunden nur schwer durch­setzbar sein, sie sind längst Flat­rates gewohnt. Eine Abrech­nung nach Daten­mengen würde sofort die schmalen Daten­bud­gets sprengen und wer in einem kleinen Paket Daten nach­buchen möchte, zahlt dafür viel zu viel. Bei güns­tigen Daten-Flat­rates hingegen sinkt die Lust der Netz­betreiber, sich weiter darum zu kümmern, weil mehr Daten­mengen für sie nur mehr Kosten bedeuten, die der Kunde aber in den aller­meisten Fällen nicht tragen kann oder will.

Für ein Stan­dalone-5G-Netz ist ein 5G-Core notwendig. Die Telekom bekommt ihren neuen 5G-Core jetzt aus den USA.