Hintergrund: So funktioniert ein Kabelnetz
Als das Internet aufkam, gingen die Nutzer zunächst per Modem oder ISDN-Karte ins Internet. Einige Jahre später war es dann der DSL-Zugang. Inzwischen gibt es zahlreiche andere Anschlussformen, die das Breitband-Internet ins Haus bringen. Eine davon ist das TV-Kabelnetz. Noch immer wissen einige Kunden nicht, dass sich die Kabeldose mit ein wenig technischer Veränderung auch für einen Internetzugang nutzen lässt, der schneller ist als der klassische DSL-Zugang.
Die notwendigen Voraussetzungen schaffen dabei die Anbieter selbst. Doch wie funktioniert diese Technik eigentlich und warum kann man über ein TV-Kabelnetz surfen? Wir nehmen Sie mit auf die Reise Ihrer Daten von Ihrer Wohnung ins Internet und erklären Ihnen auch, warum es sein kann, dass Sie im Versorgungsbereich eines Anbieters wohnen, aber dennoch kein Kunde werden können.
Die Geschichte des Kabel-Netzes
Schema: So funktioniert ein Kabelnetz.
Eine bebilderte Übersicht, wie ein Kabelnetz funktioniert und wie die Netzelemente aussehen, bekommen Sie mit einem Klick auf dieses Bild.
Grafik: Kabel Deutschland
Damit Sie über das Kabelnetz surfen können, haben die Kabelnetzbetreiber hohe technische Investitionen
in das Netz gesteckt. Denn als die Deutsche Bundespost, später Telekom,
das Netz in den 1980er Jahren baute, hatte es nur einen Zweck: ein Fernsehsignal von einem zentralen
Anlieferungspunkt aus über die ganze Stadt in die Haushalte zu verbreiten. An einen Rückkanal vom
Kunden zum Anbieter, der für Internet und Telefonie nötig ist, hatte damals
niemand gedacht, entsprechend waren die Netze in den Straßen, aber auch in den Haushalten, nicht dafür
vorbereitet. Deshalb hat beispielsweise Vodafone (ehemals Kabel Deutschland),
die das Breitbandkabelnetz der Deutschen Telekom in 13 Bundesländern in Deutschland übernommen
hat, nach eigenen Angaben bis heute mehr als eine Milliarde Euro investiert.
Aus der Historie heraus gibt es eine Besonderheit im deutschen Netz: Es ist unterteilt in Netzebenen. Und obwohl beispielsweise Vodafone das Kabelnetz in den Straßen (Netzebene 3) betreibt, kann der Kabelnetzanbieter zu Hause (Netzebene 4) doch ein anderer sein.
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Die Infrastruktur des Kabelnetzes bis zum Nutzer nach Hause
Hat an Ihrer Adresse der zuständige Kabelnetzbetreiber die eigene Infrastruktur mit Kabelkopfstellen, Verstärkern und Glasfasernetzen rückkanalfähig gemacht, ist eine wichtige Voraussetzung für Kabel-Internet erfüllt. Im nächsten Schritt muss auch das Kabelnetz innerhalb des Wohnhauses modernisiert werden. Dies erledigen Servicetechniker. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie die einzelnen Wohnungen im Haus miteinander verbunden sind. Oftmals handelt es sich um eine Baumstruktur. Das heißt, das Kabelnetz kommt vom Übergabepunkt im Keller in der ersten Wohnung an, geht von dort in die zweite und von dort in die dritte. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass ein Kunde im fünften Stock sein Internetsignal erst durch vier weitere Stockwerke senden muss, bevor es ins eigentliche Kabelnetz geht. Das ist technisch jedoch nicht immer möglich.
Die vorhandene Baumstruktur wird überprüft, um die technischen Parameter einzuhalten. Bei Bedarf wird das Netz möglicherweise umgebaut. Interessiert sich ein Kunde im fünften Stock für Kabel-Internet, so wird in diesem Szenario ein eigenes Kabel durch die in der Regel im Treppenhaus befindlichen Kabelzüge gezogen, das seine Wohnung direkt mit der Netztechnik im Keller verbindet. Dies ist ein einfacher und etablierter Vorgang mit geringem Arbeitsaufwand. Alternativ ist in Wohnhäusern eine Stern-Struktur angelegt worden. In diesem Fall ist bereits jede Wohnung direkt mit dem Keller verbunden.
Andere Anbieter können eigenes Signal einliefern
Die im Keller des Wohnhauses verbaute Technik: Von der Wohnung zum Übergabepunkt.
Foto: teltarif.de
Hat der Servicetechniker die Arbeiten im Hausnetz erledigt und den Kabelverstärker im Keller gegen
einen Rückkanal-Hausverstärker ausgetauscht, erhält der neue Kabel-Internet-Kunde eine neue Kabelbuchse
(Multimediadose) in seiner Wohnung. Statt zwei Anschlüssen für TV- und Radio-Signal hat er nun drei
Anschlüsse - an den dritten wird das Kabel-Modem gesteckt, das dann das Telefonieren und das Surfen
im Internet ermöglicht.
Die Schnittstelle zwischen NE3 und NE4 ist der Hausübergabepunkt (HÜP). An diesen Punkt liefert beispielsweise Vodafone dem Anschlussbereich entsprechend ein festgelegtes Signal. Netzbetreiber der Netzebene 4 können das von der NE3 angelieferte Signal auch mit eigenen Informationen anreichern. So kann es durchaus sein, dass in einigen Haushalten mehr Fernsehprogramme zu empfangen sind als in anderen. Auch wenn der NE4-Betreiber ein Internet-Angebot bereithält, muss dieses nicht zwingend vom NE3-Betreiber stammen. Eigene Produkte fremder NE4-Betreiber müssen nach dem HÜP realisiert werden und können dort dann nach Bedarf eingespeist werden. Die Schnittstelle (ob Technikraum, Hausanschlusskeller, intern oder extern eines zu versorgenden Objektes) legt der Anbieter selbst fest. Häufig ist es heute aber so, dass die NE4-Vermarktung vom eigentlichen Kabelnetzbetreiber durchgeführt wird, die TV-Signale aber durch einen Rahmenvertrag über die Wohnnebenkosten abgerechnet werden.
134.000 Vodafone-Verstärker im Bundesgebiet
Verstärkerpunkt von Kabel Deutschland / Vodafone
Foto: teltarif.de
Das aus dem Hausübergabepunkt versorgende Kabel verläuft dann weiter unter dem Bürgersteig.
Hier spricht man von der D-Linie, die in einen kleinen Verteilerkasten unter dem Bürgersteig mündet.
Hier kommen auch noch andere Hauseinmündungen an und das Signal wird auf die C-Linien gelegt,
die entlang der Straße verlaufen. Sie enden in Verstärkerpunkten. Diese Verstärkerpunkte sehen aus
wie die Kabelverzweiger der Deutschen Telekom, die wir Ihnen in einem
anderen Hintergrundartikel
vorstellen. Im Versorgungsgebiet von Vodafone, die uns einen Einblick in ihre
Technik gewährte, hat das Unternehmen 134 000 Verstärker installiert. Hinzu kommen die
Verstärker anderer Unternehmen.
Die Verstärker verstärken sowohl das TV- und Internet-Signal aus der Kabelkopfstelle in Richtung des Kunden als auch das Internetsignal vom Kunden zur Breitband-Kabelverstärkerstelle. Eine Energieversorgung für die Verstärkerpunkte wird entweder vor Ort realisiert oder als Niedrigspannungs-Signal über die ohnehin liegenden Kabel von anderen Verstärkerpunkten zugeführt. So muss der örtliche Energieversorger nicht an allen Verstärkerpunkten eine Stromleitung zur Verfügung stellen.
Von den Koax-Verstärkerpunkten aus wird das Signal dann durch weitere Verstärker zu den Fibre Nodes (Glasfaserverstärkerpunkte) transportiert, also so etwas wie den Einwahlpunkten der Kabel-Internet-Kunden. Der Fibre Node ist für eine gewisse Zahl an Nutzern und Bandbreite ausgelegt. Sind in einem Gebiet besonders viele Kunden auf dem Breitbandnetz aktiv, so wird das Netz feinmaschiger aufgebaut, um den Kunden die bestellte Bandbreite liefern zu können. So wird das Netz immer weiter sternförmig aufgebaut und der Anbieter hat die Möglichkeit, die Performance der Kunden auf den Fibre Nodes zu beeinflussen. Dadurch rückt die Glasfaserleitung über die Jahre auch immer näher an den Kunden heran.
Vom Fibre Node aus werden die Daten dann in die Breitbandkabelverstärkerstelle (BK) geschickt. Das ist der Punkt, der allgemein als Kabelkopfstation bekannt ist. Vodafone unterhält in ganz Deutschland 2100 üBK (ü = übergeordnete BK). Hinzu kommen jene Kabelkopfstationen von Unitymedia (gehört seit 2019 zu Vodafone) und Tele Columbus. Zudem gibt es auch kleine Kabelkopfstationen, die in Wohnanlagen stationiert sind und direkt die NE4 versorgen.
Übertragungsstandards im Kabelnetz
Im Kabelnetz wird in der Regel der Standard DOCSIS 3.1 (DOCSIS = Data Over Cable System Interface Specification) eingesetzt. Dieser Standard zeichnet sich dadurch aus, dass er auf die Distanz kaum an Bandbreite verliert. Mit DOCSIS 3.1 sind durch die Bündelung von Kanälen Bandbreiten im Gigabit-Bereich möglich. Mit DOCSIS 4.0 werden die Entwicklungen weitergehen und u. a. durch mehrere Übertragungen im gleichen Frequenzspektrum symmetrische Bandbreiten bereitgestellt. Durch die Nutzung eines erweiterten Frequenzspektrums (bis 1,8 GHz) werden abermals höhere Übertragungs-Geschwindigkeiten von bis zu 10 GBit/s im Down- und 6 GBit/s im Upstream erreicht.
Signalwandlung von analog nach digital - und umgekehrt
Cable Modem Termination System (CMTS)
Foto: teltarif.de
In der übergeordneten Kabelkopfstation (üBK) wird aus einem HF-Signal, also einem Antennensignal,
das eigentliche IP-Signal, das von hier aus auf IP-Basis weitergeleitet wird.
Das Internet-Signal wird zunächst über einen regionalen Backbone geleitet. Das sind Glasfaserkabel, die die einzelnen Kabelkopfstationen einer Region miteinander verbinden. Wie bei der klassischen Festnetzstruktur werden die Daten von diesem Ring-Netz dann zum entsprechenden Breitband-Point-of-Presence (PoP) geleitet. Hier findet dann das eigentliche Routing statt. Die IP-Daten werden entweder über das eigene Netz durch Deutschland geschickt und an andere Carrier, in deren Netz der Zielserver liegt, übergeben oder aber bereits im PoP an andere Anbieter geleitet.
Ebenfalls in der Kabelkopfstation (üBK) wird das TV-Signal aufbereitet.
TV-Signal im Kabel kommt auch per Satellit
Das TV-Signal wird von zahlreichen Satelliten abgegriffen.
Foto: teltarif.de
Die eigentlichen TV-Signale kommen entweder per direkter Glasfaserleitung aus dem Fernseh-Sendestudio
zur Kabelkopfstation oder werden vom Satelliten abgegriffen. Vodafone hat dabei mittlerweile komplett
auf ein zentrales Playout-Center umgestellt, das per Glasfaserleitung mit TV-Signalen versorgt wird.
Andere Anbieter wie Tele Columbus empfangen die TV-Sender wiederum in Teilen per Satellit.
Die TV-Signale werden in der Kabelkopfstelle aufbereitet und in ein HF-Signal, das zu den Kabelnetzen
kompatibel ist, umgewandelt. Anschließend wird das TV-Signal bildlich gesprochen mit dem IP-Signal
gekoppelt und auf die Reise zum Kunden geschickt.
Auch die Telefonie realisieren die Kabelanbieter über IP, also über die Leitungen, die auch das Internetsignal zum Kunden bringen. Der Fachbegriff lautet "Voice over Cable" (VoC) und meint eine Mischform aus NGN und klassischem VoIP. Voice over Cable wird nach Anbieterangaben mittels des Signalisierungsprotokolls Media Gateway Control-Protokoll (MGCP) und dem Quality-of-Service-Mechanismus Paket Cable realisiert. Die Sprachkanäle für Telefonie stehen damit auch unter hoher Internet-Auslastung zuverlässig zur Verfügung. Vodafone unterhält beispielsweise eigene Vermittlungstechnik für die Sprachvermittlung. Diese ist im Prinzip in weiteren Teilen identisch mit der klassischen Festnetzvermittlung im NGN-Gebiet. Da bei Kabelanbietern auf IP-Basis telefoniert wird, werden keine PSTN-Voice-Switche (PSTN = Public Switched Telephone Network, klassisches Festnetz) mehr benötigt, es werden lediglich Softswitche verbaut, die leichter zu warten sind.
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