Auto-Alternative E-Bike: Genügt das Fahrrad für den Alltag?
Man sieht sie immer öfter auf Deutschlands Straßen: E-Bikes. Aber inwieweit stellen diese Fortbewegungsmittel eine Alternative zum Auto dar? Faktoren wie Umweltschutz und Gesundheit sprechen für die motorisierten Zweiräder. Hingegen punktet das vierrädrige Fahrzeug mit Aspekten wie Reichweite und Komfort. Wir haben die Vor- und Nachteile von E-Bike und Auto ausführlich analysiert. Dabei wurden auch Elektroautos samt ihren von Benzinern abweichenden Eigenschaften berücksichtigt. Kann das Auto teils in der Garage bleiben oder ist es in manchen Fällen unverzichtbar?
E-Bike ist ein dehnbarer Begriff
E-Bike anstatt Auto?
Paul Masukowitz Photography / Giant
Der Begriff E-Bike hat sich als Synonym für sämtliche elektronisch motorisierten Fahrräder durchgesetzt. Faktisch ist das jedoch nicht ganz korrekt. Ein E-Bike im eigentlichen Sinne ist ein Fortbewegungsmittel, welches bis zu 20 km/h ohne Trittunterstützung per Knopfdruck fährt. Pedelec ist die korrekte Bezeichnung der meistverkauften Modelle. Diese können bis zu 25 km/h mit Trittunterstützung erreichen. Danach schaltet sich der Motor ab. Schnelleres Fahren ist dann ausschließlich durch Muskelkraft möglich. Das S-Pedelec ähnelt wiederum dem klassischen E-Bike. Jedoch beträgt die Maximalgeschwindigkeit ohne notwendiges in die Pedale Treten 45 km/h.
Für ein Pedelec benötigen Sie keinen Führerschein. Für ein E-Bike oder S-Pedelec (das „S“ steht für Speed) hingegen schon. Hierbei genügt eine gültige Mofa-Prüfbescheinigung. Des Weiteren gibt es bei E-Bike und S-Pedelec eine Pflicht für eine Versicherung und ein Versicherungskennzeichen. Im Nachfolgenden verwenden wir, da es sich in Deutschland eingebürgert hat, öfters den Begriff E-Bike, auch wenn wir uns auf das Pedelec beziehen. Diese Modelle sind bei uns am meisten verbreitet und werden auch in Fachgeschäften häufig als E-Bikes verkauft.
Anschaffungs- und Unterhaltskosten
Für das E-Bike zahlen Kunden hierzulande durchschnittlich zwischen 2500 und 3000 Euro. Beim Auto mit Verbrennungsmotor sind es mindestens 15.000 Euro und bei jenen mit Elektromotor mindestens 23.000 Euro. Wenn es um die Steuern geht, haben Besitzer eines (S-)Pedelecs und Elektroautos noch bis 2030 Glück. Erst dann sollen entsprechende Kosten auf die Halter zukommen. Die jährlichen Steuern für Fahrzeuge auf Benzin- oder Diesel-Basis variieren stark. Bei sparsamen Vehikeln fallen möglicherweise nur 60 Euro an. Der gültige Maximalbetrag lautet aktuell 373,24 Euro pro Jahr.
In puncto Versicherung gilt: Autos, Elektroautos, klassische E-Bikes und S-Pedelecs sind versicherungspflichtig. Die als E-Bikes vermarkteten Pedelecs hingegen nicht. Da die elektronisch unterstützten Fahrräder allerdings mehrere Tausend Euro kosten, ist eine Versicherung dennoch anzuraten. Wir haben diesbezüglich bei HUK-Coburg verglichen. Eine E-Bike-Versicherung beginnt dort ab 15 Euro pro Jahr, eine Autoversicherung ab 164,52 Euro pro Jahr. Die niedrigsten Ausbaustufen bringen allerdings hohe Eigenbeteiligungen und Servicenachteile mit sich.
Kosten: Inspektion und Verbrauch
Sowohl bei E-Bikes als auch bei Automobilen ist eine Inspektion erforderlich. Wann das Fahrrad gewartet werden muss, ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Die Empfehlung liegt oftmals bei 2000 km. In den Unterlagen des Gefährts ist das Inspektionsintervall festgehalten. Hält man sich nicht daran, kann sich das auf die Garantie des E-Bikes auswirken. Eine Inspektion des Pedelecs schlägt mit durchschnittlich 50 bis 80 Euro zu Buche. Beim Auto fallen kleine Inspektionen, beispielsweise Ölwechsel, an. Diese kosten 100 bis 300 Euro. Bei der großen Inspektion, üblicherweise innerhalb von 15.000 und 30.000 km, müssen Sie zwischen 400 und 800 Euro einplanen.
Kommen wir nun zum Verbrauch. In unserem Beispiel beziehen wir uns auf ein E-Bike mit 500Wh-Akku und einer Reichweite von 100 km. Der aktuell durchschnittliche Strompreis (Stand August 2022) liegt bei 42 Cent / kWh. Mit einem Schnellladegerät wäre die Batterie nach vier Stunden komplett geladen, was Kosten in Höhe von 17 Cent entspräche. Ein Renault Twingo Elecric mit 21,4-kWh-Energiespeicher hat eine Reichweite von 190 km. Bei 100 km und somit 13 kWh müssten Sie 5,46 Euro investieren. Am teuersten ist es mit dem Benziner. Ein Fahrzeug mit 6,3 l pro 100 km würde mit 11,72 Euro zu Buche schlagen. Bezogen auf den durchschnittlichen Literpreis (Super-Benzin) von 1,86 Euro Stand Juli 2022.
Sonstige Kosten, Nutzungsbereitschaft und E-Bike-Vorteile
Sonstige Kosten
Abseits Anschaffung, Unterhalt, Wartung und Verbrauch entstehen je nach Fortbewegungsmittel weitere Kosten. Beispielsweise welche für das Parken. Das Abstellen von E-Bikes an Fahrradständern oder anderen, erlaubten Plätzen, ist unentgeltlich. Hingegen werden bei Parkplätzen von Automobilen zwischen zwei und drei Euro pro Stunde fällig. Eine weitere finanzielle Belastung für die vierrädrigen Verkehrsmittel ist "der TÜV". Laut ADAC schlug die Hauptuntersuchung (HU) im August 2022 mit rund 56 Euro und die Kombination aus HU und AU (Abgasuntersuchung) mit 120 Euro zu Buche.
VW Golf mit Verbrennungsmotor
Volkswagen
Ein häufiger Grund für einen Werkstattbesuch ist der Reifenwechsel. Ein Fahrradreifen kostet im Mittel zwischen zehn und 60 Euro. Entsprechend müssten bei zwei Rädern 20 bis 120 Euro entrichtet werden. Sie können die Räder entweder selbst montieren, oder einen Fachmann für acht bis 20 Euro beauftragen. Autoreifen schlagen im Schnitt mit 40 bis 80 Euro zu Buche. Das wären 160 bis 320 Euro für einen ganzen Satz (4 Reifen). Auch hier haben Sie die Wahl, die Montage selbst durchzuführen, wenngleich dies deutlich aufwendiger ist, oder die Werkstatt zu bitten. Je nach Betrieb können 40 bis 120 Euro anfallen.
E-Bike: Nutzungsbereitschaft in Deutschland
Laut einer Erhebung des statistischen Bundesamts (destatis) fährt dieses Jahr jeder zehnte Arbeitnehmer mit dem E-Bike zur Arbeit. In 2021 entschieden sich bereits 43 Prozent der Fahrradkäufer für ein E-Bike anstatt für ein Bio-Bike. Bei letztgenanntem handelt es sich um eine noch recht junge Bezeichnung für ein klassisches Fahrrad ohne Motorunterstützung. Die Hochschule Heilbronn führte jüngst ein vom Bundesverkehrsministerium gefördertes Projekt namens PendlerRatD durch. Dieses sollte Autofahrer vom E-Bike als Alternative überzeugen. Nach Projektende waren 400 Autofahrer und damit 85 Prozent der Teilnehmer auf das Elektrofahrrad umgestiegen.
Vorteile des E-Bikes im Alltag
Die beiden größten Argumente für das Pedelec sind die Gesundheit und die Umwelt. So stellte sich heraus, dass E-Bike-Fahrer deutlich öfters auf dem Zweirad unterwegs sind als Bio-Biker. Auch die durchschnittlich zurückgelegte Distanz fällt bei den Teilnehmern mit Motorunterstützung höher aus. Beides kommt der Vitalität zugute. Das Herz-Kreislauf-System wird angeregt und Fett verbrannt. Viele Ärzte befürworten deshalb das E-Bike, das auch Menschen in die Pedale treten lässt, die sich ansonsten eher weniger bewegen. Größere Ausflüge sind auch für unsportliche Bürger ohne übermäßige Anstrengung möglich.
Je nach Unterstützungsstufe und Motor kann das Fahrrad bis zu 400 Prozent der eigenen Muskelkraft ergänzen. Vor allem steilere Steigungen verlieren dadurch ihren Schrecken. Geht einem auf längeren Strecken die Puste aus, hilft eine höhere Unterstützungsstufe. Das E-Bike lässt sich perfekt an den eigenen Fitnesslevel anpassen. Wenn der Akku zuneige geht, ist das auch kein Problem. In einem solchen Fall – oder auch um die Batterie zu schonen – kann das Fahrrad ausschließlich per Muskelkraft bewegt werden. Für die Umwelt ist das E-Bike aufgrund der niedrigen CO2-Emissionen ein empfehlenswertes Fortbewegungsmittel.
Auto-Vorteile und Fazit
Vorteile des Autos im Alltag
Vor allem nach der Arbeit oder anderweitig anstrengenden Tätigkeiten hat man oft kaum noch Energie, das Autofahren ist in einem solchen Fall noch problemlos möglich. Außerdem kommen Autofahrer aufgrund der hohen Beschleunigung und Maximalgeschwindigkeit meist deutlich schneller ans Ziel. Doch nicht nur die kürzere Ankunftszeit, auch die höhere Reichweite ist hervorzuheben. Mit dem Auto lassen sich sehr weite Strecken zurücklegen. Ein weiterer Pluspunkt für das Verkehrsmittel ist der Wetterschutz. Regnet oder schneit es, wird man im Gefährt nicht nass und muss auch nicht frieren.
Mercedes EQ Mit Elektromotor
Mercedes
Für Großeinkäufe eignen sich Elektroautos und Benziner ebenfalls hervorragend. Je nach Modell bieten der Kofferraum und die Rückbank den Besorgungen genug Stauraum. Automobile sind meist mit mehreren Sitzen ausgestattet. Mindestens ein Beifahrer kann zusätzlich transportiert werden. Bei vielen Exemplaren können hinten zusätzlich zwei bis drei Personen Platz nehmen. Wenn mehrere Fahrzeughalter mit einem einzigen Auto unterwegs sind, kommt dies der Umwelt entgegen. Nicht zu vernachlässigen ist der hohe Diebstahlschutz bei moderneren Vehikeln.
Fazit: Ist das E-Bike als Auto-Alternative denkbar?
Das Elektrofahrrad bietet vor allem hinsichtlich der Gesundheit, der Umwelt und der Kosten Vorteile. Bezogen auf die favorisierte E-Bike-Variante Pedelec gibt es aber klare Defizite bei Komfort und Reichweite. Während an freien Tagen problemlos Touren von 30 bis 50 km machbar sein dürften, ist es nach dem Feierabend ermüdend, solche Strecken auf dem Fahrrad zu absolvieren. Wenn der Arbeitsplatz nahegelegen ist, beispielsweise in einem Radius von 20 km, wäre das E-Bike jedoch eine denkbare Alternative. Allerdings nur, wenn das Wetter mitspielt. Nasse Fahrbahnen können beim Radeln schneller zu Unfällen führen als mit einem Auto.
Aufgrund dieser Limitierungen lässt sich nur schwer das E-Bike als vollwertige Alternative zum klassischen Wagen empfehlen. Wir sehen es eher als eine wertvolle Ergänzung. Kleine bis mittelgroße Einkäufe und nicht allzu weit entfernte tägliche Routen sind mit dem Elektrofahrrad durchaus machbar. Als Freizeit- und Sportgerät ist das motorisierte Fahrrad ebenfalls eine gute Wahl. Beide Transportmittel ergänzen sich gut und je nach Anwender ergeben sich Vorteile durch eine ausgewogene Alltagsnutzung.
Wir haben das E-Bike Giant Explore 3+ GTS ausprobiert.