Schutzengel

Digitaler Schutzengel: Kollisionswarnung per Cloud

Zum Welt­fahr­radtag am 3. Juni rückt das Thema Sicher­heit in den Fokus. Der Auto­mobil­zulie­ferer Conti­nental entwi­ckelt gemeinsam mit der Deut­schen Telekom einen digi­talen Schutz­engel.
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Mit moderner Technik und der Position der Verkehrsteilnehmer könnte gewarnt werden, bevor es krachen könnte. Mit moderner Technik und der Position der Verkehrsteilnehmer könnte gewarnt werden, bevor es krachen könnte.
Foto: Continental / Deutsche Telekom
Die Firma Conti­nental kennen die meisten Leser als Hersteller von Auto­reifen ("Conti"), das Unter­nehmen macht aber im Bereich Auto­motive (Technik rund um das und im Auto) noch viel mehr.

Gemeinsam mit der Deut­schen Telekom sollen künftig Radfahrer geschützt werden: Die beiden Unter­nehmen entwi­ckeln ein System, das vor Unfällen zwischen vernetzten Fahr­zeugen und Radfah­rern oder anderen schwä­cheren Verkehrs­teil­neh­mern wie Pedelec-, Scoo­ter­fah­rern und Fußgän­gern warnen soll.

Intel­ligente Verkehrs­beob­ach­tung

Mit moderner Technik und der Position der Verkehrsteilnehmer könnte gewarnt werden, bevor es krachen könnte. Mit moderner Technik und der Position der Verkehrsteilnehmer könnte gewarnt werden, bevor es krachen könnte.
Foto: Continental / Deutsche Telekom
So berechnet die Lösung etwa den einge­schla­genen Weg eines Autos und beispiels­weise eines Zwei­rades. Würden sich diese Verkehrs­teil­nehmer zum glei­chen Zeit­punkt am glei­chen Ort kreuzen, würde das System per Mobil­funk die beiden Verkehrs­teil­nehmer in Echt­zeit warnen. Die ersten Tests im Stra­ßen­ver­kehr waren erfolg­reich. Die Kolli­sions­war­nung entsteht im Projekt Real­labor Hamburg und wird vom Bundes­minis­terium für Verkehr und digi­tale Infra­struktur geför­dert.

„Gerade schwä­chere Verkehrs­teil­nehmer werden im Stra­ßen­ver­kehr oft über­sehen. Zudem enden Unfälle zwischen Fußgän­gern oder Radfah­rern und moto­risierten Fahr­zeugen laut euro­päi­schem Verkehrs­sicher­heitsrat zu über 80 Prozent tödlich für die schwä­cheren Verkehrs­teil­nehmer. Dank Echt­zeit­ver­net­zung und Kolli­sions­war­nung geben wir Radfah­rern oder Fußgän­gern deshalb mehr Sicht­bar­keit. So redu­zieren wir schwere Unfälle, Verletzte und Verkehrs­tote“, sagt Karsten Michels, Leiter der zentralen Vorent­wick­lung bei Conti­nental.

„Mit der Kolli­sions­war­nung statten wir Rad-, Pedelec- und Scooter-Fahrer mit einem digi­talen Schutz­engel aus“, sagt Oliver Bahns, verant­wort­lich für Connected Mobi­lity bei T-Systems. „Der Schlüssel dafür ist der hohe Grad an Vernet­zung: Etwa 85 Prozent der Bevöl­kerung in Europa nutzen ein Smart­phone. Und auch immer mehr Autos sind verbunden. Mit unseren Rech­nern im Mobil­funk­netz sorgen wir zudem für extrem kurze Reak­tions­zeiten.“

GPS, Mobil­funk und Cloud Compu­ting

Die Kolli­sions­war­nung basiert auf Satel­liten­ortung (GPS), Beschleu­nigungs­sen­soren, dem Mobil­funk und Cloud Compu­ting. Das Auto über­mit­telt seine Posi­tion und Beschleu­nigungs­werte per Mobil­funk in die Cloud. Der Radfahrer sendet diese Infor­mationen via Smart­phone oder einen vernetzten Fahr­rad­com­puter eben­falls in die Cloud. Die Cloud berechnet nun die Wege für die nächsten fünf Sekunden und sendet bei drohender Kolli­sion eine Warnung an das Auto und auf das Endgerät des Radfah­rers. Damit diese Infor­mation möglichst schnell beide Verkehrs­teil­nehmer erreicht, kommt immer der Cloud-Rechner im Mobil­funk­netz zum Einsatz, der am dich­testen am Ort der mögli­chen Kolli­sion liegt. Tech­niker spre­chen von "Multi-Access Edge Compu­ting".

Die Partner wollen die Kolli­sions­war­nung für den inter­natio­nalen Einsatz im Alltag weiter entwi­ckeln und die Ergeb­nisse zum ITS World Congress vorstellen. Diese Leit­messe für Intel­ligente Trans­port­sys­teme soll vom 11. bis 15. Oktober in Hamburg statt­finden.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Gerade die schwä­cheren Verkehrs­teil­nehmer haben es nicht einfach, von daher wäre eine solche Funk­tion zu begrüßen, die möglichst netz­anbie­ter­über­grei­fend reali­siert werden sollte, damit die Warnung auch dann funk­tio­niert, wenn das "eigene" Netz gerade nicht verfügbar ist. Sicher­gestellt muss auch werden, dass diese Funk­tion auch dann Leben retten kann, wenn das Guthaben der Prepaid­karte oder das Daten­volumen des Mobil­funk­ver­trags einer der beiden Verkehrs­teil­nehmer "abge­laufen" ist.

Und dann gibt es noch ein grund­sätz­liches Problem: Der Daten­schutz. Dieses System würde die exakten Aufent­halts­orte aller Betei­ligten kennen, um eine Warnung aussenden zu können. Diese Infor­mationen könnten aber Begehr­lich­keiten wecken: Kommt es zu einem Verkehrs­unfall, könnte das für die Opfer hilf­reich sein, aber auch Versi­che­rungen oder Fami­lien­ange­hörige bzw. Lebens­partner oder Erzie­hungs­berech­tigte würden gerne wissen, wo wer wann gewesen ist. Und dann bleibt die Frage, wie sicher die Cloud gegen Abfragen durch "Unbe­fugte" sein könnte.

Da muss und kann es Lösungen geben, wie die Corona-Warn-App gezeigt hat. Jeder Verkehrs­teil­nehmer mehr, der nicht mehr schwer verun­glückt, wäre den Aufwand wert.

Wer mit dem Handy nach Groß­bri­tan­nien fährt, muss aufpassen. Für Kunden öster­rei­chi­scher Anbieter soll es richtig teuer werden.

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