machbar

Ohne neue Kabel: Das ganze Heim mit Breitband versorgen

WLAN, Powerline und Übertragung per Fernsehkabel als Ethernet-Alternative
Von Ralf Trautmann

Um im neuen Heim, sei es ein Haus, sei es eine Wohnung, in den Genuss eines breitbandigen Internet-Anschlusses zu gelangen, muss das neue Domizil von einem Internet-Provider angeschlossen werden. Doch damit ist die Arbeit unter Umständen noch nicht erledigt: Natürlich müssen auch die einzelnen Computer angebunden werden, sprich, bei mehreren Zimmern muss die Versorgung in den einzelnen Räumen gewährleistet sein. Wer sich ein neues Haus baut, kann bei der Konstruktion und Umsetzung direkt die Indoor-Verkabelung für die Telekommunikation im Blick behalten: So können entsprechende Rohre verlegt und so genügend Räume auf die TK-Nutzung vorbereitet werden. Wird indessen ein bestehendes Haus bezogen, steht diese Variante in aller Regel nicht zur Verfügung: Vor 30, 50 oder gar 100 Jahren wurde eben noch nicht mit dem Internet gerechnet. Sind also die entsprechenden Rohre nicht verlegt worden, muss eine andere Lösung gefunden werden.

Hier bieten sich verschiedene Varianten an: Die nachträgliche Verkabelung per Ethernet ist zwar naheliegend, aber unter Umständen keine besonders gute Wahl. Hier stünden potenziell wiederum zwei Arten zur Verfügung: Die "Unter Putz"- und die "Über Putz"-Variante. Die Unter-Putz-Verlegung ist dabei nur sinnvoll, wenn ein Haus totalsaniert wird, ansonsten droht ein erheblicher (finanzieller und handwerklicher) Aufwand: Putz aufbrechen, Kabel verlegen, Durchgänge durch Wände bohren, Knick-Stellen vermeiden, Zuputzen, dann noch die Farbe zum Überstreichen kaufen und dabei den Original-Farb-Ton treffen. Dies alles ist sehr arbeitsaufwändig und belastet zudem den Sparstrumpf über Maßen.

Eine Verlegung von Kabeln "Über Putz" ist dagegen optisch nicht besonders schön und kann zudem natürlich an Knickstellen ebenfalls erhebliche Probleme bereiten. Doch auch wenn sich der Nutzer gegen diese beiden Varianten entscheidet, muss auf die Indoor-Breitbandversorgung nicht verzichtet werden, im Gegenteil: Mit dem allseits bekannten WLAN, dem weniger bekannten Powerline und der sicherlich den meisten Nutzern nicht vertrauten Powerline-ähnlichen Übertragung per Fernsehkabel kommen die Räume ohne übermäßigen Aufwand ans Breitband. Eines vorab: Übertragungsraten wie bei Gigabit- oder gar 10-Gigabit-Ethernet können hier nicht erwartet werden, aber für aktuelle Anwendungen, selbst für Multimedia-Inhalte, sind die Übertragungsraten je nach Technologie noch ausreichend, zumal Breitband-Zugänge weit geringere Bandbreiten liefern als mit der Übertragung per Ethernet möglich. Wie die drei Varianten umgesetzt werden, erfahren Sie in diesem Artikel.

WLAN: Ohne Kabel, aber bei Stahlbeton machtlos

Klassische WLAN-Hardware
gibts oft zum Anschluss dazu
Die bekannteste Variante zur Versorgung der verschiedenen Räume mit schnellem Internet ist die Nutzung von WLAN, zumal viele Internet-Provider einen passenden Router im Paketpreis oder gegen ein geringes Entgelt für Neukunden mitliefern. Mancher Hardware-Hersteller gibt hier für sein Produkt eine Reichweite von bis zu 300 Meter an, dies ist allerdings, gelinde gesagt, eine sehr optimistische Schätzung. Ein solcher Wert wird nämlich lediglich theoretisch und dann im Freien ohne sonstige Störfaktoren erreicht, im Haus oder der Wohnung reduziert sich die Reichweite vor allem bei einfacher Hardware in der Praxis dagegen auf 20 bis 30 Meter. Für eine kleine Wohnung reicht dies aus, wer dagegen ein ganzes Haus sein eigen nennt, stößt an die technischen Grenzen. Abhilfe in einem gewissen Rahmen schafft hier Hardware mit technischen Verbesserungen wie zum Beispiel MIMO, also den Einsatz mehrerer Antennen, die allerdings ihren Preis hat. Auch die Nutzung von WLAN-Repeatern erhöht die Reichweite, ist aber zumindest bei "normalen" Geräten mit dem Manko behaftet, die Übertragungsgeschwindigkeit zu reduzieren, da sie mit einer kombinieren Sende-/Empfangseinheit ausgestattet sind. Teurere Varianten indes können die reguläre Bandbreite erhalten, wenn sie zum Senden und Empfangen getrennte Einheiten verwenden.

Zudem lässt sich die Verbindungsqualität, und in einem gewissen Maße damit auch die Reichweite, durch einige Faktoren erhöhen: So sollte PC-seitig die WLAN-Antenne nicht auf der Rückseite des Computers sitzen, zum Beispiel als "Außenstück" einer direkt im PC verbauten Steckkarte. Auch interne WLAN-Module erschweren den Funkkontakt. In Laptops sind sie aus Sicht der Nutzbarkeit sinnvoll, in Desktop-PCs dagegen nicht. Richtig schwierig wird es in Häusern mit Stahlbetonkonstruktionen, hier versagt die WLAN-Technik gerne ihren Dienst.

Vorteil von WLAN indes: Auch mobile Geräte können problemlos eingebunden werden. Wer auf der Couch mit seinem Smartphone ins Netz will, hat hier gegenüber allen Kabel-benötigenden Varianten die komfortabelste Anbindung. Bei der Funktechnik können sich theoretisch beliebig viele Nutzer ins Netzwerk einklinken, natürlich drückt dies die rechnerische Bandbreite für jeden Nutzer (die aber wiederum vor allem durch die Bandbreite des Grundanschlusses bestimmt wird).

Bei WLAN auf den Standard achten

Im Umkehrschluss kann aber bei älterer Hardware oder bei Zugängen mit sehr hoher Bandbreite der unterstützte WLAN-Standard zum Nadelöhr werden: So ist 802.11b ein mittlerweile in die Jahre gekommener Standard, der theoretisch einen Datendurchsatz bis zu 11 MBit/s ermöglicht, in der Praxis wird gut die Hälfte erreicht. Die Reichweite liegt bei in der Praxis indoor realistisch bei höchstens 30 Metern. 802.11g ist vollständig kompatibel zur b-Variante mit vergleichbaren Reichweiten, erlaubt allerdings schon die Datenübertragung mit 54 MBit/s (auch hier wird in der Praxis rund die Hälfte erreicht). 802.11h ist eigentlich ein überarbeiteter 802.11a-Standard, der mit 802.11g vergleichbare Datenraten bei Indoor-Reichweiten von bis zu 50 Metern bietet. Nach dem erwähnten 802.11a arbeitende Hardware bietet theoretisch bis zu 54 MBit/s bei einer Reichweite von indoor rund 30 Metern, allerdings ist der Standard wie auch 802.11h hierzulande nicht verbreitet und inkompatibel zu b und g sowie n, so dass beide gemieden werden sollten. Der vergleichsweise neue n-Standard ist zwar noch nicht final verabschiedet, entsprechende Hardware findet sich allerdings schon auf dem Markt. 802.11n bietet dabei einen erheblichen Mehrwert: Die Datenrate liegt theoretisch über 500 MBit/s, praktisch bei rund 200 MBit/s. Die Reichweite bewegt sich in der Praxis indoor um 50 Meter. 802.11n ist vor allem sinnvoll, wenn ein Hochgeschwindigkeits-Breitband-Anschluss geschaltet ist, zum Beispiel VDSL oder gar FTTx. Hier würde nämlich die WLAN-Übertragung zum Flaschenhals, problematisch zum Beispiel bei HD-Fernsehen per WLAN.