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Editorial: Bitte teuer machen

Mobilfunk-Netzbetreiber wollen mehr Geld für Telefonate in ihre Netze
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Auf die Bundesnetzagentur kommt nun die übliche Aufgabe zu, die preistreibende Argumentation zu entkräften und die Entgeltforderungen auf das angemessene Maß zurechtzustutzen. Dabei hilft ihr das Gesetz. Berechnet werden dürfen nämlich nur die Entgelte, die zur effizienten Leistungsbereitstellung [Link entfernt] notwendig sind. Teure UMTS-Lizenzen sind aber für die Netzbetreiber, die jeweils auch über eine GSM-Lizenz verfügen, zum Angebot von Sprachtelefonie alles andere als unbedingt nötig. Keiner hat sie damals gezwungen, überhaupt eine UMTS-Lizenz zu erwerben. Vor allem die beiden kleineren Netzbetreiber stünden heute wahrscheinlich besser da, wenn sie damals aus dem UMTS-Poker ausgestiegen wären.

Ebenso zwang niemand die Netzbetreiber, den Lizenzpreis aufgrund der späten Aufgabe des Strebens nach großen UMTS-Paketen weiter nach oben zu treiben. So betrugen die summierten Gebote der verbleibenden sechs Bieter nach dem Ausstieg debitels knapp über 30 Milliarden Euro. Aber erst etliche Bieterrunden später "einigten" sich diese Unternehmen auf sechs kleine Lizenzen. Bis dahin waren dann nochmal fast 20 Milliarden Euro extra geboten.

Vor allem aber wurden UMTS-Lizenzen nicht mit dem Zweck erworben, darüber nur gewöhnliche Sprachtelefonie anzubieten. Im Gegenteil, die über UMTS möglichen Multimedia-Dienste wie Videotelefonie oder mobiler Online-Zugang mit hohen Bitraten sollten den Netzbetreibern schnell zusätzliche Umsätze bringen. Diese Hoffnung hat sich bis jetzt nicht erfüllt. Die damaligen Versprechen der UMTS-Multimediawelt werden zwar inzwischen eingelöst, die Kunden sind aber weiterhin recht zögerlich. So haben Datendienste außer SMS lediglich einen Umsatzanteil im einstelligen Prozentbereich. Das Brot- und Butter-Geschäft bleibt die Sprachtelefonie. Folglich haben einige Netzbetreiber die UMTS-Investionen zwischenzeitlich als wirtschaftliche Fehlmaßnahme eingestuft und hohe Sonderabschreibungen auf die Lizenzkosten vorgenommen.

Ein Netz, das überwiegend für andere Zwecke als Sprachtelefonie lizenziert und aufgebaut wurde, kann aber nicht dafür herhalten, hohe Sprachpreise zu rechtfertigen. Erst recht gilt dieses für Netzbetreiber, die die Lizenzen bereits abgeschrieben haben. Es wäre schon sehr merkwürdig, wenn UMTS-Lizenzen steuerrechtlich als wertlos, regulierungsrechtlich aber als werthaltig eingestuft würden.

Andere erhalten die Minuten deutlich günstiger

Weiterhin enthalten die Regulierungsvorschriften im Telekommunikationsgesetz ein Diskriminierungsverbot [Link entfernt] . Beispielsweise bieten praktisch alle Netzbetreiber selbst oder über Reseller Discounttarife an, die zu anderen Kunden desselben Discounters 5 Cent pro Minute oder noch weniger kosten. Nach Abzug von Mehrwertsteuer, Vertriebskosten für Aufladekarten und der Marge der Reseller verbleiben unter 4 Cent pro Minute. Davon ist für den Vergleich mit IC-Entgelten nochmals ein Abschlag vorzunehmen, denn ein Handy-zu-Handy-Gespräch belegt ja zwei mobile Sprachkanäle, ein zur Terminierung durchzuleitendes Gespräch (das in einem anderen Mobilfunknetz oder dem Festnetz beginnt) nur einen mobilen Kanal.

Niedriger ist auf Dauer besser

Durch deutliche Senkung der IC-Entgelte weitere Einnahmen zu verlieren, mag für die durch hohe UMTS-Lizenz- und Aufbaukosten eh schon vorbelastete Mobilfunk-Branche ein echtes Schreckensszenario darstellen. Andererseits liegt in sinkenden Entgelten auch eine große Chance. Denn Deutschland hat zwar eine hohe Handy-Verbreitung, aber eine im europäischen Vergleich sehr niedrige Handy-Nutzung. Daran sind zum einen die gute Qualität des Festnetzes, zum anderen die hohen Nutzungsentgelte schuld. Durch niedrigere IC-Entgelte gesunkene Kosten für Anrufe zum Handy werden mittelfristig auch hierzulande zu mehr Handy-Nutzung und damit wieder steigenden Umsätzen für die Netzbetreiber führen.