Umsetzungszeit

Editorial: Alte Versprechen endlich eingelöst

UMTS wird massenmarktfähig
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Wie wurde uns im Jahr 2000 nicht der Mund wässrig gemacht: Der neue Mobilfunkstandard UMTS würde mit tollen neuen Handys mit Farbdisplay und Videofunktion daherkommen. Ein paar Tastendrücke und man hätte das neueste Musikvideo von Britney Spears oder die Wettervorhersage für die nächsten paar Tage auf dem Display. Jedem das Seine, aber in Stereo und multimedial.

Die Realität war dann erstmal viel ernüchternder. Anfang 2001 nahmen wir an der ersten UMTS-Testfahrt teil: Ein ganzer Kleinbus, vollgestopft mit Technik, konnte Signale der ersten UMTS-Zelle empfangen. "Echte" UMTS-Handys kamen erst zwei Jahre später auf den Markt. Sie wurden anfangs vom Netzbetreiber "3" mit zwei Akkus ausgeliefert, weil ein Akku dem Vieltelefonierer kaum über den Tag reichte. Hierzulande ersparten uns die Netzbetreiber diese erste Gerätegeneration gleich ganz und starteten UMTS erst 2004. Aber die meisten der seitdem verkauften UMTS-Handys sind deutlich schwerer, größer und stromfressender als vergleichbar ausgestattete GPRS-Geräte.

Statt der versprochenen 2 MBit/s liefern UMTS-Datenkarten lediglich 384 kBit/s. Die Ping-Zeiten sind mit 300 bis 500 ms so hoch, dass sie dem Nutzer den Spaß an vielen interaktiven Internet-Anwendungen vergrätzen oder diese gar ganz unmöglich machen. So mancher Laptop-Besitzer hat sich auch schon gewundert, wie schnell die Datenkarte den Akku leer saugt.

Das selbe enttäuschende Spiel auch bei den Inhalten: Der eine Netzbetreiber bietet "Music" zum Download auf einige ausgewählte Handymodelle, dafür jedoch keine Videos, der nächste ein paar TV-Serien für Handy-TV, und der dritte kaum etwas - von "flächendeckendem Multimedia" keine Spur.

Durchbruch

Die diesjährige CeBIT lässt nun erstmal erkennen, dass die ursprünglichen Versprechen doch noch gehalten werden können. HSDPA treibt die Datenraten auf deutlich über 1,0 MBit/s und die Ping-Zeiten auf unter 200 Millisekunden. HSUPA, angekündigt für nächstes Jahr, wird die Ping-Zeiten weiter reduzieren. "Kanalbündelung" bei HSDPA dürfte sogar bewirken, dass die ehemals versprochenen 2,0 MBit/s nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen werden. Flatrates sorgen dafür, dass der Spaß auch kalkulierbar bleibt. Wer mit der Deckelung bei 5 GB im Monat klarkommt, bekommt zum doppelten Preis eines gängigen stationären DSL-Anschlusses (19,99 Euro für T-DSL 2000, 5 Euro für eine Flatrate) "DSL zum mitnehmen".

Viele der kurz vor oder auf der diesjährigen CeBIT vorgestellten oder angekündigten UMTS-Endgeräte sind kaum noch größer oder schwerer als ihre GSM-Kollegen. Selbst die ersten HSDPA-Handys, wie das EF91 von BenQ Mobile, werden mit "normalen" Handy-Maßen und -Gewichten daherkommen. Ausnahmen gibt es natürlich dort, wo andere "schwere" Features eingebaut werden, etwa bezüglich der Kamera.

Bei den Inhalten geht es ebenfalls vorwärts. Statt einzelner Fernsehsendungen werden aktuell Verträge über ganze Fernsehsender geschlossen, die in den nächsten Monaten per UMTS-Streaming oder gar bereits per DVB-H oder DMB zum Handy-TV werden sollen. Wer sich nicht davor scheut, mit Jamba! einen Vertrag zu machen, wird sein Handy hingegen (fast) unbegrenzt mit Musik versorgen können, unabhängig vom derzeitigen Netzbetreiber.

Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Die Folge der Verbesserungen wird ein wahrer Kundenansturm auf die UMTS-Netze sein. Der Branchenverband BITKOM rechnet damit, dass die Zahl der UMTS-Nutzer dieses Jahr von 2,3 auf 9,0 Millionen steigen wird. Er dürfte Recht behalten.