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UMTS in Büdelsdorf - teltarif.de wußte es früher


12.03.2006 17:44 - Gestartet von Menschmeier
Ja, an die Pressekonferenz in Büdelsdorf bei MobilCom kann ich mich noch gut erinnern. Ein riesen TamTam, und nix dahinter. Da sind sie mit uns mit einem Mercedes-Kleinbus und Ericsson-Technik drin um das Haus gefahren und haben und eine Videoaufnahme gezeigt, die angeblich per UMTS 200 Meter weit übertragen wurde. Toll! Damals konnte WLAN schon mehr.

Überzeugend war das für mich nicht. Der Artikel dazu war entsprechend ironisch (erstes UMTS-Handy wiegt 2,8 Tonnen).
https://www.teltarif.de/arch/2001/kw02/...
Auf der Heimfahrt wurde ich vom damaligen D-Plus Geschäftsführer Uwe Becker bis nach Hamburg mitgenommen. Während der Fahrt unterhielten wir uns über die Aussichten von UMTS. Er war sehr euphorisch und ich meinte, das würde ein Flopp. Rein technisch hielt ich die versprochenen Datenraten von 2 Mbps für illusorisch, wenn mehrere Handys in einer Funkzelle Daten austauschen, sich das Handy schneller 5 km/h bewegt oder es einfach mal etwas weiter von der Funkzelle entfernt ist. Becker meinte, das Technische sei schon machbar, hauptsache, man hätte erstmal die UMTS-Lizenz.

Später machten wir Umfragen bei unserer Leserschaft um herauszufinden, wie viel der Mobilfunkkunde denn bereit wäre zu zahlen und was er gerne über UMTS nutzen würde.
https://www.teltarif.de/arch/2000/kw47/...
Der Ergebnis war eindeutig: Die Leute waren im Durchschnitt nicht bereit, mehr als 100 DM pro Monat für Telekommunikation (inkl. Festnetz und Internet) auszugeben.
https://www.teltarif.de/arch/2000/kw52/...
Es war abzusehen, dass so die teuren Netze nicht refinanzierbar waren. Aber die sechs Lizenznehmer blieben optimistisch. Wenn erst die Inhalte erfunden seien, dann gäbe es einen Boom wie bei SMS. Lächerlich.

Und, was gibt nun heute jemand tatsächlich für Telekommunikation aus? Festnetz und DSL-Flatrate ca. 40-50 Euro, Handy ca. 25 Euro. Das wären etwa 70 Euro für jemanden, der wirklich alles drei nutzt. Die Durchschnittskosten pro Bundsbürger liegen erheblich darunter.

Und was ist mit Inhalten? Ja, so eine (meiner Meinung nach) unseriöse Bude wie Jamba hat erfolgreich 'bildungsferne' Jugendliche ausgenommen. Der Trend ist aber vorbei und für UMTS brachte das nix. In Wirklichkeit, so schreibt es auch Kai Petzke in diesem Artikel, gibt es erst jetzt Geräte und Inhalte, die uns vor sechs Jahren versprochen wurden. Nur ist der Kunden halt nicht bereit, die ursprünglich kalkulierten 120-140 DM pro Monat allein für Mobilfunk zu bezahlen. Der Trend geht zu ALDI-Karten und Base-Flattarifen. Wie in unseren Umfragen vor 6 Jahren schon bestätigt, wollen die Leute hauptsächlich billig telefonieren. Und damit lassen sich die teuren UMTS-Netze nicht bezahlen. Die Netzbetreiber haben es inzwischen eingesehen. Bis auf Vodafone investiert kaum noch einer wie geplant in UMTS. Lieber vermarktet man Billigmarken, da dieser Markt vielversprechender ist. Das hätte man auch schon im Jahre 2000 wissen können, hätte man teltarif.de gelesen ...

Ich bin nicht ganz unstolz auf meine damaligen Artikel, wenn es um UMTS geht. :-)
Gruss an die Exkollegen bei teltarif.de!

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Hier noch ein paar Zitate. Es sind leider nicht mehr alle Artikel abrufbar.


https://www.teltarif.de/arch/2000/kw52/...
22.12.2000
'Wenn man voraussetzt, dass der durchschnittliche Nutzer in der
Regel auch über einen Festnetzanschluss verfügt, welcher bei
ISDN schon etwa 50 Mark allein an Grundgebühr kostet, bleibt da
kaum noch etwas für mobiles Telefonieren übrig. Die
UMTS-Netzbetreiber werden also große Probleme haben, dem Kunden
für die neuen Dienstleistungen wesentlich mehr Geld aus der
Tasche zu locken als bisher, wie Sie im zweiten Teil unserer
Umfrage nachlesen können. Nach einer Prognose müssten die
Netzbetreiber monatlich 100-160 Mark pro UMTS-Kunden einnehmen,
um wegen der hohen Lizenzkosten von fast 100 Milliarden Mark
rentabel zu sein. Ohne Anwendungen, welche die Nutzer wirklich
überzeugt und ihnen einen Mehrwert verspricht, wird dies jedoch
kaum erzielbar sein.'

https://www.teltarif.de/arch/2000/kw51/...
23.12.2000
'Trotz rasant wachsender Kundenzahlen nehmen die Netzbetreiber
immer weniger Gebühren pro Kunde ein. Das ist insbesondere
durch den äußerst hohen Anteil an Prepaid-Kunden und durch
weiterhin sinkende Gebühren zu begründen. Die Akzeptanz für
neue Dienste wie WAP ist eher gering. Um die hohen
UMTS-Lizenzkosten wieder einzuspielen, müssen sich die
Netzbetreiber daher in Zukunft deutlich mehr Gedanken um
Preiswürdigkeit, Kundenzufriedenheit und sinnvolle
Angebots-Inhalte machen. Allein viele millionen
UMTS-Prepaid-Karten zu verkaufen, wird nicht genügen. Es bleibt
zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis bei den Netzbetreibern
nicht erst mit UMTS im Jahre 2002 durchsetzt.'

https://www.teltarif.de/i/umts-utopie.html
17.01.2001
'Fast 100 Milliarden Mark haben die Netzbetreiber für die sechs
deutschen UMTS-Lizenzen ausgegeben. Weitere Milliardenbeträge
müssen sie noch in den Aufbau der Infrastruktur stecken und zur
Kundengewinnung ausgeben. Klar ist aber, dass die Netzbetreiber
diese immensen Kosten wieder einspielen wollen. Und es werden
wohl wieder einmal die Kunden sein, die dies über hohe Preise
werden zahlen müssen. Man schätzt, dass pro zukünftigen
UMTS-Mobilfunkteilnehmer ein durchschnittlicher Rechnungsbetrag
von 100 bis 160 Mark pro Monat notwendig ist, um die Netze
wirtschaftlich betreiben zu können. Die Realität im Moment:
Etwa 80 Prozent aller Neukunden kaufen lediglich
Prepaid-Pakete. Der durchschnittliche Umsatz dieser Kunden
beträgt etwa 20 Mark im Monat. Da auch die Prepaid-Pakete mit
etwa 200 Mark subventioniert werden, ist der reale Gewinn pro
Prepaid-Kunde kaum höher als 10 Mark im Monat. Die
verbleibenden 20 Prozent sind Vertragskunden und haben unseren
Umfragen gemäß Monatsrechnungen von etwa 80 Mark. Es ist daher
für die Netzbetreiber unbedingt notwendig, vielen Kunden durch
neuartige Angebote deutlich mehr Geld zu entlocken als bisher.
Eine schwere Aufgabe für die Netzbetreiber.'