Preise

Editorial: 19, 18, 17, 16, 15, 5, 0

Der Tarifstreit der Discounter
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"Geschichte wiederholt sich". Was gerade im Mobilfunk passiert, erinnert doch sehr stark an die Zeit der großen Preissenkungen im Festnetz. Immer wieder kamen neue Call-by-Call-Anbieter auf den Markt. Zumeist unterboten die neuen die bestehenden Anbieter bei den Preisen um einen Pfennig pro Minute. Zwischendurch zogen dann die bestehenden gleich oder sogar an den neuen vorbei. In der Folge können wir inzwischen für wenige Cent pro Minute bis nach Australien telefonieren.

Anders als bei den Festnetz-Discountern sind bei den Mobilfunk-Discountern die Preissenkungen jedoch höchst partiell. Ein Telefonat nach Wien kostet bei Aldi Talk den mehr als zwölffachen Preis eines Gespräches nach München. Dabei unterscheiden sich die Terminierungskosten, die der Netzpartner E-Plus mit den beiden Gesprächen hat, um nicht einmal einen Cent pro Minute. Auch Verbindungen zu Service-Rufnummern wie 0180 oder 0900 sind bei den "Discountern" oft noch teurer als bei den herkömmlichen Angeboten.

Die Möglichkeit zum Schalten günstiger Daten-Optionen sucht man bei den Mobilfunk-Discountern zumeist vergebens. Wenige Ausnahmen wie die angekündigte Daten-Flatrate bei BASE bestätigen die Regel. Spätestens beim Thema "Roaming" sind dann sowieso wieder alle Discounter vereint: Möglich ist das Telefonieren im Ausland gewiss, jedoch zu Entgelten, die alles andere as "Discount" sind. Auf einen Allround-Discounter, der SIMs mit deutschen Nummern anbietet, sowohl nationale als auch Roaming-Gespräche günstig abrechnet, und auch Datentransfers zu vernünftigen Preisen tarifiert, werden wir wohl noch lange warten müssen.

Der Grund für die differenzierte Preisgestaltung ist offensichtlich: Zumindest ein Teil der Rabatte, die bei "normalen" mobilen Telefonaten gewährt wird, soll mit Auslandsgesprächen, Roaming, Servicenummern und Datendiensten wieder reingeholt werden. Zwar ist dieses Geschäftsverhalten grundsätzlich verständlich. Kein Bauer schlachtet gern die Kuh, die er melken kann. Dass in den vorgenannten Bereichen jedoch weiterhin monopol- oder kartellartige Preise berechnet werden können, zeigt jedoch auch, dass wir von einer echten freien Konkurrenzsituation im Mobilfunk noch weit entfernt sind.

Bundesnetzagentur und Aufsichtsgremien auf EU-Ebene sind also anzuhalten, den Mobilfunkmarkt weiterhin genau zu beobachten. Sollte es in bestimmten Bereichen auch weiterhin an echten Wettbewerb mangeln, wären behutsame, aber zielstrebige Eingriffe durchaus sinnvoll und notwendig.

Netzintern zum Schleuderpreis

Mit Aldi kam nach Tchibo der zweite Discounter auf den Markt, der (Discounter)-interne Gespräche für nur 5 Cent pro Minute anbietet. T-Mobile ist mit der eigenen Marke Xtra Click&Go inzwischen nachgezogen. Noch weiter gehen die T-Mobile-basierenden Discounter simply, easymobile, und klarmobil: Hier kosten netzinterne Gespräche bis Ende Februar sogar gar nichts.

Wie bereits in einem früheren Editorial ausgeführt, sind solche "intern-Schnäppchen" durchaus zweischneidig zu sehen. Während sie die Verbraucher, die davon profitieren können, natürlich glücklich machen, behindern sie gleichzeitig den Wettbewerb. Denn Kunden, die besonders günstig telefonieren möchten, werden gezwungen, ihre SIM-Karte von demjenigen Netzbetreiber zu beziehen, bei dem auch die meisten Freunde oder Geschäftspartner unter Vertrag sind. Das behindert tendenziell die kleinen Anbieter.

Intern-Schnäppchen sind auch ein Hinweis darauf, dass die Interconnect-Entgelte zu hoch sind. Wenn T-Mobile derzeit seinen Click&Go-Kunden Telefonate für 5 Cent brutto zu anderen T-Mobile-Kunden anbietet, warum soll dann ein anderer Netzbetreiber wie Vodafone für die Gespräche seiner Kunden ins T-Mobile-Netz mehr als das doppelte bezahlen?

Verlangsamung der Preisspirale

Die aktuelle Entwicklung - "Schnäppchen mit beschränkter Gültigkeit" - lässt erahnen, dass das Preissenkungspotenzial der Discounter derzeit weitgehend ausgeschöpft ist. Große Preissprünge sind in den nächsten Wochen daher nicht mehr zu erwarten. Langfristig werden die Preise aber weiter nach unten gehen, denn neue Netztechnik wird, wie auch bei Computern üblich, immer günstiger oder leistungsfähiger, während bestehende Komponenten zunehmend das Ende der buchhalterischen Abschreibungsperiode erreichen, und danach nur noch Strom und Wartung kosten. Auch hat die Bundesnetzagentur den Netzbetreibern zumindest gewisse Senkungen der IC-Entgelte abgerungen. Schließlich bewirken niedrigere Entgelte eine Zunahme der Mobilfunk-Nutzung, so dass der nutzungsunabhängige Teil der Netzkosten sich auf mehr Gesprächsminuten verteilt, was wiederum den Fixkostenanteil pro Gesprächsminute drückt. Die Frage ist also nicht, ob ein Preisniveau von unter 10 Cent pro Minute in Fremdnetze möglich ist, sondern nur, wann dieses erreicht wird. Meine Schätzung lautet hierbei auf ein bis zwei Jahre.