Hintergrund

T-Online-Rückführung stellt Telekom vor große Probleme

Fusion könnte sich noch Wochen oder Monate hinziehen
Von ddp / Thorsten Neuhetzki

Die Deutsche Telekom wird die Rückführung der Internettochter T-Online in den Mutterkonzern wohl bestenfalls nächstes Jahr und damit deutlich später als geplant verwirklichen. Erst Anfang November wird vor Gericht über einen Eilantrag von T-Online zur sofortigen Freigabe der Fusion verhandelt, gegen die zahlreiche Aktionäre geklagt haben. Falls dem Begehren stattgegeben wird, wollen die Gegner Beschwerde bei der nächsten Instanz einlegen. Bis zu einem Beschluss dort, so schätzen Rechtsexperten, dürften wieder Wochen bis Monate vergehen. So lange läge die für das Telekom-Festnetzgeschäft wichtige Fusion, die eigentlich Ende September abgeschlossen sein sollte, auf Eis.

T-Online und Telekom haben Aktionäre gegen sich

Mit der Wiedereingliederung der vor fünf Jahren an die Börse gebrachten T-Online hat der Mutterkonzern etliche Aktionäre des größten deutschen Internetanbieters gegen sich aufgebracht. Sie fühlen sich mit der Vorgehensweise über den Tisch gezogen. Dem zuständigen Landgericht in Darmstadt liegen mehr als 20 Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss der T-Online-Hauptversammlung vom April vor. Zu den Klägern gehören auch die großen Aktionärsvereinigungen DSW und SdK. Im August stellte T-Online einen Antrag auf beschleunigte Freigabe, damit die bis zu 2,9 Milliarden Euro teure Fusion noch vor dem eigentlichen Gerichtsverfahren ins Handelsregister eingetragen und damit vollzogen werden kann.

Die Telekom sieht in der Rückführung das zentrale Element für die Weiterentwicklung ihres zu Jahresbeginn eingerichteten strategischen Geschäftsfeldes Breitband/Festnetz. Der Bonner Konzern hält es angesichts zunehmender Konkurrenz besonders von Seiten der Internettelefonie und der neuen Geschäftsmodelle der Mobilfunker für zwingend notwendig, das klassische Festnetz und das Onlinegeschäft zu vereinen, um besser Produkte aus einer Hand anbieten zu können. "Das Breitbandgeschäft ist zuletzt auch aus Telekom-Sicht nicht zufrieden stellend verlaufen, und das Unternehmen hat dies zum Teil auf fehlende Synergien zurückgeführt, die es sich nun von der Verschmelzung erhofft", sagt der Analyst Holger Bosse von der Helaba.

Hauptsache-Verfahren kann belanglos sein

Über den Freigabeantrag berät das Landgericht Darmstadt am 4. November. Der Ausgang ist sehr wichtig, denn wenn die Fusion erst einmal ins Handelsregister eingetragen ist, lässt sich das nicht mehr rückgängig machen - egal, wie später das Hauptsacheverfahren ausgeht. Hier kann es dann nur noch um die - in der Regel schwer nachweisbaren - Schadenersatzforderungen der klagenden Aktionäre gehen, nicht mehr um das Projekt als solches. Falls das Landgericht dem Antrag entspricht, haben die Kläger zwei Wochen Zeit, dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main einzulegen. Zumindest einige sind entschlossen, dies zu tun. "Wir würden die zweite Instanz anrufen", sagt der Düsseldorfer Anwalt Peter Dreier, der mehrere Kläger vertritt.

Die Registersperre wird nach Meinung unabhängigen Experten bis zu einer Entscheidung des Oberlandesgerichts bestehen. "Wir rechnen in entsprechenden Fällen im Rechtsweg über zwei Instanzen in der Praxis mit einer Gesamtdauer von sechs bis neun Monaten", sagt der auf Fusionen spezialisierte Jurist Christian Gehling von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer.

Sollte die Freigabe auch am Oberlandesgericht scheitern, bekämen die Telekom und ihre Tochter schwerwiegende Probleme. Entweder flösse der Antrag in das langwierige Hauptsacheverfahren ein. Oder T-Online müsste den Beschluss der Hauptversammlung wiederholen und dabei versuchen, beanstandete Mängel auszuräumen. Doch auch der neue Beschluss wäre wieder anfechtbar.

Daher böte es sich für Telekom und T-Online an, mit der Gegenseite einen Vergleich zu suchen, sollte der Freigabeantrag scheitern. Bislang gibt es hier offenbar keine Aktivitäten. "Mir ist nichts dergleichen bekannt", sagt Jochen Knoesel von der Vereinigung zur Förderung der Aktionärsdemokratie (VFA), die zu den Klägern zählt.