Editorial: Verkalkuliert?!

Schon wieder ist ein neuer Tarif der Deutschen Telekom an der Regulierungsbehörde gescheitert. Indem die Deutsche Telekom den Antrag für Country Select, der günstige Auslandstelefonate ermöglichen sollte, zurück nahm, kam sie einer Ablehnung der Behörde zuvor. Den Verlautbarungen zufolge seien die neuen Tarife zum Teil "nicht kostendeckend" gewesen. Angebote unter Einkaufspreis sind den marktbeherrschenden Unternehmen allerdings verboten, um zu verhindern, dass sie damit Konkurrenten aus den Markt drängen, um später auf dem remonopolisiertem Markt abzukassieren.

Allerdings ist kaum anzunehmen, dass die Telekom bei Auslandstelefonaten tatsächlich unter eigenen Kosten anbieten wollte. Denn selbst mit einer teuren Werbekampagne hätte die Telekom nur einen Teil der abgewanderten Auslandsgesprächskunden wieder zurück gewonnen. Diese wären per Call by Call ebenso schnell wieder weg gewesen, sobald Country Select teurer wird. Der Nutzer geht hier ja keine lange Vertragsbindung ein.

Auch wir konnten keine Hinweise auf Dumping finden. Für alle von uns geprüften Ziele gab es günstigere Anbieter als die T-Com mit Country Select. Somit mutmaßte ich in einem früheren Editorial, dass die T-Com allenfalls beim Preis-Qualitäts-Verhältnis neue Maßstäbe setzen könnte, nicht beim Preismaßstab alleine.

Wo liegt also der Haken? Nun, seit einigen Wochen ist das neue TKG in Kraft. Stärker als das alte TKG bündelt dieses Vorleistungspreise (zu denen die Telekom an die Konkurrenten verkauft) und Endkundenpreise (zu denen sie an Verbraucher verkauft) aneinander. Es kann nun durchaus sein, dass für einige Gesprächsziele die Coutry-Select-Preise zu nah an den Tarifen lagen, zu denen die Telekom anderen Anbietern internationale Terminierung anbietet. Die Regulierungsbehörde hat dann zwei Reaktionsmöglichkeiten: Sie setzt höhere Preise für die Endkunden fest, oder sie senkt den Preis für das Vorprodukt. Und bevor letzteres passiert, hat die Telekom den Antrag ganz schnell wieder zurückgezogen.