Lauschangriff

Datenschützer: Telefonüberwachung einschränken

Der Bundesbeauftrage für den Datenschutz fordert eine "Generalrevision" aller heimlichen Ermittlungen
Von Marie-Anne Winter

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, fordert nach dem Karlsruher Urteil zum Lauschangriff eine "Generalrevision" aller heimlichen Ermittlungen zur Strafverfolgung oder der Prävention. Darunter fällt beispielsweise die Telefonüberwachung oder den Einsatz von verdeckten Ermittlern. In einem Gespräch mit dem Berliner Tagesspiegel sagte Schaar: "Wann immer ein unantastbarer Kernbereich der Privatsphäre berührt ist, müssen die Ermittlungen sofort beendet werden." Was das Bundesverfassungsgericht für das Abhören von Wohnungen gefordert habe, gelte auch für das Lauschen bei der Telekommunikation: "Wenn Gesprächspartner sich über private oder sogar intime Dinge unterhalten, darf der Staat nicht mithören." Die Telefonüberwachung sollte allein beim Verdacht schwerer Straftaten zum Einsatz kommen.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe entschied am Mittwoch, dass der so genannte große Lauschangriff in seiner geltenden Form die Menschenwürde verletze, deshalb im Wesentlichen verfassungswidrig sei. Dem Gesetzgeber bleibt nun eine Frist zur Neuregelung bis 30. Juni 2005. Unbeanstandet blieb die Grundgesetzänderung, mit der eine Partei-übergreifende Mehrheit 1998 den Lauschangriff möglich gemacht hatte. Die Umsetzung dieser Grundgesetzänderung in der Strafprozessordnung ist nach Ansicht der Richter allerdings zu großen Teilen verfassungswidrig.

Der Datenschutzbeauftragte Schaar sagte gegenüber dem Tagesspiegel auch, dass sich die Folgerungen aus dem Urteil nicht auf Strafverfolgungsmaßnahmen beschränken dürften. Es sei auch möglich, dass die Polizeigesetze der Länder geändert werden müssten. Er sei aber optimistisch, dass die Regierung eine Lösung finden wird, bei der sowohl dem Datenschutz als auch dem Bedürfnis nach Sicherheit und Strafverfolgung Rechnung getragen werde.

Die Schwachstellen der Telefonüberwachung wurden schon im Mai letzten Jahres in einem Gutachten aufgezeigt, das das Bundesjustizministerium beim Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg in Auftrag gegeben hatte. Dort zeigte sich, dass richterliche Anordnungen bei Überwachungsmaßnahmen in zu vielen Fällen nur allgemein und ohne hinreichenden Einzelfallbezug begründet werden. Außerdem werde die gesetzliche Pflicht, die Betroffenen nachträglich über die Maßnahme zu informieren, nur in einer geringen Zahl von Fällen geprüft und befolgt.