Vodafone: 5G aus der roten Kiste
Der Netzbetreiber Vodafone hat sein erstes 5G-Produkt für die Industrie vorgestellt. "Vodafone Business Campus Private" soll ein 5G-Campus-Netz aus einem "modularen Baukastensystem" sein und auf vier Arten realisiert werden können. Entweder, um Indoor-Standorte auf einem Werksgelände oder in einer Halle zu vernetzen, oder um Innen- und Außenstandorten zu verbinden und dann noch kombinierbar mit der übergreifenden (öffentlichen) Mobilfunk-Infrastruktur von Vodafone.
Vodafone kann solche 5G-Campus-Netze mit den eigenen ersteigerten und / oder mit den von der Industrie exklusiv erhaltenen Frequenzen aufbauen. Als Vorteil sieht Vodafone die Kombination von mehr Bandbreite und mehr Flexibilität.
Geheimnisvolle Red Box
Britta Rudolphi, Leiterin des 5G-Labs von Vodafone vor eine RedBox.
Foto: Vodafone Deutschland
Als zentraler Baustein der Campus-Netze ist die "Vodafone Redbox" gedacht, die gemeinsam mit dem Technologiepartner Ericsson realisiert wird. In der "Schachtel" (englisch "box"), die ein großes Technik-Rahmengestell ist, steckt ein komplettes 5G-Netz drin.
Für dieses Thema hat Vodafone sowohl Mittelständler, die sich mit dem Thema vielleicht noch nicht so gut auskennen, aber auch Großunternehmen im Blick. Die 5G-Netze sollen "skalierbar" werden: Wenn man "mehr braucht", kann das Netz einfach erweitert werden. Stellen wir uns einen Eisenbahnzug vor, dem einfach mehr Waggons angehängt werden, das ist Skalierung.
Nur eine Fabrikhalle oder auch mehr?
Das Modell "Campus Private Indoor" stellt ein lokales 5G-Netz ausschließlich in einer ausgewählten Fabrikhalle bereit. "Campus Private Kombi" bringt 5G auf die Innen- und Außenflächen eines Unternehmensstandortes. Beide Modelle lassen sich jeweils zusätzlich mit der "übergreifenden" (öffentlichen) Mobilfunk-Infrastruktur von Vodafone verbinden, sodass die Mitarbeiter mit ihren SIM-Karten des öffentlich zugänglichen Netzes von Vodafone auch Daten- und Telefonie-Services nutzen können.
Aus Projekten werden Produkte
„In diesem Jahr werden aus ersten 5G-Projekten echte 5G-Produkte – skalierbar und für jedes Unternehmen. Unsere Wirtschaft braucht 5G. Wir bringen 5G. Maßgeschneidert und dort, wo es für unsere Industrie den größten Nutzen bringt“, betont Hannes Ametsreiter, CEO von Vodafone Deutschland. Der Geschäftsführer Firmenkunden, Alexander Saul, weiß, dass „5G-Tarife von der Stange" unsere Industrie nicht voranbringen.”
Der Weg zum Produkt: Viele Erfahrungen mit vielen Industrie-Partnern
Um das erste 5G-Produkt für die Industrie zu entwickeln, hatte Vodafone in den vergangenen Monaten gemeinsam mit zahlreichen Industriepartnern Erfahrungen in verschiedenen Anwendungsgebieten gesammelt – mit punktuellen 5G-Projekten. Das kann eine einzelne 5G-Tankstelle bis zur kompletten Werkshalle in der Automobil-Fertigung sein. „Wir haben erfahren, welche 5G-Anwendungen die Industrie zu diesem Zeitpunkt wirklich braucht. Wir haben gesehen, wie unterschiedlich die Anforderungen sind. Und wir haben gelernt unsere 5G-Netztechnik mit unterschiedlichen Modellen schnell an die spezifischen Anforderungen unserer Kunden anzupassen“, betont Vodafone Technik-Chef Gerhard Mack. „Mit unseren Campus-Netzen bringen wir das Beste aus privater und übergreifender Netztechnik zusammen. Die lokale und hochsichere Echtzeit-Vernetzung von Maschinen und Sensoren mit zugesicherter Performance. Und die Möglichkeit auf Daten- und Telefonie-Services zuzugreifen – über unsere deutschlandweite Mobilfunk-Infrastruktur.“
Rechenzentrum "in a Box"
Technisches Herzstück aller Campus-Netze ist die Vodafone "Redbox", die das 5G-Campus-Netz mit der lokalen IT-Infrastruktur des Unternehmens und dem Vodafone-Kernnetz verbindet. Darin sind kleine Echtzeit-Rechenzentren verbaut, die sensible Daten direkt vor Ort verarbeiten können, damit diese Daten das Unternehmensgelände nicht mehr verlassen müssen. Durch die kurzen Wege werden die Daten schneller. Stünde ein Cloud-Server jedoch in "Taka-Tuka-Land", würde man das an höheren Pingzeiten bemerken.
Viele kleine Antennen
Kleine 5G-Antennen (bei 3,7 GHz) können das Campus-Netz in jeden Winkel einer Fabrikhalle bringen. Die Anzahl und Ausrichtung der Antennen variiert dabei je nach Größe des Standortes. „Die Redbox zeigt, welche Innovationskraft Unternehmen wie Vodafone und Ericsson gemeinsam entwickeln können“, betont Jan-Peter Meyer-Kahlen, Leiter des Ericsson-Eurolab in Aachen. „Wir haben das technische Know How von Vodafone und Ericsson in einer leistungsfähigen und zuverlässigen 5G-Vernetzungslösung für die Industry 4.0 gebündelt.“
Service zum Produkt: Eigenständige Steuerung mit "professioneller" Instandhaltung
Zu einem Campus-Netze gehören sogenannte Service-Pakete. Technik-Experten von Vodafone sollen rund um die Uhr den 5G-Betrieb sicherstellen und die lokale Netzinfrastruktur laufend mit neuer Technik modernisieren. „Ein Netz ist niemals fertig. Wenn Unternehmen heute ein lokales Netz aufbauen, dann gibt es morgen schon Updates, die das Netz noch besser machen. Wir halten unsere Partner bei 5G immer auf dem neusten Stand“, betont Vodafone Technik-Chef Gerhard Mack. Die eigenständige Steuerung der Netze wird dadurch nicht eingeschränkt: Über eine Management-Oberfläche können Industrie-Konzerne die 5G-Campus-Netze selbstständig steuern und zu jeder Zeit neue Sensoren, Maschinen oder Roboter mit dem lokalen Netz verbinden.
Nutzung von Vodafone- und von Industrie-Frequenzen möglich
Die Industrie-Unternehmen sollen entscheiden, welche Frequenzen sie für die Errichtung der Campus-Netze verwenden möchten. Vodafone kann Netze für deren exklusiven Frequenzen aufbauen, diese dürfen nur auf dem Werksgelände genutzt werden, aber nicht außerhalb. Es kann aber ein Gateway geben, was die internen Daten nach "draußen" bringt, wenn es erlaubt und gewünscht ist.
Carrier Aggregation bringt Geschwindigkeit
Durch die Kombination (=Carrier Aggregation) der Vodafone- mit den Industrie-Frequenzen sollen neue Campus-Netz-Bandbreiten von bis zu 3,7 Gigabit pro Sekunde (Download) in der Industriehalle möglich werden. Das ist dann doppelt so schnell wie bei üblichen Campus-Netzen, die ausschließlich auf den Industrie-Frequenzen betrieben werden. Vodafone verspricht eine Latenzzeit von weniger als zehn Millisekunden.
Was kostet der Spaß?
Der Preis für das Produkt hängt von vielen Faktoren ab. Wie viele Gegenstände (Sensoren, Maschinen, Tablets, Smartphones) sollen vernetzt werden? Wie groß ist das Campus-Gelände? Findet die Vernetzung ausschließlich in einem Gebäude oder auch außerhalb (Indoor / Outdoor) statt? Ist eine zusätzliche Anbindung an das übergreifende Vodafone-Mobilfunknetz gewünscht? Welche Dienste sollen genutzt werden, nur Daten oder auch Telefonie? Welche Frequenzen sollen genutzt werden, nur Vodafone-eigene, nur Industrie-Frequenzen oder eine Kombination aus beiden Welten? Dazu kommen noch die Service-Leistungen, damit der Techniker möglichst "sofort" vor Ort ist, wenn etwas nicht funktioniert.
Ein fiktives Rechenbeispiel
Ein Unternehmen vernetzt mehr als 500 Gegenstände (Sensoren, Maschinen etc.) in einer 35.000 Quadratmeter großen Fabrikhalle. Zudem erhalten 450 Mitarbeiter Zugriff auf Telefonie- und Datenservices. Vodafone aktiviert das 5G Campus-Netz in der Fabrikhalle und ermöglicht zudem auch außerhalb die Anbindung an das übergreifende Vodafone-Netz. Der Kunde bucht also das Modell ‚Campus Private Kombi Plus‘. Vodafone startet das Campus-Netz mit von Vodafone ersteigerten Frequenzen. Bei einer 5-jährigen Vertragsdauer würde das 5G-Campus-Netz das Unternehmen monatlich etwa 9.000 Euro kosten (entspricht in diesem Beispiel einem Preis von weniger als 10 Euro pro Nutzer). Die Einmalzahlung für die Hardware und die Einrichtung variiert je nach Anforderung der Kunden.
Wer kann 5G-Campus-Netze nutzen?
5G-Campus-Netze sind für Industrie und Gewerbe gedacht. Produktions-Abläufe können flexibler gestaltet werden, weil die notwendigen Maschinen nicht mehr über abertausende Netzwerkkabel sondern per Funk vernetzt werden. Statt fest verankerten Förderbändern kann man intelligente Förder-Fahrzeuge einsetzen, die vollautomatisch durch die Halle fahren und sich ihr Ziel je nach Auftrag suchen können oder über Funk gesagt bekommen, wo es hingeht. Durch diese Flexibilität lassen sich Kosten sparen und der Betrieb bleibt wettbewerbsfähig.
Die Arbeitswelt verändert sich
Für die Mitarbeiter in den Unternehmen kann das Veränderungen bedeuten, weil sie nicht mehr lebenslang an einer Maschine an einer bestimmten Stelle arbeiten, sondern vielleicht heute hier und morgen da und die Aufgaben sich ständig ändern können.