IbC

Sugar Telecom: Ermittlungsverfahren eingestellt

Staatsanwaltschaft: Nach IbC-Übernahme von H3 Netservice kein Betrug
Von Ralf Trautmann

Vor rund eineinhalb Jahren kam es im Internet-by-Call-Segment zu einer Marktveränderung, die selbst für den nicht gerade durchsichtigen Schmalband-Markt eine Besonderheit war: Das Unternehmen Sugar Telecom hatte zum Jahreswechsel 2007/08 das Schmalband-Geschäft der H3 Netservice übernommen, hierzu gehörten die Marken Faventia, One2Surf und NGI. Direkt in Anschluss an die Übernahme kam es dann zu zum Teil drastischen Tariferhöhungen: So fielen in der Folge bis zu 9,99 Cent pro Minute und 9,99 Cent pro Einwahl an, in der Regel das Vielfache dessen, was zuvor berechnet wurde. Wenig überraschend, dass viele Nutzer dieser Tarife in die Kostenfalle tappten und schon auf der Januar-Rechnung der Telekom einen entsprechend hohen Posten wiederfanden, der jetzt mit dem neuen Besitzer der Zugänge ausgezeichnet war.

Während wahrscheinlich viele Betroffene die Entgelte einfach zahlten, erstatteten diverse andere Nutzer auch Anzeige. Wie viele genau, lässt sich nicht beziffern, da die zuständige Staatsanwaltschaft Bielefeld gegenüber teltarif keine Angaben machen wollte. In einem Schreiben der bearbeitenden Staatsanwaltschaft an einen betroffenen Leser ist von einer "Vielzahl" von Anzeigen die Rede.

Staatsanwaltschaft: Sach- und Beweislage lässt Anklageerhebung nicht zu

Wie die Staatsanwaltschaft nun weiter bekannt gibt, wurde das Verfahren jetzt allerdings eingestellt. Hier geht es wohlgemerkt ausschließlich um die strafrechtliche Seite der Problematik, die zivilrechtlichen Aspekte wurden in diesem Zusammenhang nicht behandelt.

Zur Begründung der aktuellen Verfahrenseinstellung schreibt die Behörde zunächst einleitend: "Ein Gericht hätte den Beschuldigten bei der vorliegenden Sach- und Beweislage freizusprechen, weshalb eine Anklageerhebung nicht möglich ist." Beschuldigter war Dr. Markus Rainer Beforth, der laut Staatsanwaltschaft "alleiniger Geschäftsführer der Comundo Internet GmbH, die sodann in Sugar Telecom GmbH umbenannt wurde", war. Diese sei "im Juli 2008 aufgelöst" worden. "Der Beschuldigte war alleiniger Geschäftsführer der Sugar Telecom GmbH und ist nunmehr Liquidator der Sugar Telecom GmbH i. L.."

In der Sammel-Stellungsnahme an die klagenden Nutzer begründet die Staatsanwaltschaft dann auch ausführlich die Gründe für die Verfahrenseinstellung. So heißt es zunächst: "Die vom Beschuldigten durchgeführte Umstellung der übernommenen Einwahlnummern auf das offene Internet-by-Call-Verfahren ohne vorherige Information der Kunden ist strafrechtlich nicht relevant."

In der Folge wurden dann wie bereits erwähnt die Tarife drastisch erhöht. Zwar dürften sich nicht wenige Nutzer durch dieses Beforth'sche Verhalten betrogen gefühlt haben, trotzdem sieht Bielefeld im strafrechtlichen Sinne keinen Betrug: "Eine in Betracht kommende Strafbarkeit wegen Betruges setzt u. a. das Vorliegen einer Täuschungshandlung voraus. Eine solche kann dem Beschuldigten jedoch nicht nachgewiesen werden. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass die von ihm im Internet veröffentlichten Tarife unrichtig gewesen sein könnten."

In Bezug auf den Besitzer- bzw. damit einhergehenden Tarifwechsel stellt die Staatsanwaltschaft dann fest, dass es auch an einer "aktiven Unterdrückung wahrer Tatsachen durch den Beschuldigten" mangele. In diesem Zusammenhang reiche es auch nicht aus, "wenn die Fehlvorstellung eines Opfers ausgenutzt wird. Die bloße Ausnutzung eines bereits vorhandenen Irrtums ist nämlich nicht strafbar."

"Das Ermittlungsverfahren war daher, wie geschehen, einzustellen."

Ähnlich wie mit dem Vorwurf des Betrugs verhält es sich offensichtlich mit dem Vorwurf des Wuchers: Die Entgelte sind gemessen am allgemeinen Tarifschnitt der Branche hoch, und die Preissprünge waren drastisch. Die Staatsanwaltschaft sieht aber die Kriterien für Wucher im strafrechtlichen Sinne nicht gegeben, "da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er [Beforth, die Red.] die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen ausgebeutet hat, wie eine Strafbarkeit wegen Wuchers voraussetzt."

Ob die Entgelte an sich zu hoch sind, sei indes eine Frage des Telekommunikationsgesetzes und im Zweifel eine Ordnungswidrigkeit. Allerdings, so die Staatsanwaltschaft: "Die vorgenommenen Tariferhöhungen sind auch grundsätzlich legal. [...] Es ist [...] kein Fall bekannt, in dem die vom Beschuldigten verlangten Tarife diese Höchstgrenzen überschritten haben", und weiter: "Auch liegen keine konkreten nachweisbaren Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die im Telekommunikationsgesetz festgeschriebenen Preisveröffentlichungspflichten vor. Der Beschuldigte hat sich insoweit dahingehend eingelassen, die jeweils aktuellen Tarife immer rechtzeitig auf seinen Internetseiten veröffentlicht zu haben. Diese Einlassung kann mangels geeigneter Beweismittel nicht widerlegt werden, so dass eine entsprechende Ordnungswidrigkeit nach dem Telekommunikationsgesetz nicht nachweisbar ist."

Zivilrechtliche Fragen offen

Die Staatsanwaltschaft fügt aber hinzu: "Ich weise jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die Verfahrenseinstellung keinen Einfluss auf die Frage hat, ob die geltend gemachten Forderungen zivilrechtlich begründet sind. Insbesondere handelt es sich um eine rein zivilrechtliche Frage, ob die Umstellung auf das offene Internet-by-Call-Verfahren ohne vorherige Information der Kunden und die Erhöhung der Tarife zulässig war." Gegen den Bescheid, dass das Verfahren eingestellt wurde, kann noch Beschwerde eingelegt werden.

Vor rund einem Jahr hatte ein Kläger bereits im Zusammenhang mit der Übernahme der Internet-by-Call-Tarife der H3 Netservice durch die Sugar Telecom zivilrechtlich vor dem Amtsgericht Hamburg Erfolg, hier war allerdings die H3 Netservice selbst die Beklagte. Das Unternehmen musste dem Kläger die entstandenen Mehrkosten erstatten. Dieser hatte einen Faventia-Tarif gebucht, bei dem nach Verbrauch von fünf Freistunden ein Minutenpreis von 1,05 Cent berechnet wurde. Nachdem die Einwahl von der Sugar Telecom übernommen wurde, entfielen die fünf Freistunden und das Minutenentgelt wurde um rund 1 000 Prozent erhöht.

Zudem gibt es laut der Staatsanwaltschaft Bielefeld noch ein weiteres Strafverfahren gegen Beforth. Dieses Verfahren sei noch offen, teilte die Behörde gegenüber teltarif mit. Details hierzu konnte oder wollte die Staatsanwaltschaft Bielefeld aber nicht nennen. Möglicherweise handelt es sich hierbei um ein Verfahren in Zusammenhang mit weiteren massiven Tarifänderungen nach Übernahme von Internet-by-Call-Zugängen anderer Provider: Hier fielen dann unter dem Tochter-Label 666net schlussendlich bis zu 99,99 Cent pro Minute zuzüglich einem Einwahlentgelt von 1,99 Euro an.

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