Betrug?

Nur Animateure: Anklage wegen kostenpflichtiger SMS-Chats

Vier der Angeschuldigten in Untersuchungshaft - insgesamt 216 Beschuldigte
Von ddp / Ralf Trautmann

Zehn Betreiber von SMS-Chats müssen sich in zwei verschiedenen Verfahren demnächst vor dem Kieler Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen die Hauptbeschuldigten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft heute in Kiel mitteilte. Gegen weitere 206 Beschuldigte wurden gesonderte Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Vier der Angeschuldigten befinden sich bereits in Untersuchungshaft. Den Chat-Betreibern wird vorgeworfen, seit 2005 über massenhaft verschickte Lock-E-Mails angeblich seriöse Möglichkeiten zur Partnerfindung angeboten zu haben. Tatsächlich betrieben die SMS-Chats aber ausschließlich angestellte Animateure. Sie verwendeten komplett gefälschte Profile angeblich Kontakt suchender Menschen.

Der Preis pro Kurznachricht betrug 1,99 Euro. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es bundesweit eine Million Betrugsopfer. Allein in einem der beiden Verfahren fielen bei den 700 000 Geschädigten SMS-Gebühren in Höhe von rund 46 Millionen Euro an. Im zweiten Verfahren beliefen sich die Gebühren der 300 000 Opfer insgesamt auf rund elf Millionen Euro.

Laut Staatsanwaltschaft versandten die Betrugsopfer insgesamt etwa 30 Millionen SMS-Nachrichten an die Kurzwahlnummern des Chats. Die Anklageschrift umfasst in beiden Fällen jeweils 200 Seiten. Nach Erkenntnis der Kieler Ankläger handelt es sich um das bundesweit erste Verfahren aus dem Bereich virtueller Kontaktmärkte, in dem es wegen Betrugsvorwürfen gegen die Betreiber zu Verhaftungen gekommen ist.