Bevölkerungswarnung: Hessen prescht mit eigener App vor
Logo der neuen "hessenWARN"-App
Grafik: Hess. Ministerium für Inneres und Sport
Die Digitalisierung ist in aller Munde. Beispielsweise bei der Information der Bevölkerung über Gefahrenlagen oder kleinere oder größere zivile Katastrophen, z.B. eine Sturm- oder Unwetterwarnung.
Ideen gab es viele: Die Alarmierung per Funkruf (Pager): Damals gab es noch den Skyper-Pager der Telekom, den später die Berliner Firma "e*message" samt dem Cityruf-Pager-Netz übernommen hat und bis heute weiter betreibt. Die Möglichkeit, kostenlos oder auch gegen Aufpreis auf dem Skyper Infoprogramme zu empfangen, wurde schlussendlich nur von wenigen Fans genutzt, das Smartphone ist halt wesentlich flexibler und attraktiver.
Alarmierung per SMS?
Logo der neuen "hessenWARN"-App
Grafik: Hess. Ministerium für Inneres und Sport
Alarmierung per SMS galt als "unsicher", weil die Systeme und Netze beispielsweise an Silvester regelmäßig einknickten. Over-the-Top-Messenger wie WhatsApp kamen erst später, doch WhatsApp ist heute ein Teil des Facebook-Imperiums, für staatliche Sicherheitsmeldungen wohl eher nicht geeignet.
Mit schweren Geburtswehen wurde die KATWARN-App eingeführt, die verschiedene Bundesländer und dort wieder verschiedene Landkreise übernahm, denn jeder Landkreis hat da eigene Vorstellungen vom Katastrophenschutz. KATWARN wurde ein Erfolg, denn der Nutzer bekommt gezielt die Nachrichten für seinen aktuellen Aufenthaltsort.
Smartphone als Universalwerkzeug
Das Smartphone ist heute Universalwerkzeug, als Wasserwaage, als Navigationsgerät oder als kleiner Lerncomputer, die richtige App macht es möglich. Manche dieser Apps sind im Alltag sehr hilfreich – andere können Leben retten.
Apps zur Warnung vor Katastrophen (z.B. Großbränden oder bei starken Unwettern) und Gefahren (z.B. lebensbedrohliche Einsatzlagen) wie KATWARN sind mittlerweile wichtiger Bestandteil eines kommunikativen Sicherheitsnetzwerkes geworden. Sie erreichen die betroffenen Personen auf direktem Weg ohne Zeitverzögerung. Viele Anwender haben vielleicht bereits KATWARN abonniert, um bei einer Katastrophen- oder Gefahrenlage rechtzeitig wichtige Sicherheitsinformationen zu erhalten.
Seit 2017 nutzt die Polizei im Bundesland Hessen KATWARN zur Unterstützung der Polizeiarbeit. In den vergangenen zwei Jahren wurde z.B. im Kontext von Entschärfungen von Weltkriegsbomben gewarnt, vor Betrugsstraftaten zum Nachteil älterer Menschen (Enkeltrick) und es wurden Vermisstenmeldungen der Polizei Hessen direkt über KATWARN auf die Smartphones gesendet, wenn die Nutzer sich in der Nähe der vermissten Person aufgehalten haben. Mittlerweile nutzen alleine in Hessen mehr als 600 000 Bürger die KATWARN-App.
Von KATWARN zu hessenWARN
Die App hessenWARN informiert über kleine und große Katastrophen, Unwetter, Bombenfunde etc. und erlaubt gezielte Notrufe mit Koordinaten
Grafik: Land Hessen, Min. Inneres und Sport
Wenn dem Bären zu wohl wird, traut er sich aufs Eis. Auf Grundlage des Erfolges von KATWARN entschloss sich das Hessische Ministerium des Inneren und für Sport, in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS), eine neue App mit dem Namen hessenWARN zu entwickeln.
hessenWARN basiert technologisch auf dem Warnsystem KATWARN. Das System bietet weiter Gefahren- und Katastrophenwarnungen verschiedener Behörden aus einer Hand, z.B. darunter sind auch die Feuerwehren sowie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie an hessenWARN beteiligt.
Nun fordert die Polizei Hessen ihre Kunden auf, die bisherige KATWARN-App zu löschen und stattdessen hessenWARN zu installieren. Das sei die "kostenlose App für Ihre Sicherheit und seit dem 5. November 2019 die neue offizielle „Warn- und Informations-App“ des Landes Hessen."
Wirklich keine Meldung verpassen?
Auch in unbekanntem Gelände lässt sich über die GPS-Funktion schnell Hilfe über die hessenWARN App holen
Grafik: Hess. Ministerium für Inneres und Sport
Mit hessenWARN könne man sich in und vor Gefahrensituationen und Katastrophen warnen lassen, loben die Verantwortlichen ihr Projekt. "Um hessenWARN störungsfrei nutzen zu können, löschen Sie bitte KATWARN von Ihrem Handy und laden Sie sich hessenWARN in Ihrem App Store oder Ihrem Google Play Store herunter."
Was machen Bürger, die sich nicht permanent in Hessen aufhalten? Die regelmäßig im Rhein-Main-Neckar-Großraum zwischen Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg wechseln? Oder Berufspendler, die in Hessen wohnen oder in Berlin arbeiten?
Kein Problem, beruhigen die Verantwotlichen: "Nach der Installation von hessenWarn erhalten Sie weiterhin alle Mitteilungen, die Sie auch bei KATWARN erhalten haben, da zu den gängigsten Bevölkerungswarnsystemen wie KATWARN oder NINA (App des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) eine Schnittstelle in hessenWARN besteht. Sie erhalten damit auch in hessenWARN deutschlandweite Gefahren- und Katastrophenwarnungen, die in KATWARN oder NINA versendet werden.
"Durch diese Schnittstelle ist damit sichergestellt, dass im Gefahren- und Katastrophenfall die offiziellen Informationen der Behörden in Deutschland und Österreich zur Verfügung stehen."
Warum denn einfach, wenn es auch kompliziert geht?
In der Tat. Der erste Eindruck zeigt, dass hessenWARN die Funktionen KATWARN beibehalten hat, das Land Hessen aber noch einiges originelles wie einen Notruf-"Knopf" mit Koordinatenübermittlung hinzugefügt hat. Warum konnte man das nicht in die bundesweite KATWARN-App hinein tun? Gab es bundesweites Gerangel um Notwendigkeit und Kosten? Wir wissen es nicht.
Der Bürger reibt sich die Augen, wofür dieser Aufwand getrieben wurde. Erfolgreiche bürgernahe Digitalisierung sieht irgendwie anders aus.