Digitalisierung

Apps sollen Corona-Zettelwirtschaft überflüssig machen

Nach dem Lock­down sehnen sich viele Menschen danach, wieder ins Restau­rant zu gehen oder eine Veran­stal­tung zu besu­chen. Die vom Sänger Smudo bewor­bene Luca-App ist eine von mehreren Lösungen, um das Risiko zu mini­mieren.
Von dpa /

Diskussionen um die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung Diskussionen um die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung
Bild: dpa
Wenn irgend­wann die Cafés, Bars und Restau­rants in Deutsch­land wieder öffnen können, dürfen sich die Betreiber nicht alleine um ihre Gäste kümmern: Sie müssen auch eine lästige Aufgabe für die Gesund­heits­ämter erfüllen. Wie im vergan­genen Sommer werden die Betriebe wohl auch diesmal verpflichtet, eine Liste ihrer Besu­cher zu führen und deren Kontakt­daten zu erfassen.

Das Kontakt­ver­fol­gungs­system hat in den vergan­genen Monaten nur mäßig gut funk­tio­niert. Oft saßen da "Donald Duck" oder "Micky Maus" am Gäste­tisch, zumin­dest hatten sie sich mit diesen Namen in die Gäste­liste einge­tragen. Viele Gast­wirte haben diese falschen Daten hinge­nommen, denn sie waren für die Angaben der Gäste recht­lich nicht verant­wort­lich und durften auch nicht die Perso­nalien kontrol­lieren. Dieses Recht haben nur das Ordnungsamt und die Polizei.

Check-in-Apps verspre­chen effi­zien­tere Methode

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Mehrere Check-in-Apps verspre­chen nun eine viel effi­zien­tere Methode, Restau­rant-Besu­cher vor dem Risiko einer Corona-Infek­tion zu warnen, falls ein anderer Gast positiv getestet wurde. Die bekann­teste Lösung ist die Luca-App, die von Smudo, Musiker der Fantas­tischen Vier, mitent­wickelt wurde. Die Betrei­ber­firma Culture4Live verspricht, eine schnelle und lücken­lose Kontakt­nach­ver­fol­gung zu ermög­lichen.

Dafür müssen sich Smart­phone-Besitzer im App-Store von Apple oder Google die Luca-App herun­ter­laden und dort ihre persön­lichen Kontakt­daten eintragen. Auch hier könnten sich die User als "Donald Duck" regis­trieren. Im Unter­schied zur Gäste­liste aus Papier wird aber die Mobil­funk­nummer mit einer SMS gecheckt, sodass die Gesund­heits­ämter immerhin wüssten, unter welcher Tele­fon­nummer "Donald Duck" nach einem Risiko-Vorfall erreicht werden kann.

Die App-Macher wollen aber nicht nur Fake-Einträge vermeiden, sondern die sensi­blen Gästedaten besser schützen als auf Papier­listen. "Ich habe ein Problem, wenn ich in ein Restau­rant gehe und dort für alle sichtbar meine Privat­adresse aufschreiben muss", sagte Smudo der Deut­schen Presse-Agentur.

Keine Konkur­renz zur Corona-Warn-App

Smudo sieht keinen Gegen­satz zwischen der offi­ziellen Corona-Warn-App und der Luca-App. Die App des RKI sei geeignet, flüch­tige Begeg­nungen zu erfassen, quasi ein indi­vidu­elles Radar­system. Die Luca-App dagegen könne bei privaten Treffen und im Restau­rant oder auch bei Sport­ver­anstal­tungen, Konzerten und im öffent­lichen Nahver­kehr einge­setzt werden, um sich gezielt an einem Ort einzu­che­cken.

Sicher­heits­experte Rüdiger Trost von F-Secure sieht es als Vorteil, dass die Luca-App nicht vom Staat in Auftrag gegeben wurde: "Hätte eine staat­liche Behörde die App entwi­ckelt, die Name, Adresse und Handy­nummer abfragt, wären die Vorbe­halte groß gewesen und niemand würde ihr trauen. Die App würde zerredet, und das Vertrauen sinken." Smudos Konzept über­zeugt den Sicher­heits­experten: "Mehr­fache Verschlüs­selung und expli­zite Frei­gabe der Daten durch den Nutzer zeigen, dass man sich über Sicher­heit und Daten­schutz schon in der Design­phase Gedanken gemacht hat."

Die Luca-App sei deut­lich besser als die Kontakt­listen auf Papier, denn der Betreiber könne bei der App nicht auf die Daten zugreifen, nur das Gesund­heitsamt. Trost sieht aber auch einen Nach­teil: "Dass nicht alle Gesund­heits­ämter ange­schlossen sind, und weite Teile Deutsch­lands damit zunächst noch außen vor sind, ist zu bemän­geln." Bislang probieren nur wenige Gesund­heits­ämter die Koope­ration aus, etwa auf Sylt, Amrum und Föhr oder in Schwerin und Rostock. Deshalb nutzt Smudo jede Chance, im TV und auf anderen Wegen für die Anbin­dung weiterer Gesund­heits­ämter zu werben.

Wird der der Wett­bewerb unter­miniert?

Die Luca-App stößt aber nicht nur auf Begeis­terung. Gegen­wind kommt von anderen Start-ups, die über kein so promi­nentes Aushän­geschild wie Smudo verfügen. "Wir sehen die große Gefahr, dass der Wett­bewerb durch die Luca-App unter­miniert wird", erklärten unter anderen die Anbieter Darfichrein.de, Rails­love, CoronaAssist:Presence, Kontakterfassung.de und Hygie­ner­anger.

Rails­love-Geschäfts­führer Jan Kus verweist darauf, seine Lösung Recover sei bereits seit Mai 2020 bei Gastro­nomen, im Einzel­handel, bei Konfe­renzen, Kran­ken­häu­sern und Pfle­geein­rich­tungen im aktiven Einsatz. In seiner Heimat­stadt habe auch Fortuna Köln seit September mit Recover die Gäste auf den Sitz­plätzen daten­schutz­kon­form erfasst.

Bei Recover muss auf dem Smart­phone keine App instal­liert werden. Ähnlich wie bei Luca wird mit der Kamera ein QR-Code erfasst und eine Webseite von Recover aufge­rufen. Dort werden die Kontakt­daten einge­tragen und der Veran­stal­tung zuge­ordnet. Mit einem weiteren Finger­tipp kann man sich wieder ausche­cken.

Alle App-Anbieter an einen Tisch?

Kus regt an, dass sich die 16 Start-ups - darunter auch die Macher der Luca-App - möglichst schnell an einen Runden Tisch setzen, um die unter­schied­lichen Ansätze zu Risi­koer­mitt­lung zu konso­lidieren, damit dann alle an einem Strang ziehen. "Wir haben eine diverse Start-up-Land­schaft in Deutsch­land, die gemeinsam starkes bewegen kann", schrieb der Unter­nehmer an seinen Minis­ter­prä­sidenten Achim Laschet (CDU), der sich zuvor als Fan der Luca-App geoutet hatte.

Achim Berg, Präsi­dent des Digi­tal­ver­bandes Bitkom, kriti­siert, dass bei einem Einsatz von Apps wie Luca, Recover oder eGuest vieler­orts noch große Verun­siche­rung vorherr­sche, weil einige Verbrau­cher- oder Daten­schützer empfehlen, auf Papier­listen zu setzen. "Dabei haben Apps zur Kontakt­nach­ver­fol­gung den großen Vorteil, dass persön­liche Daten wie Tele­fon­nummer oder Adresse nicht von jeder­mann einge­sehen werden können, die Lesbar­keit sicher­gestellt ist und vor allem, dass die Gesund­heits­ämter direkt digital infor­miert werden, wenn es Infek­tionen an einem bestimmten Ort gab." In Kombi­nation mit der Corona-Warn-App könnten solche Kontakt­nach­ver­fol­gungs-Apps eine große Unter­stüt­zung bei einer Öffnungs­stra­tegie aus dem Lock­down sein.

Wer nach Deutsch­land einreist, wird ab sofort per SMS über die aktu­ellen Bestim­mungen im Zusam­men­hang mit der Corona-Pandemie infor­miert.

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