Stoppschild

Provider und Regierung unterzeichnen Vertrag für Internet-Sperren

Chaos Computer Club hält die Kinderporno-Sperren für nutzlos und protestiert
Von Steffen Herget mit Material von ddp und dpa

Politik und Wirtschaft sagen der Kinderpornografie im Internet den Kampf an. Fünf große Internet-Provider unterzeichneten heute in Berlin mit dem Bundeskriminalamt (BKA) einen Vertrag zur Sperrung kinderpornografischer Internetseiten. "Kinderpornografie im Internet ist die Vergewaltigung von Kindern vor laufender Kamera", betonte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) heute in Berlin. Es könne nicht angehen, dass "dieser schwere Missbrauch von Kindern" scheinbar selbstverständlich abrufbar sei.

Provider betonen Wichtigkeit der Entscheidung und gute Zusammenarbeit

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, René Obermann, begrüßte das Vorhaben. "Darin sehen wir einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen dieses abscheuliche Verbrechen, nämlich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie im Internet." Er wies darauf hin, dass Sperrungen bislang an der Gesetzgebung scheiterten. Er begrüßte, dass die Bundesregierung zusätzlich zu den vertraglichen Regelungen auch ein Gesetz auf den Weg bringen wolle. Kinderpornografie sei "eines der schlimmsten Verbrechen, das man Kindern antun kann."

Ins gleiche Horn stossen auch Vodafone und Arcor. Thomas Ellerbeck aus der Geschäftsführung von Vodafone betont die schnelle Umsetzung, von den ersten Spitzengesprächen bis zur Unterzeichnung seien nur drei Monate vergangen. Wirtschaft und Politik hätten sehr gut Hand in Hand gearbeitet. Die Provider sähen sich jedoch nicht als Internet-Polizei, so Ellerbeck.

Mit dem Vertrag verpflichten sich die Anbieter, Seiten mit kinderpornografischen Inhalten zu sperren. Die Liste mit den zu sperrenden Adressen liefert das BKA. Die Provider sind nach Angaben des Familienministeriums ausschließlich für die technischen Sperrmaßnahmen zuständig. In spätestens sechs Monaten soll die Vereinbarung umgesetzt sein. Die Verträge gehen auf eine Vereinbarung vom 13. Januar 2009 zurück. Zu den beteiligten Internetanbietern gehören die Deutsche Telekom, Vodafone Deutschland und Arcor, Hansenet (Alice), Kabel Deutschland und Telefónica o2. Sie decken den Angaben zufolge 75 Prozent des Marktes ab.

Experten üben Kritik an der Sperre und der Umsetzung

Es gibt jedoch auch Kritik an der getroffenen Regelung. So hält der Chaos Computer Club (CCC) die geplante Sperrung von Kinderpornografie-Seiten im Internet für nutzlos. "Solche Filtermaßnahmen lassen sich leichtens umgehen", sagte der Experte Matthias Mehldau am Freitag dem Audiodienst der dpa. Zudem würden sich diejenigen, die damit am Zugang gehindert werden sollten, neue Konzepte und Mechanismen überlegen. "Hier wird ein großes Katz-und-Maus-Spiel aufgemacht", sagte Mehldau. Sinnvoller als - wie geplant - Stoppschilder an Kreuzungen im Internet aufzustellen sei es, bei den Internet-Anbietern anzusetzen, wo die Inhalte liegen. Dort müssten die Angebote offline geschaltet werden, forderte Mehldau. Der CCC befürchtet durch eine solche Sperre außerdem eine Abkehr vom freien Informationszugang im Internet und eine generelle beginnende Zensur, Bundesministerin von der Leyen trägt in den Reihen des Clubs bereits den Vornamen "Zensursula". Der CCC hatte für heute zu einer Demonstration und einer Mahnwache aufgerufen.

Laut dem Verband der deutschen Internetwirtschaft eco ist die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Kinderpornografie entscheidend für den Erfolg. Prof. Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender von eco, betont, die deutschen Internet Service Provider beteiligten sich bereits seit Jahren an der Bekämpfung solcher illegaler Inhalte und arbeiteten intensiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen. Rotert drängt auf eine gesetzliche Regelung noch in der laufenden Legislaturperiode, um Rechts- und Planungssicherheit herzustellen.