Reminiszenz

CeBIT 2002: Frühere Visionen von Smartphones & mobilem Internet

Rückblick auf die damals wichtigste Mobilfunkmesse in Europa
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

In den Hallen der Computer-Hersteller und Software-Anbieter erwies sich im März 2002 das einige Monate zuvor auf den Markt gekommene Microsoft-Betriebssystem Windows XP als Zugpferd. XP löste damals die beiden eher missratenen System-Versionen Windows Me für Privatanwender und Windows 2000 als Business-Lösung ab. Das neue Heimanwender-Betriebssystem basierte nicht mehr auf dem veralteten MS-DOS, sondern auf den bisher hauptsächlich Business-Anwendern vorbehaltenen Windows-Versionen der NT-Familie. Der Software-Gigant heimste für XP den Preis des besten Produktes der CeBIT 2002 ab. Microsoft-Chef Steve Ballmer verflucht zehn Jahre später den Erfolg von XP, denn das System läuft zum Leidwesen der Microsoft-Vertriebler immer noch auf vielen Millionen Personal Computern, obwohl diese nach den Marketingplänen von Microsoft längst auf die Nachfolgesysteme Vista oder Windows sieben umgestiegen sein sollten.

Microsoft zeigte auf der CeBIT 2002 aber auch ein Konzept, das später - im Gegensatz zu Windows XP - grandios scheitern sollte. Den unter dem Codenamen "Mira" entwickelten schnurlosen Monitor hatte Konzerngründer Bill Gates wenige Wochen vor der CeBIT bereits auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas präsentiert. "Mira" sah aus wie ein Tablet, wurde auch mit einem Akku betrieben - hatte aber im Gegensatz zu einem iPad oder Samsung Galaxy Tab von heute keinerlei eigene Rechenpower, sondern konnte nur in einer Entfernung von bis zu 30 Metern zum herkömmlichen PC betrieben werden. "Mira wird für Monitore ein Technologie-Sprung sein wie damals die ersten schnurlosen Telefone für das Telefonieren", versprach damals Produktmanagerin Nancy Nemes. Doch die Verbraucher konnten sich für das Konzept nicht begeistern und Microsoft musste 2004 das von technischen Problemen geplagte Projekt beerdigen.

Vorgänger von Siri, Alice und Co.

Andere Messe-Neuheiten auf der CeBIT 2002 konnten sich zwar auch nicht kurzfristig durchsetzen, wanderten aber nicht auf den Technologie-Friedhof wie "Mira". Dazu gehört die Spracherkennung. Schon vor zehn Jahren wurde den Messebesuchern versprochen, dass bald ein alter Menschheitstraum in Erfüllung geht: Computer und andere elektronische Apparate lernen sprechen und menschliche Sprache zu verstehen. Damals dominierten Anbieter wie das belgische Unternehmen Lernout & Hauspie und die Konzerne IBM und Philips, auch wenn die Spracherkennung und -verarbeitung noch sehr fehlerhaft war. Heute bringt Software vom Nuance Communications nicht nur dem PC mit einer inzwischen erstaunlichen Trefferrate das Zuhören bei. Außerdem setzen Apple mit Siri und Google mit ähnlichen Lösungen auf Spracherkennung zur Steuerung von Smartphones.

Bis heute nicht verwirklicht wurde eine Utopie, die auf der CeBIT 2002 vorgestellt wurde - die Bundestagswahl daheim per Mausklick. Im Jahr 2010 sollten die Bürger nach dem Wunsch der damaligen rot-grünen Bundesregierung ihre Stimme bei der Bundestagswahl auch vom heimischen Computer aus abgeben können. Dieter Otten, Leiter der Forschungsgruppe Internetwahlen an der Universität Osnabrück, ahnte damals in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa schon, dass eine Wahl vom PC aus auf absehbare Zeit nicht sicher genug ist: "Internet-Wahlen sind nicht trivial, sondern eine sehr komplizierte Aufgabe."

Nach kleineren Versuchen wie der elektronischen Vorstandswahl beim Städte- und Gemeindebund Brandenburg 2004 gab die Forschungsgruppe das Projekt an T-Systems ab. Eigentlich sollte dann das inzwischen "voteremote" genannte Internetwahlsystem bei der Sozialwahl 2011 eingesetzt werden. Doch nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2009 sogar den Einsatz von Computern in öffentlichen Wahllokalen bei der letzten Bundestagswahl für verfassungswidrig erklärt hatte, kam auch für die Abstimmung am heimischen PC das "Aus".

Wie auch in den vergangenen Jahren ist teltarif auch 2012 wieder live vor Ort in Hannover und berichtet über alle Neuigkeiten der CeBIT.