Urteil

BGH: Offene WLAN-Netzwerke müssen geschlossen werden

Unterlassungsklage möglich, aber kein Anspruch auf Schadensersatz
Von Lars Hessling

In einem heute verkündeten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Betreiber von nicht ausreichend gesicherten WLAN-Netzwerken für Urheberrechts-Verletzungen Dritter belangbar sind (I ZR 121/08). Der Inhaber des Anschlusses kann aber lediglich zur Unterlassung verurteilt werden, ein Anspruch auf Schadensersatz besteht nicht. Der Fall beschäftigte zuvor bereits die Instanzen Landgericht Frankfurt am Main und Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Beide kamen zu völlig unterschiedlichen Urteilen. In der ersten Instanz wurde 2007 klar zu Ungunsten des Beklagten entschieden (AZ 2/3 O 19/07), da im Rahmen der Störerhaftung eine generelle Sicherung eines WLAN-Netzwerkes gegenüber Dritten erforderlich sei. Störerhaftung bedeutet in diesem Fall, dass der Anschlussinhaber für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, da der eigentliche "Täter" nicht mehr ermittelt werden kann. Die zweite Instanz kam hingegen 2008 zu der Ansicht (AZ 11 U 52/07), dass nur bei konkreten Hinweisen auf rechtswidrige Handlungen Prüf- und Handlungspflichten erforderlich seien.

Illegale Musikverbreitung in Tauschbörse war Stein des Anstoßes

Inhalt der Klage war, dass über den WLAN-Zugang des Beklagten mittels der Tauschbörse emule angeblich das Lied Sommer unseres Lebens von Sebastian Hämer angeboten worden war. Der Song wurde 2006 von Pelham Power Productions (3p) produziert, das vom deutschen Rapper Moses Pelham geführt wird. Das Pelham-Subunternehmen DigiProtect [Link entfernt] überwacht Eigenproduktionen und im Auftrag anderer Unternehmen auch Fremdmarial mittels einer Software in Tauschbörsen. Das Programm ermittelt die IP-Adressen der Anschlüsse, von denen aus illegal Kopien der überwachten Lieder angeboten werden. Die wegen dynamischer IP-Vergabe bei privaten Internetanschlüssen erforderliche zeitliche Genauigkeit erreicht die Anwendung DigiProtect zufolge durch den Abgleich mit drei voneinander unabhängigen Atomuhren. So wurde über die Deutsche Telekom ermittelt, dass die fragliche IP-Adresse zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung zum Internetanschluss des Beklagten gehörte.

WLAN war laut Beklagtem während der Tat deaktiviert

Das Paragraphen-Zeichen. Der BGH hat entschieden, dass Betreiber nicht ausreichend gesichterter WLAN-Netzwerken zur Unterlassung verurteilt werden können.
© lookata - Fotolia.com
Der Beklagte war zu diesem Zeitpunkt nachweislich im Urlaub, konnte die Tat also selber nicht begangen haben. Er sagte außerdem aus, dass sämtliche IT-Geräte einschließlich des Routers zum besagten Zeitpunkt ausgeschaltet gewesen seien. Darüber hinaus sei der WLAN-Zugang der FRITZ!Box zum Einrichtungszeitpunkt deaktiviert worden, welcher aber Jahre zurück lag und dem Gericht zufolge keinerlei Aussagekraft für den Moment der Urheberrechtsverletzung mehr hatte. Außerdem wären AVM-Router standardmäßig mit dem WPA-Verschlüsselungs-Verfahren und einem 16-stelligen Schlüssel gesichert. Der Beklagte ging daher davon aus, seine IP-Adresse sei falsch ermittelt worden. Deshalb reagierte er auf eine Abmahnung durch die Anwaltskanzlei Kornmeier & Partner mit dem Hinweis, den Internetzugang nicht für den Download des Songs genutzt zu haben. Soweit die Aussage des Betroffenen.

Störerhaftung wegen nicht ausreichend gesichertem WLAN?

Das Gericht folgte aber der Darstellung der Klägerin und beschäftigte sich in der Folge mit dem Argument des nicht ausreichend gesicherten WLAN-Netzwerks des Beklagten. Die Frage ist, ob jemand für Rechtsverletzungen durch Dritte haften kann, wenn er dies durch unzureichenden Schutz seines WLAN-Zugangs ermöglicht hat. Prinzipiell ist eine solche Schuldzuweisung im Rahmen der Störerhaftung möglich, wenn der Beklagte zumutbaren und erforderlichen Prüfungspflichten nicht nachgekommen ist. Der Streitpunkt ist daher, wie eine ausreichende Sicherung eines WLANs definiert ist und ob entsprechende Maßnahmen ohne Hinweis auf illegale Handlungen zumutbar sind.

Wie die ersten beiden Instanzen urteilten und welche Folgen das Urteil des BGH hat, lesen sie auf der zweiten Seite.