Benutzer matthias.maetsch schrieb:
Was der Autor schreibt, mag alles richtig sein.
Sehe ich bei weitem nicht so. Ich gehe mal auf ein paar Stellen ein:
"Der BGH macht WLAN-Betreiber zwar nicht direkt für Urheberrechtsverletzungen Dritter verantwortlich, aber mehrere Abmahnungen zu den gedeckelten Kosten von 100 Euro oder Verurteilungen zur Unterlassung können bereits hohe Kosten nach sich ziehen."
Das finanzielle Risiko gab es bisher auch, nur war es um Größenordnungen höher. Bisher hab es diese Deckelung nicht. Der Anspruch auf Schadensersatz wurde gar komplett gestrichen.
"Spätestens nach einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung könnte der Betreiber gezwungen sein, seinen Hotspot zu sichern, da er ansonsten der Unterlassungs-Aufforderung nicht nachgekommen wäre."
Auch das war bisher auch so, bloß dass es bisher den AP-Betreiber von vornherein mit weitaus größeren Geldforderungen eiskalt erwischen konnte.
"Besonders relevant könnte dies für WLAN-Communities wie Fon und Freifunk sein, da dort kaum ersichtlich ist, wer den Internetzugang eines Mitglieds benutzt und wie vertrauenswürdig diese Person ist."
Warum ist es für die besonders relevant? Im Gegensatz zu Cafes und Kneipen führen solche Anbieter oft eine User-Authentifizierung durch. Cafes, Kneipen und Hotels hingegen dürfen anonymes Internet anbieten.
Abgesehen davon: Auch der Betreiber eines verschlüsselten WLANs kann im Nachhinein nicht feststellen, wer von den BEFUGTEN Benutzern einen Rechtsverstoß begangen hat. Das ist dem Abmahner auch egal, denn er wendet sich ja an den Anschlussinhaber.
"Auch Besitzer öffentlicher Hotspots beispielsweise in Cafés, die ohne Anmeldung nutzbar sind, werden sich in Zukunft überlegen müssen, wen sie über ihre WLAN-Netzwerke ins Internet lassen."
Was soll denn beim Überlegen rauskommen? Selbst zu Zeiten der VDS war die VDS für solche Anbieter (Cafes, Kneipen und Hotels, also für solche, die KEINE Provider sind) verboten. Jetzt, nach dem VDS-Verbot, dürfen die erst recht nichts aufzeichnen. Allein aus Datenschutzgründen wäre die Erfassung personenbezogener (User-)Daten unzulässig, da sie zur Leistungserbringung (kostenfreies Internet) nicht notwendig sind.
Aber ich interpretiere das Urteil als Revolution FÜR freie WLANs und nicht als Hindernis.
Das nicht gerade.
Bisher konnte sich der Anbieter eines frei zugänglichen Netzwerkes nicht sicher sein, ob er für Rechtsverstöße der Nutzer nicht selbst mit zur Rechenschaft gezogen wird (Mitstörerhaftung). Das konnte schnell tausende Euros kosten - ein erhebliches Risiko. Diesem Irrsinn hat das BGH nun letztinstanzlich widersprochen und damit Rechtssicherheit für die WLAN-Betreiber geschaffen.
So ist es.
Ja, eine Abmahnung ist möglich. Da diese aber höchstens 100 Euro kostet und der Aufwand zur Ermittlung des Anschlussinhabers und der Aufwand für Erstellung und Kosteneintreibung größer ist, dürften Abmahnungen die Ausnahme sein. Mal davon abgesehen, dass der Anwalt momentan gar keine Chance hat, durch die IP des Netzes den Anschlussinhaber zu ermitteln. Die Daten dürfen nicht mehr gesammelt werden und
Es sei denn, er ist SEHR schnell. Für einen kurzen Zeitraum werden die Daten ja noch gespeichert, alleine schon, um bspw. Sabotage nachvollziehen zu können. Lediglich die langfristige Speicherung im Rahmen der VDS entfällt.
wenn dann auch nur für erhebliche Rechtsverstöße rausgerückt werden.
Das war bisher auch schon so. Zumindest in der Theorie. In der Praxis wurden die Daten dann auch schon mal auf Zuruf rausgerückt. :-(
Und wer ist schon so doof und benennt sein WLAN mit seinem Namen?! Also keine Chance zum Abmahnen!
Erstens hat die SSID mit der Abmahnung nichts zu tun, denn die kennt der Abmahner gar nicht.
Zweitens ist das nicht "doof", einen Personenbezug in die SSID zu tun (Name, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse), sondern sogar ein geeignetes Mittel, um notwendige Abstimmungen mit der Nachbarschaft zu erleichtern. Guckst Du bspw. hier:
<http://
www.heise.de/netze/artikel/Kabelfreiheit-221632.html%3E>
Auch stimme ich dem Autor nicht zu, dass Netzwerke wie FON, Sofanet oder Hotsplots von dem Urteil betroffen sind. Da der Zugang hier ja gerade nicht anonym möglich ist, da man sich registrieren muss, greift das Urteil nicht. Hier ist keine Abmahnung möglich und der Anschlussinhaber muss nun auch keine Schadenersatzansprüche mehr fürchten.
Ja.
ERGO:
Endlich können freine WLANs auch in Deutschland wieder risikolos zur Verfügung gestellt werden, so wie dies in fast allen Industrie-Ländern dieser Erde und auch Europas üblich ist.
Risikolos nicht, aber das Risiko ist erheblich geringer geworden.
Gruß,
Calin