Langzeitbombe Handyvirus

Handys auf Reisen von Virus-Infektionen bedroht

In einigen Ländern sind mobile Schädlinge eine ernsthafte Bedrohung
Von ddp / Marie-Anne Winter

In der Urlaubssaison gehen mit ihren Besitzern auch Handys auf Reisen. Aber aufgepasst: Wer durch Ballungsräume im Nokia-Mutterland Finnland, in Russland oder Ostasien streift und ein Smartphone sein Eigen nennt, muss mit erhöhtem Infektionsrisiko für seinen täglichen Begleiter rechnen. Denn dort gelten Handyviren anders als hierzulande bereits heute als vergleichsweise weit verbreitet. Der falsche Umgang mit einer MMS oder einer per Bluetooth eingegangenen Datei kann dem Handy schnell den Garaus machen. Generell Grund zur Panik besteht nach Expertenmeinung derzeit aber noch nicht. Die Hochkonjunktur der mobilen Schädlinge ist noch nicht angebrochen.

Nachdem 2004 der erste Handyvirus entdeckt wurde, ist die Zahl Würmer, Viren und Trojaner im mobilen Bereich mit den Jahren stetig gestiegen. Noch aber bietet sich der so genannten Malware kein idealer Nährboden für ihren zerstörerischen Feldzug. "Im Moment kann man die Lage entspannt sehen", sagt Markus Eckstein von der Zeitschrift connect: "Die Schädlinge werden in die Welt gesetzt und verhungern wieder."

Schädlinge werden von der Vielfalt gehemmt

Der Grund: Smartphones bieten mit ihren offenen Betriebssystemen zwar Anreiz für Programmierer in böser Mission. Sie sind aber noch nicht weit genug verbreitet. Zudem hat in der Welt der kleinen Alleskönner noch keines der Betriebssysteme eine marktbeherrschende Stellung ergattert, auch wenn Symbian am weitesten verbreitet ist. Anders als beim PC und der hochprozentigen Marktdurchdringung mit Windows-Betriebssystemen biete sich im Bereich der Handyviren schlicht die Schwierigkeit der Verbreitung, meint Eckstein. Für "normale" Handys sei selbst die theoretische Gefahr so gut wie nicht vorhanden.

Für Smartphone-Besitzer gibt es allerdings dennoch auch jenseits der Urlaubssaison Grund zur Vorsicht - immer dort, wo viele Menschen auf einem Fleck verharren und sich spontane Bluetooth-Netze bilden: an Bahn- und Flughäfen, bei Konzerten, in der U-Bahn, im Café. Zum Verhaltenskodex sollte dann gehören: Keine Dateien über Bluetooth annehmen, am besten die Empfangsbereitschaft auf "off" stellen. Ebenso sollten MMS-Nachrichten fremder Absender verschmäht werden, rät Eckstein. Wer auf Nummer sicher gehen will, dem seien der Kauf und die Installation von Firewalls und mobilen Virenscannern empfohlen. Sicherheitskopien sensibler Daten, etwa des Adressbuches, seien ebenso sinnvoll.

Hersteller wie F-Secure, Kaspersky oder Trend Micro bieten Scanner für die gängigen Smartphone-Betriebssysteme Windows Mobile, Palm OS oder Symbian 60 für rund 20 bis 40 Euro an. "Aber die Hersteller halten sich mit Angeboten zurück", sagt Eckstein. Bei Kaspersky heißt es etwa: "Der Markt ist nicht sonderlich groß, die wahren Gefahren lauern nicht in Zentraleuropa."

Andere Missgeschicke sind gefährlicher

Der Einzelfall ist dennoch ärgerlich: Denn steckt sich das Handy an, so wird es im schlimmsten Fall komplett außer Gefecht gesetzt und startet nicht mehr. Verläuft die Sache glimpflicher ab, sperren die Viren Speicherkarten, saugen den Akku leer oder machen optischen Mätzchen. Denkbar sind auch Phishing-Attacken, um etwa sensible Daten auszuspähen. Wird das Handy zunehmend als Bezahlmittel genutzt, steigt der Anreiz für Betrüger.

Dass Handys massenweise von Epidemien heimgesucht werden, ist allerdings nur noch eine Frage der Zeit. Auch Eckstein, der sich beim Thema gegen jede Panikmache ausspricht, sagt: "Langfristig wird sich da was ändern." Mit 210 gibt etwa Kaspersky die Zahl der für Symbion geschriebenen Viren, Trojaner und Würmer an. Zum Vergleich: Die Zahl der PC-Schädlinge geht in die Hunderttausende.

Das derzeit größte Risiko ist auch beim Thema Handy offenbar die Fehlbarkeit der menschlichen Natur: Das Handy wird im Taxi vergessen oder mit der Hose versehentlich in die Waschmaschine gesteckt. Der Datenverlust durch solche Missgeschicke ist derzeit immer noch bei weitem größer als durch Attacken von der Virenfront. Leseranfragen zum Thema Handyviren kommen extrem selten vor. Das ist durchaus ein Zeichen geringer Infektionsgefahr. Im Augenblick sind die Handys durch die zahlreichen verschiedenen Betriebssysteme auf dem Markt noch geschützt. Wie auch in anderen Bereichen sind Monokulturen für Schädlinge sehr viel anfälliger. Sicherheitstipps finden Sie auch auf unseren Info-Seiten.