Themenmonat IFA&Konvergenz Vielfalt?

IFA: Zauberwort Digitalisierung

Messe zeigt das Fernsehen von morgen
Von dpa / Ralf Trautmann

"Digitalisierung" - das Zauberwort der neuen, schönen Medienwelt verheißt hunderte Kanäle über Kabel und Satellit, Internet-Fernsehen (IPTV) und Handy-TV. Zwar begnügt sich die Mehrheit der Deutschen noch mit dem Analogempfang und einer übersichtlichen Zahl von Programmen. Doch Sender und Industrie stecken bereits ihre neuen Reviere ab. Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin treten die Macher von diesem Freitag bis zum 5. September mit Geräten und Inhalten zum Schaulauf an. Den Zuschauern droht indes eine mediale Überflutung.

Tatsächlich sind die Tage des Analog-Fernsehens gezählt. Bis spätestens 2012 soll die herkömmliche Technik komplett abgeschaltet werden. Mit dem Digitalsignal kann die Anzahl der Sender auf einem Übertragungsweg deutlich erhöht werden. Doch viele Verbraucher rätseln über die Wege in die TV-Welt von morgen. Ein Angebotsdschungel aus Decodern, den so genannten Settop-Boxen, Verwirrung über technische Normen und Kosten erscheinen als hohe Hürde. Plasma- und LCD-Geräte für hochauflösendes Fernsehen (HDTV) sind zwar die Renner im Handel. 2006 wurden erstmals mehr Flach-Geräte als Röhrenapparate verkauft. Doch mit dem Programm hapert es noch. Nur wenige Sender haben die gestochen scharfen Bilder im Angebot.

Aber die Welle neuer Digital-Inhalte rollt bereits an. Im deutschen Kabel sind rund 100 Sender empfangbar - vom Tierkanal bis Horoskop-TV. Unter dem Logo "Digital free" vertreibt Deutschlands größter Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland (KDG) dutzende nationale und internationale Programme. Allerdings muss der Zuschauer einen Decoder haben und eine Monatsgebühr zahlen. Bis 2009 will KDG mehr als 300 Programme bieten.

Auch ARD und ZDF beteiligen sich am Trend

Auch ARD und ZDF sind längst mit ihren "Digital-Bouquets", zu denen Programme wie Eins Extra oder ZDF-Info gehören, im Rennen. Nun stellen beide Systeme die Weichen auch für Fernsehen via Internet. Ob auf PC oder Handy: Mit dem sogenannten IPTV und Video on Demand (VoD) sollen "Tagesschau" oder "heute-journal" wie dutzende anderer Sendungen in Zukunft überall empfangbar sein. Das ZDF hat schon Teile seines Programms als "Abruffernsehen" ins Netz gestellt. Die ARD will ihr Angebot für die "zeitsouveräne Nutzung" auf der IFA vorstellen.

Auch die privaten RTL und ProSieben.Sat.1 haben eigene Internet- Angebote und bieten etwa über Maxdome Filme auf Abruf im Netz an. Nutzer können gegen Gebühr Episoden von Serien wie "Brothers & Sisters" oder "Numb3rs" eine Woche vor Ausstrahlung herunterladen. RTL hat mit rtl-now.de eine ähnliches Angebot vornehmlich mit Eigenproduktionen im Internet.

Mit klassischer Werbung können all die neue Digital-Angebote kaum noch finanziert werden. Auch die Öffentlichen-Rechtlichen schließen nicht mehr aus, über die Gebühren auch Geld für neue Digitalprogramme zu verlangen. Von 2008 wollen die Sender eine Erhöhung von derzeit 17,03 Euro um 1,44 Euro. Gegen die gebührenfinanzierte Ausbreitung in der digitalen Welt laufen Privatsender und Verleger Sturm. ARD und ZDF sehen allerdings ihren Auftrag zur Grundversorgung gedeckt. In der digitalen Welt soll die Rundfunkgebühr zur "Content-Flatrate für Qualitätsinhalte" werden, sagte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff.

Experten: Pay-TV-Markt verspricht rasantes Wachstum

Experten rechnen in den nächsten Jahren mit einem rasanten Wachstum auf dem Pay-TV-Markt - nicht nur wegen der begehrten Ware Fußball. "Kostenpflichtiger Premium-Content jenseits von Sport wird in Deutschland offenbar immer stärker nachgefragt", sagt der Medienexperte Klaus Goldhammer. Als Übertragungsweg holt neben dem digitalen Antennen-Fernsehen DVB-T ("Das Überall-Fernsehen"), auf dem bis zu rund 30 Kanäle zu sehen sind, der Satelliten-Empfang deutlich auf. Von den 16,7 Millionen Haushalten mit Schüsseln auf dem Dach oder Balkon sind die Hälfte für Digitalempfang ausgerüstet. In Zukunft soll der Empfang von viel mehr Sendern möglich sein.

Der europäische Satellitenbetreiber SES Astra will mit seiner Plattform "entavio" dem Digitalempfang vereinfachen und verspricht ein Ende des "Boxen-Chaos". Mit der Settop-Box "entavio" solle alle Digital-Programme - ob frei oder verschlüsselt - gesehen werden damit das Durcheinander mit mehreren Empfangboxen beenden.

Als neutrale Plattform stehe das Gerät allen Sendern zur Verfügung, sagt Astra-Chef Ferdinand Kayser. Bis 2008 solle die Hälfte aller neuen Boxen "fit für entavio" sein. Damit könnten Zuschauer weitere digitale Inhalte und Dienstleistungen erhalten. Bereits im vergangenen Jahr wollten Privatsender ihr Angebot über Satellit verschlüsselt senden - das Kartellamt vermutete den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und stoppte das Projekt.

Der Bezahlsender Premiere unternimmt jetzt einen neuen Vorstoß. Am 1. September geht das Satelliten-Angebot über die "entavio"- Box an die Zuschauer. Die Box steht für alle frei empfangbaren Kanäle offen, mit einer sogenannten Smartcard gibt es auch Zugang zum Abonnenten-TV.

Artikel aus dem Themenspecial "IFA&Konvergenz"