gescheitert

Rückblick: Wie Siemens mit der Handy-Sparte scheiterte

Ein Jahr nach der Übernahme durch BenQ kommt das Aus
Von dpa /

Die Handysparte war einst der Stolz des Siemens-Konzerns. Der frühere Vorstands- und heutige Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer hielt auf jeder Hauptversammlung und Pressekonferenz eines der Geräte in die Höhe, um für die Geräte zu werben. Ziel war es, unter die ersten drei Hersteller der Welt zu kommen, der Marktanteil erreichte in der Spitze knapp zehn Prozent.

Siemens-Handys galten als grundsolide. Allerdings warfen Experten dem Konzern vor, neue Technologien zu lange intern fortzuentwickeln, statt früh damit auf den Markt zu gehen. So verpasste Siemens vor allem den Trend zu Farbdisplays und Geräten mit Kamera und MP3-Spieler. Dagegen hatte Siemens sehr früh ein so genanntes Slider-Handy zum Aufschieben im Programm. Dies wurde aber nicht konsequent genug weiter verfolgt. Erst Jahre später setzte sich der Trend durch, dann dominierten andere Hersteller. Der Versuch, eine Design-Linie unter dem Namen Xelibri zu etablieren, scheiterte.

Siemens Mobile war vor allem in Deutschland erfolgreich

Hohe Marktanteile erreichte Siemens vor allem auf dem Heimatmarkt Deutschland. Hier zu Lande war zeitweise fast jedes zweite Handy, das über den Ladentisch ging, von Siemens. Stark war der Konzern auch in Südamerika. Dieser Trend verstärkte sich, als Siemens Trikotsponsor von Real Madrid wurde und Superstar Ronaldo den Schriftzug "Siemens Mobile" auf dem Leib trug.

Trotz aller Anstrengungen kam das Geschäft jedoch nicht in Gang, der Marktanteil sank weiter. Als die Verluste eine Million Euro pro Tag erreichten, zog Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, der einst noch das Konkurrenz-Handy eines Journalisten demonstrativ in einem Wasserglas versenkte, die Notbremse: Im Juni 2005 wurde die Sparte mit damals weltweit rund 6 000 Beschäftigten an den taiwanesischen BenQ-Konzern abgegeben. Siemens legte noch 350 Millionen Euro vor Steuern drauf.

Anfangs gab sich BenQ optimistisch

Am 1. Oktober 2005 kündigte BenQ-Mobile-Chef Clemens Joos an, die Siemens-Handysparte bereits im ersten Geschäftsjahr aus den roten Zahlen bringen zu wollen. Am 11. Juli 2006 erklärte das Unternehmen dagegen, mehr als 500 Arbeitsplätzen in Deutschland zu streichen. Betroffen seien 277 eigene Mitarbeiter in der Zentrale in München, zudem solle die Zusammenarbeit mit 250 externen Mitarbeitern in München und Kamp-Lintfort beendet werden.

Gut einen Monat später, am 24. August, war von BenQ Mobile zu erfahren, wegen der verspäteten Einführung neuer Produkte und Belastungen durch die Bereinigung der Modellpalette solle nun erst Mitte 2007 die Ertragswende möglich sein. Vor einer Woche gab es schließlich erste Berichte zu einem möglichen Verkauf der Handy-Produktion an einen Auftragsfertiger.

Heute wurde dann bekannt, dass die einstige Siemens-Handyproduktion mit derzeit noch 3 000 Beschäftigten in Deutschland gut ein Jahr nach der Übernahme durch BenQ vor dem Aus steht. Die deutsche Tochter werde voraussichtlich in den nächsten Tagen Insolvenzantrag stellen, kündigte ein Sprecher in München an.

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