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Editorial: Wem gehört mein WLAN?

Schwierige rechtliche Probleme bei Unfug durch Dritte
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Problematisch an dem Urteil ist, dass es im Widerspruch zum Teledienstegesetz [Link entfernt] steht. Nach §2 Abs. (2) Ziffer 2 TDG gelten "Angebote zur Nutzung des Internets" als Teledienst. Nach §9 TDG ist der Anbieter für die Durchleitung von Informationen, die er selber nicht veranlasst hat, nicht verantwortlich.

Das Problem ist nun, dass der BGH und diesem folgend auch weitere Gerichte zunehmend eine Gültigkeit des Teledienstegesetzes bezüglich Unterlassungsklagen ablehnen. Demnach ist der Diensteanbieter zwar für das erste Mal, dass ein Dritter eine bestimmte rechtswidrige Tat begeht, von der Haftung befreit, aber nicht für folgende, ähnlich gelagerten Fälle. Dieses betrifft Internet-Auktionshäuser (hier die Versteigerung von gefälschten Markenartikeln, etwa nachgemachten Rolex-Uhren) ebenso, wie Anbieter von Internetforen (wo jüngst der heise-Verlag einen wichtigen Rechtsstreit in erster und zweiter Instanz verlor) oder eben Anbieter von öffentlichen Internet-Zugängen.

Ein offenes WLAN kann man nämlich durchaus als Teledienst sehen. Oft einfach aus Unachtsamkeit offen gelassen, kann es in anderen Fällen auch durchaus Absicht sein. Genannt seien etwa Hotels, die den Internetzugang als Service an ihren Gästen sehen, der im Zimmerpreis inklusive ist, wie oft auch das Frühstück oder die Saunabenutzung. Selbst dann, wenn der Hotelier WEP- oder WPA-Verschlüsselung aktiviert und den Gästen den Internet-Schlüssel beim Check-In mitteilt, kann der Hotelier bei späteren Problemen nicht ermitteln, welcher seiner Gäste zum fraglichen Zeitpunkt das Internet benutzt hat. Selbst dann, wenn, wie bei bezahlten Hotspot-Diensten üblich, noch eine Login-Prozedur nötig ist, kann es immer noch passieren, dass mehrere Gäste gleichzeitig online sind. Diese benutzen dann die vom Provider dem Hotel zugewiesene IP-Adresse gemeinsam, und es lässt sich später nicht mehr feststellen, welcher Gast es war, wenn unzulässige Inhalte hochgeladen wurden.

In einer ähnlichen Situation befinden sich auch Anbieter von Internet-Cafés. Hier ist das WLAN selber zwar i.d.R. gut abgesichert, der Zugang zu den PCs ist aber noch Zahlung der Nutzungsentgelte für Jedermann offen. Beide Institutionen - Hotels wie Internet-Cafés - benötigen dringend die Haftungsfreistellung des Teledienste-Gesetzes, um den Service des Internet-Zugangs vernünftig anbieten zu können. Das muss auch dann gelten, wenn sie, anders als ein Internet-Provider, nicht Name und Anschrift des Kunden benennen können, der den jeweiligen Zugang zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzt hat! Insofern ist es abzulehnen, dass die Gerichte die Anwendung des Teledienstegesetzes zunehmend einschränken!

Defensiv verhalten

Zur Vermeidung der Kostenfalle, sich durch unbekannte Mitnutzer eine teure Abmahnung zu fangen, muss man derzeit einige Ratschläge geben. Das beginnt damit, WLANs möglichst abzusichern und den Kreis derjenigen, die Zugriff haben, bestmöglich einzuschränken. Hotels, die WLANs als im Zimmerpreis enthaltenen Service anbieten, sollten etwa möglichst doch die WEP-Verschlüsselung aktivieren und den Schlüssel den Gästen beim Check-In mitteilen. Der Schlüssel sollte auch in regelmäßigen Zeitabständen gewechselt werden.

Kommt dennoch eine Abmahnung für Taten von Mitnutzern des Anschlusses, sollte man prüfen, ob es möglich ist, durch geeignete Portsperren oder vergleichbare Maßnahmen eine identische Wiederholung der Tat künftig verhindern zu können. Falls ja, sollte man diese Maßnahme auch durchführen, und eine auf das konkrete Szenario eingeschränkte Unterlassungserklärung abgeben.

Die meist mit der Unterlassungserklärung eingeforderte Übernahme der Anwaltskosten der Gegenseite sollte man hingegen mit dem Hinweis auf das Teledienstegesetz und die Nichtverantwortlichkeit ablehnen. Dann kann man zwar immer noch verklagt werden, aber nur auf Zahlung der Anwaltskosten, nicht auf Unterlassung. Das Anwaltskosten-Verfahren ist aber i.d.R. deutlich günstiger, weil als Streitwert nur der vom Anwalt eingeforderte Rechnungsbetrag angesetzt wird, nicht die oft sehr hoch gegriffenen Gegenstandswerte der Unterlassungsverfahren. Dadurch findet das Anwaltskosten-Verfahren auch öfter am Amtsgericht statt, wo der Richter für Argumentationen wie "armer Verbraucher" vielleicht etwas empfänglicher ist und selbst im Falle einer Verurteilung die Forderung des klagenden Anwalts zumindest zurechtstutzt, indem er den Streitwert deutlich nach unten korrigiert.