Datenspeicherung

Bündnis will Vorratsdatenspeicherung gerichtlich prüfen lassen

Verbraucherschützer sehen Grundrechte gefährdet
Von Björn Brodersen

Gegen die bereits von Branchenverbänden heftig kritisierte Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten spricht sich jetzt auch ein Bündnis auch Verbraucherschützern, Journalisten und Computerexperten aus. Zehn Verbände, darunter der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Chaos Computer Club (CCC), bezeichnen die geplante Datenspeicherung als "inakzeptabel". Sie bewirke keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, koste Millionen von Euro, gefährde die Privatsphäre und die Sicherheit Unschuldiger, beeinträchtige vertrauliche Kommunikation und ebne den Weg in eine immer weiter reichende Massenüberwachung der Bevölkerung, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Verbände.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht in den Plänen zur Vorratsdatenspeicherung eine Bedrohung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. "Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass nicht der Staat die Bürger, sondern die Bürger den Staat kontrollieren", so vzbv-Vorstand Edda Müller. Eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung bedeute den Einstieg in eine flächendeckende Überwachung der Nutzer digitaler Kommunikation. Das Prinzip der informationellen Selbstbestimmung drohe zunehmend zu einem Grundsatz der informationellen Fremdbestimmung zu werden.

Bundestag soll an Ablehnung der Massendatenspeicherung festhalten

Das Bündnis will nun die Vereinbarkeit einer Vorratsdatenspeicherung mit den Grundrechten gerichtlich überprüfen lassen. Die zehn Verbände fordern außerdem die Mitglieder des Bundestages auf, an ihrer im vergangenen Jahr erklärten Ablehnung der Massendatenspeicherung festzuhalten. Falls die Eu-Richtlinie nicht zu verhindern sei, müssten wenigstens die verbleibenden Spielräume zugunsten der Bürger und der Wirtschaft voll ausgeschöpft werden. Die Organisationen präsentieren einen Zehn-Punkte-Forderungskatalog zur nationalen Umsetzung der Richtlinie. So soll die Datenspeicherung und der Datenabruf auf ein Minimum beschränkt werden und die bestehende Identifizierungspflicht vor dem Abschluss von Telefon- und Handyverträgen aufgehoben werden.

Weitere Punkte sind die Ausschöpfung der maximalen Umsetzungsfrist bis Mitte 2007 (für Internetdaten bis Anfang 2009), eine Vorratsdatenspeicherung nur für die in der Richtlinie genannten Datentypen und nur für die Dauer von sechs Monaten sowie die Zulässigkeit des Zugriffs auf die Kommunikationsdaten nur zur Verhinderung oder Verfolgung schwerer Straftaten, wenn im Einzelfall der konkrete Verdacht einer solchen Tat besteht. Der Zugriff auf und die Verwertung von Informationen über die Kommunikation von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, anderen Berufsgeheimnisträgern sowie Journalisten soll den Vorstellungen der Verbände nach nur in Ausnahmefällen zugelassen werden.

Kompromissvorschlag der Koalitionsfraktionen

In der kontrovers geführten Debatte um die Speicherung von Telekommunikationsdaten, die Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung von Verbrechen helfen sollen, hatten sich die EU-Justizminister Anfang Dezember auf einen Richtlinientext verständigt, der inzwischen auch das EU-Parlament passiert hat und nun noch vom Ministerrat beschlossen werden muss. Die Richtlinie sieht vor, dass Telekommunikationsunternehmen Verbindungsdaten für einen Zeitraum von mindestens sechs und höchstens 24 Monaten speichern müssen. Deutsche Branchenverbände kritisierten vor allem die dadurch entstehenden Mehrkosten für die Unternehmen. Inzwischen zeichnet sich allerdings ein Kompromiss zwischen den Regierungsparteien und den betroffenen Unternehmen ab, der der Branche wesentlich entgegenkommt.