Markt

Mobilfunk-Discounter: Ist der Hype übertrieben?

Die Netzbetreiber verzeichnen stark wachsende Kundenzahlen
Von Björn Brodersen mit Material von ddp

Eigentlich gilt der deutsche Mobilfunkmarkt seit geraumer Zeit als fast gesättigt. Allen skeptischen Stimmen zum Trotz ist er im vergangenen Jahr aber überraschend stark gewachsen. Das zeigen die Kundenzahlen, die drei der vier Netzbetreiber jetzt veröffentlicht haben. Vor allem T-Mobile legte wie berichtet im vierten Quartal unerwartet stark zu. Bei den großen Steigerungsraten im Segment mit Guthabenkarten (Prepaid) bei allen Anbietern stellt sich die Frage, ob die neue Billigkonkurrenz wirklich so nennenswert wie oft berichtet eingeschlagen ist.

"Der Mobilfunkmarkt hat offenbar viel stärker zugelegt als alle gedacht haben", sagt HypoVereinsbank-Analyst Thomas Friedrich mit Blick auf die Zahlen von T-Mobile, Vodafone und o2. Gegenüber dem dritten Quartal habe die Branche in den drei Schlussmonaten des vergangenen Jahres noch einmal ein dickes Plus erzielt. Besonders den 810 000 Neukunden, die T-Mobile zwischen Oktober und Dezember gewann und mit denen die Bonner die Markterwartung von einer halben Million weit übertrafen, bewertet der Experte als "starke Leistung".

T-Mobile behauptet Marktführerschaft in Deutschland

Damit behauptet die Telekom-Tochter ihre Marktführerschaft in Deutschland, allerdings nur knapp: Mit 29,5 Millionen Nutzern liegt T-Mobile nur um 300 000 Kunden vor Vodafone. Der Konkurrent aus Düsseldorf verzeichnete in den Schlussmonaten mit 900 000 Neuzugängen das höchste Wachstum und übertraf aller Wahrscheinlichkeit auch E-Plus, die erst Anfang Februar über das abgelaufene Jahr berichten werden. o2 vermeldete mit 823 000 Newcomern nicht nur das beste Quartal in der Unternehmensgeschichte, sondern stellte T-Mobile ebenfalls in den Schatten. Insgesamt kratzen die Münchener jetzt an der Schwelle von zehn Millionen Kunden.

Besonders stark schnitt im Weihnachtsquartal der Prepaid-Bereich ab. Das bisherige Lieblingsgeschenk zum Fest, ein Handy mit Guthabenkarte, hat offenbar trotz der zunehmenden Konkurrenz von Billigmarken wie simyo, Blau.de oder zuletzt ALDI-Talk, die alle im E-Plus-Netz und ohne Einstiegspaket mit subventioniertem Handy angeboten werden, nicht an Attraktivität verloren. Das vermutet auch Paul Stodden, der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Mobilfunkproviders debitel: "Offenbar haben sich die preisaggressiven Anbieter doch noch nicht so durchgesetzt wie vermutet", sagt der Manager, der ein Plus von einer halben Million Prepaid-Kunden bei insgesamt 700 000 neuen Nutzern und auf der anderen Seite im höherwertigen Bereich den Absatz von 70 000 UMTS-Handy zu vermelden hat.

Netzbetreiber zählen Kunden der Mobilfunkprovider mit

Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Denn die Netzbetreiber weisen in ihren Kundenzahlen auch die Kunden der Mobilfunkprovider aus, die in ihrem Netz telefonieren. So bezog o2 bei seinem jüngsten Quartalszahlen die Zahl von 153 000 Tchibo-Mobilfunkkunden in seine Neukundenberechnung ein, insgesamt beträgt die Zahl der Tchibofonierer inzwischen knapp 600 000. Auch hinter den gemeldeten Zahlen der beiden D-Netz-Betreiber verbergen sich Kunden der Serviceprovicer: Von den wohl mehr als 70 000 simply-Kunden telefoniert zum Beispiel die Mehrheit im T-Mobile-Netz, nur ein Teil der Simply-Card-Altverträge gilt für das D2-Netz. Hinzu kommen bei T-Mobile unter anderem noch die klarmobil.de- und easyMobile-Kunden. In den Vodafone-Neukundenzahlen sind dagegen unter anderem auch Payback-Kunden mit dem so genannten Volkstarif berücksichtigt.

Mit genauen Zahlen halten sich die Netzbetreiber verdeckt. Ein Indiz für ihre anhaltende Stärke könnten die vorgelegten Zahlen dennoch sein. Schließlich fehlen hier mit E-Plus bislang noch die Ergebnisse des vierten Betreibers im Bunde und der weist die größte Anzahl an Billigmarken auf. Andererseits dürfte das Konzept der Discounter - günstige und einfache Preise für das Telefonieren und den SMS-Versand ohne Beiwerk - ausreichend starken Reiz auf viele wechselwillige Mobilfunkkunden ausüben. Die Discounter selbst sind jedenfalls von ihrer Dynamik und ihrer Wirkung auf den Markt überzeugt. Jüngstes Beispiel: Innerhalb von zwei Wochen griffen 300 000 Kunden bei ALDI Talk zu. Nur profitieren von solchen Zahlen eben auch die Netzbetreiber.