verteilt

Editorial: Teile und Herrsche

Immer ausgeklügeltere Minutenpakete benachteiligen den Kunden
Von

Anfang 1999 führte sie E-Plus auf dem deutschen Mobilfunkmarkt ein: Pakettarife, bei denen der Kunde gegen ein monatliches Entgelt ein günstiges Minutenpaket zum Festpreis erwerben kann. Beim "Time&More 1000" gab es beispielsweise 1000 Minuten für 299 Mark, entsprechend 152 Euro. Telefonierte man noch mehr, kostete die Extra-Minute in alle Netze nur 39 Pfennig, also 20 Cent. Gespräche zur Mailbox kosteten sogar nur 19 Pfennig/10 Cent. Der günstige Takt 10/10 war bereits inklusive. Zwei Wermutstropfen: Ungenutzte Minuten verfielen am Monatsende, und Fremdnetztelefonate waren mit dem Paket nicht möglich. Diese wurden ab der ersten Minute mit 20 Cent pro Minute berechnet. Wer weniger Bedarf hatte, konnte auch kleinere Pakete buchen, der Wechsel zwischen den Varianten war einmal im Monat kostenfrei möglich.

Ein Jahr nach Einführung von Time More stellte E-Plus die Preise um. Zwar sank beim Spitzenreiter das monatliche Entgelt von 299 auf 270 Mark. Doch dafür entfiel der günstige 10/10-Takt, und die Preise für Überminuten und Telefonate in Fremdnetze zur Hauptzeit wurden mehr als verdoppelt (von 19 auf 39 Pfennig für die Mailbox, von 39 auf 99 Pfennig für Verbindungen in die Fest- und Mobilfunknetze).

Inzwischen ist das größtmögliche Time&More-Paket komplett verschwunden, ebenso wie die günstige 10/10-Taktung. Überminuten kosten dafür nun rund um die Uhr selbst zur Mailbox 45 Cent pro Minute, entsprechend einer Preissteigerung um 350 Prozent. Fairerweise muss man dazu sagen, dass die beiden oben genannten Pferdefüße beseitigt worden sind: Nicht genutzte Minuten können in den Folgemonat übertragen werden, allerdings maximal im Umfang eines Minutenpakets, und die Inklusivminuten decken nun auch Telefonate in Fremdnetze ab.

Künftig Mond(phasen)preise?

Die Entwicklung geht weiter. Die Anbieter stellen immer kompliziertere Minutenpaketmodelle vor. Der Zweck: Dem Nutzer beim Vertragsschluss zu suggerieren, dass er besonders viel Gegenleistung fürs Geld bekommt. Verheddert sich der Kunde jedoch in den Konditionen, wird es teuer.

Jüngstes Beispiel Talkline: der Talkline 60 bringt für knapp 16 Euro monatlich ganze 60 Freiminuten mit. Das entspricht knapp 27 Cent pro Gesprächsminute. Setzt man den Wert der enthaltenen Handy-Subvention mit 10 Euro pro Monat an, ergibt sich sogar ein Minutenpreis von faktisch nur 10 Cent. Doch teilen sich die 60 Freiminuten in vier Unterpakete zu je 15 Minuten auf, die für Festnetztelefonate (werktags und wochenende getrennt!), netzintern/Mailbox und Fremdnetze gelten. Wer nicht mit Stoppuhr und Strichliste telefoniert, wird fast zwangsläufig eine oder mehrere der Pakete nur teilweise nutzen, und bei anderen übers Limit hinaus schießen. Mit 50 bis 60 Cent sind diese Überminuten dann aber alles andere als billig. Der Takt von 60/30 trägt sein Übriges dazu bei, dass die Minuten schnell weg sind.

Der Kreativität der Netzbetreiber sind keine Grenzen gesetzt. Wie wäre es mit der kostenlosen Astro-Hotline in Vollmondnächten? Was halten Sie von täglich fünf Freiminuten, selbstverständlich ohne Übertrag auf den nächsten Tag? Oder einem Losverfahren, bei dem man täglich per SMS/MMS erfährt, welche Inklusivleistung man heute abrufen kann?