wettbewerbsverzerrend?

Fernsehstreit: EU prüft Förderung von DVB-T

Kabelnetzbetreiber erringen Etappensieg
Von Marie-Anne Winter

Den Fernsehkabelbetreiber schmeckt der Ausbau der DVB-T-Gebiete gar nicht. Denn diese neue Konkurrenztechnik zum Übertragen digitaler TV-Programme über terrestrische Sender kostet die Nutzer derzeit gar nichts. Im Gegensatz dazu muss die Nutzung des TV-Kabels beim jeweiligen Anbieter extra bezahlt werden. Steht nun auch in immer mehr Gebieten kostenlos DVB-T zur Verfügung, gibt es für die privaten Konsumenten für die Grundversogung mit TV-Programmen eigentlich keinen Grund, auf das teurere Kabel zurückzugreifen.

Wie das Handelsblatt berichtet, haben die Kabelanbieter nun einen Etappensieg errungen. Es heißt, dass die EU-Kommission prüfe, ob die Förderung von DVB-T mit öffentlichen Mitteln unzulässig ist. Kommen die Wettbewerbsexperten zu diesem Ergebnis, sehen Experten das Projekt aus Mangel an Inhalten gefährdet.

"Es ist eine Wettbewerbsverzerrung erster Güte, dass DVB-T subventioniert und damit für den Kunden kostenlos wird", zitiert das Blatt Peter Charissé, den Geschäftsführer des Kabelbetreiberverbandes Anga. Man habe bereits Kunden verloren, die auf DVB-T umgestiegen seien, um sich die Gebühren für das Kabel zu sparen.

"Zweckentfremdung öffentlicher Gelder"

"Das ist eine Zweckentfremdung öffentlicher Gelder und ein ordnungspolitischer Fauxpas", klagt Georg Hofer, Chef von Kabel Baden-Württemberg. Diese beiden Anbieter haben sich bei der EU beschwert und auf diese Weise das Verfahren losgetreten.

Programmanbieter, die ihre Programme über DVB-T ausstrahlen lassen, erhalten Zuschüsse von den Landesmedienanstalten, um die damit verbundenen Mehrkosten zu decken. Es heißt aber nun, dass die Mittel erst ausgezahlt würden, wenn die EU grünes Licht geben sollte. Die Landesmedienanstalt von NRW fördert die Vermarktung des digitalen Antennen-Fernsehens noch zusätzlich mit einer halben Million Euro.

Die Medienanstalten geben sich angesichts der Beschwerden von den Kabelnetzbetreiber gelassen. Der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung offenbare Erinnerungslücken, weil die Einführung des Kabels auch fast ausschließlich mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, parierte Norbert Schneider, Chef des Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen die Vorwürfe. Die Kabelfirmen sagen ihrerseits, dass dieser Vorwurf die Mitgliedsunternehmen, die in der Regel die letzten Meter Kabel zum Endkunden betreiben, überhaupt nicht betreffe. Steuergelder seien allenfalls in die Kabelnetze geflossen, die der Deutschen Telekom gehörten. Diese Netze reichten meist bis zur Grundstücksgrenze, aber nicht in die Wohnzimmer.

Welche Summen in die Förderung von DVB-T fließen, könne niemand genau sagen, heißt es weiter. "Wir haben den gesetzlichen Auftrag, den digitalen Rundfunk zu fördern. Daraus leiten wir ab, dass wir mit einem Teil unserer Mittel DVB-T vorantreiben", erklärt die NRW-Medienanstalt.

Die Fernsehsender und die Hintertür

Die Fernsehsender haben offenbar schon vermutet, dass es hier Probleme geben könnte und sich eine Hintertür offen gehalten. Sollte die DVB-T- Förderung entfallen, kann etwa die Pro Sieben Sat 1 AG ihre Beteiligung an den Projekten vorzeitig beenden. Und ohne die Kanäle der Pro-Sieben-Gruppe wiederum würden die DVB-T-Nutzer wohl wegen der größeren Programmvielfalt zum Kabel zurückkehren - das ist zumindest die Hoffnung der Kabelnetzbetreiber.

Wie bereits berichtet sehen sie in dem neuen Fernsehangebot eine Bedrohung für ihre Investitionen in neue Angebote, die Fernsehangebote mit Internet und Telefonie kombinieren. Auch die Deutsche Telekom soll ein solches Angebot planen – mit Hilfe von DVB-T. In die für den Empfang von DVB-T notwendigen Geräte lässt sich ein Modem für einen schnellen Internetzugang integrieren. Telekom-Sparte T-Systems betreibt bereits DVB-T-Anlagen.

Vor allem ARD und ZDF sind Befürworter des digitalen Fernsehen per Antenne. ZDF-Intendant Markus Schächter bezeichnete das Angebot vor kurzem als "wichtigen Schritt ins mobile Fernsehzeitalter". Der Grund für diese Sicht: Durch die geringere Erhöhung der Rundfunkgebühren ab April 2005 sind die Öffentlich-Rechtlichen gezwungen, die teure analoge Ausstrahlung ihre Programme zu reduzieren. Die Lücken sollen durch DVB-T ausgeglichen werden. Und auch das mobilen Fernsehen, DVB-H genannt, macht rapide Fortschritte. Doch auch hier scheinen die technischen Probleme leichter zu lösen sein, als die regulatorischen. Die Übertragung der Programme auf die handlichen Endgeräte funktioniert mittlerweile, wer für die Ausstrahlung verantwortlich sein soll und was der Empfang kosten wird, ist noch ungeklärt.