festnetzgünstig mobil

Festnetz mobil und mobil ins Festnetz

Die Telekommunikationsbranche auf der Suche nach neuen Produkten
Von Marie-Anne Winter

Nach der Flaute, in der die eurpäischen Mobilfunkmärkte in den letzten Jahren dümpelten, macht sich nun ein Auffrischen der Brise bemerkbar. Die Stimmung auf der CeBIT war in diesem Jahr deutlich besser, neue Geräte und neue Dienste sollen wieder mehr Umsatz bringen. Weltweit soll die Zahl der Handynutzer von derzeit einer Milliarde um mindestens das Vierfache steigen, schreibt die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ). In vielen Regionen ersetzt das Handy den - bisher dort nicht vorhandenen - Festnetzanschluss. Doch auch hierzulande gibt es Bestrebungen, das Festnetz überflüssig zu machen. Der Geschäftsführer des Handyanbieters E-Plus, Uwe Bergheim, hat mit der Einführung der 3-Cent-Tarife angekündigt, das Handy zum "Kommunikationsinstrument mit Zugang zu Sprach- und Datendiensten" für alle Lebenslagen machen zu wollen. Allerdings sind diese Tarife in vieler Hinsicht noch nicht attraktiv genug, um sie zur ernsthaften Konkurrenz zum Festnetz werden zu lassen. Auch Vodafone und T-Mobile wollen mit Tarifen wie "Happy Wochenende", "Happy Hour" oder "Relax" den Kunden dazu bringen, öfter zum Handy zu greifen. Aber auch diese Tarife haben ihre Tücken - wirklich festnetzgünstig sind sie mit Sicherheit nicht.

Chancengleichheit verletzt?

Der Hamburger Regoinalcarrier Hansenet sieht in den Preissenkungen der Mobilfunkanbieter sogar einen Fall für die Regulierungsbehörde. Die Chancengleichheit sei verletzt, da Festnetzbetreiber an die Betreiber der Mobilfunknetze für Gespräche zum Handy pro Minute 17 Cent zahlen müssten. Die Mobilfunkbetreiber würden dagegen nur 1 Cent an die Festnetzanbieter bezahlen und verlangten selbst nur 3 Cent für Gespräche vom Handy ins Festnetz von ihren Kunden.

Fakt ist, dass es in Deutschland heute bereits mehr Handy- als Festnetzanschlüsse gibt. Aber bis zu 90 Prozent aller Gespräche werden noch übers Festnetz geführt. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern - es ist jetzt schon so, dass vor allem Orts- und Nahgesprächen zunehmend über Mobilanschlüsse abgewickelt werden. die Regulierungsbehörde legte in ihrem Tätigkeitsbericht 2003 entsprechende Zahlen vor. Der Mobilfunkkonzern Nokia hält einen Rückgang der Festnetzgespräche auf einen Anteil von 50 Prozent bis zum Jahr 2007 für realistisch.

Zuwächse werden vor allem im mobilen Datenverkehr erwartet. Zur Zeit versuchen die Anbieter ihren Kunden das Surfen per Handy schmackhaft zu machen. UMTS mit Übertragungsraten von derzeit bis zu 384 Kilobit pro Sekunde, also mit etwa sechsfacher ISDN-Geschwindigkeit, böte eine Alternative zum festen DSL-Zugang - aber auch hier liegt es nicht nur an den Endgeräten, sondern auch an den Preisen für die Datenübertragung, dass die Kunden nicht so richtig loslegen wollen.

Nichtsdestotrotz steigen die Anteile der Datendienste am Gesamtumsatz stetig. Vodafone zum Beispiel macht bereits 17 Prozent seines Umsatzes mit Datendiensten - mit steigender Tendenz. Mittelfristig will das Unternehmen mindestens 20 Prozent erreichen.

Musik und festnetzgünstiges Surfen

Anbieter wie o2 wollen mit Angeboten wie der surf@home-box ab Herbst das mobile Surfen im Internet auch zu Hause unterstützen. Der Mobilfunker verspricht damit einen mobilen Internetzugang zu Festnetz-Kosten - genaue Preise sind allerdings noch nicht bekannt.

Hoffnungen setzen die Mobilfunkanbieter auch auf den Vertrieb von Musik. Wie wir bereits berichteten, werden jetzt schon mehr Klingeltöne als Single-CDs verkauft. Einige Studien gehen davon aus, dass UMTS-Handys den CD-Player ersetzen werden.

Neue Chips und Speichermedien werden die nächsten Handygenerationen sehr viel leistungsfähiger machen als die derzeigen Geräte sind. Der Präsident von Intel, Paul Otellini, geht davon aus, dass Moores Gesetz jetzt auch die Entwicklung der Mobiltelefone bestimmt. Portalanbieter wie Jamba erwarten einen explosiven Wachstum bei Multimedia-Downloads.

Auch im Festnetz setzen die Unternehmen zunehmend auf Multimedia: Siemens stellte kürzlich mit dem Gigaset SL740 ein Schnurlostelefon mit Multimediafähigkeiten vor. Und die Telekom präsentierte bereits den Festnetzanschluss von morgen, mit dem mobile VoIP-Gespräche weltweit zum Tarif des Heimanschlusses möglich sein sollen.

Angesichts dieser Aussichten bleibt die Frage, wo das Rennen um die Kunden letztendlich enschieden wird: Im mobil gewordenen Festnetz oder in den festnetzgestützten Mobilnetzen.