Urheberrecht

Privatkopie: "Knacken" verboten, Brennen erlaubt

Trotz neuem Urheberrechts werden CD- und DVDs weiter auf Hochtouren gebrannt
Von dpa / Thomas Wischniewski

Seit einem halben Jahr gibt es in Deutschland ein neues Urheberrecht, doch die CD- und DVD-Brenner laufen weiter auf Hochtouren. Auch wenn das Knacken des Kopierschutzes nun verboten ist, es lässt sich kaum kontrollieren, was der Bürger auf seinem privaten Rechner treibt. Und obwohl der Verkauf von Software zum Umgehen des Kopierschutzes ebenfalls verboten ist - im Umlauf sind genug Programme, um jede Silberscheibe zu knacken. Wer einen Kopierschutz umgeht, macht sich zwar nicht strafbar, kann aber mit Schadenersatzforderungen der Rechte-Inhaber konfrontiert werden.

Sind nur zehn Prozent aller verkauften CDs kopiergeschützt?

Laut dem Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft [Link entfernt] kann eine Musik-CD nur dann legal gebrannt werden, wenn das Original keinen Kopierschutz hat. Weitere Einschränkung: Der Verbraucher darf keine Privatkopien aus "offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlagen" herstellen. Das bezieht sich vor allem auf Musiktauschbörsen im Internet. Nach Schätzungen des Bundesverbands der Phonographischen Wirtschaft [Link entfernt] sind seit 2001 etwa zehn Prozent aller verkauften CDs kopiergeschützt - vor allem Werke von Topstars und Sampler. DVDs sind fast alle mit Kopierschutz ausgestattet - gegen den es aber auch reichlich Abhilfe gibt.

"Mit diesem Gesetz kann keiner zufrieden sein", sagt Thomas Hoeren, Leiter des Instituts für Medienrecht der Universität Münster. "Einerseits wird die digitale Privatkopie bejaht, allerdings unter Beachtung des Kopierschutzes. Andererseits mache ich mich bei einer Umgehung nicht strafbar. Das ist ein Jein-Gesetz." Das Recht des Verbrauchers auf eine digitale Privatkopie wird nach Ansicht des Wissenschaftlers faktisch abgeschafft. Hoeren sieht damit die vom Grundgesetz garantierte Informationsfreiheit gefährdet. Kritik kommt auch vom Verbraucherzentale Bundesverband (vzbv). Begriffe wie "offensichtlich rechtswidrig" hält die Organisation für wenig aussagekräftig. Außerdem müssten die Privatkopie und ihre erlaubte Zahl genauer definiert werden.

Der Streit hält an

So geht der Streit um den Kompromiss weiter. Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft ist ebenfalls unzufrieden. "Das Gesetz reicht nicht aus, wir brauchen weitere Regelungen. Digitale Privatkopien müssen eingeschränkt werden", sagt Hartmut Spiesecke, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 2002 hätten private Haushalte rund 520 Millionen CD-Rohlinge erworben, etwa 259 Millionen davon wurden mit Musik bespielt. Das seien rund 100 Millionen Stück mehr als verkaufte CD-Alben. Das Ausmaß der Einbußen durch Kopien sei gewaltig. Spiesecke: "Der Wert von Musikkopien lag in Deutschland 2002 bei rund fünf Milliarden Euro. Wären nur zehn Prozent davon gekauft statt kopiert worden, hätten wir ein erfolgreiches Jahr gehabt."

Der kommende zweite Teil der Reform dreht sich neben der strittigen Privatkopie vor allem um Vergütungssysteme. Einig sind sich die Beteiligten, dass Privatkopien bezahlt werden müssen und illegales Brennen von Musik oder Filmen kein Kavaliersdelikt ist. Die Phonographische Wirtschaft plädiert für individuelle Vergütungssysteme. Wer eine Musik-CD kauft, müsste dann zum Beispiel für das Recht auf eine digitale Kopie zwei Euro extra investieren. Medienrechtler Hoeren setzt sich für eine Erhöhung der Abgaben auf CD-Rohlinge ein. Die Bürgerinitiative privatkopie.net schlägt vor, dass Surfer, die per Breitband ins Internet gehen, rund drei bis fünf Euro an eine Verwertungsgesellschaft zahlen; Modem-Nutzer etwa zwei Euro.

Zweite Stufe der Urheberrechtsreform steckt noch in der Planung

Nach Auffassung der Verbraucherzentrale hat sich das bisherige System von Pauschalabgaben bewährt. Sollte sich allerdings die individuelle Vergütung per Digital Rights Management (DRM) durchsetzen, müssten die Pauschalabgaben sinken. Mit DRM lassen sich digitale Inhalte verwalten und kontrollieren. Anbieter können überprüfen, wie Musik, Filme, Texte oder Bilder genutzt werden und entsprechend abrechnen. Aus Gründen des Datenschutzes und der technischen Machbarkeit ist DRM allerdings umstritten. Über die verschiedenen Vergütungssysteme berät eine vom Bundesjustizministerium eingesetzte Arbeitsgruppe, im Mai soll ihr Bericht vorliegen. Wann die zweite Stufe der Urheberrechtsreform kommt, ist noch nicht abzusehen.