TKG-Novelle

BITKOM: Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten bedenklich

"Vorratsdatenspeicherung widerspricht grundlegenden datenschutzrechtlichen Prinzipien"
Von Marie-Anne Winter

Vor einigen Tagen berichteten wir bereits über die Bauchschmerzen der Datenschützer angesichts des neuen TKG-Entwurfs. Insbesondere die längere Speicherdauer der Verbindungsdaten ist in der Kritik. Auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) äußert sich besorgt über die Forderung des Bundesrats-Innenausschusses, dass in Deutschland alle elektronischen Kommunikations-Verbindungsdaten zwölf Monate gespeichert werden müssten. Den Sicherheitsbehörden soll damit der Zugriff auf diese Daten ermöglicht werden.

BITKOM-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder wendet ein: "Eine solche Vorratsdatenspeicherung widerspricht grundlegenden datenschutzrechtlichen Prinzipien. Alle Deutschen würden wie potenzielle Verbrecher behandelt - es droht hier der gläserne Bürger." Die Unternehmen der Telekommunikation und der Internet-Wirtschaft würden verpflichtet, riesige Datenmengen anzulegen. Rohleder bezweifelt zudem den Nutzen dieser massenhaften Speicherung von Verbindungsdaten. Wirklich ermittlungsrelevante Informationen könnten im anfallenden Datenwust nur noch äußerst aufwändig gefunden werden.

Hintergrund: Der Bundesrats-Innenausschuss will die Unternehmen der Telekommunikations- und Internet-Wirtschaft verpflichten, alle Telefon- und Internet-Verbindungsdaten für mindestens zwölf Monate zu speichern, damit die Sicherheitsbehörden bei Ermittlungen rückwirkend auf diese Daten zugreifen können. Verbindungsdaten sind - im Unterschied zum Inhalt - alle technischen Parameter der Kommunikation: Wann hat wer von wo jemanden angerufen? Wann hat wer wem eine E-Mail geschickt? Nach dem Willen des Innenausschusses soll die massenhafte Speicherung dieser Daten Teil des neuen Telekommunikationsgesetzes werden, das ab Januar im Bundestag beraten wird.

"Eine solche Regelung würde die bisherige Rechtslage auf den Kopf stellen", kommentiert Rohleder. Bislang gelte der Grundsatz, dass die Verbindungsdaten bei der Nutzung von Telefon oder Internet sofort zu löschen sind, sobald sie nicht mehr benötigt werden. "Dies entspricht den grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Prinzipien der Datenvermeidung und Datensparsamkeit", führt Rohleder aus."Und dabei sollte es auch in Zukunft bleiben, denn der beste Datenschutz ist immer noch, wenn möglichst wenige Daten gesammelt werden."

Immenser technischer Aufwand

Außerdem würden die Regelung bei den betroffenen Unternehmen zu massiven Belastungen führen, weil sie riesige Datenmengen speichern und gegen unbefugten Zugriff sichern müssten. "Nimmt man allein den E-Mail-Verkehr bei einem einzigen größeren Internet-Provider, ergeben sich bei der geforderten zwölfmonatigen Dauer etwa 30 000 Gigabyte gespeicherter Daten. Ausgedruckt und abgeheftet wären das 3000 Kilometer Ordner", rechnet Rohleder vor. "Das ist mehr als die Strecke von Berlin bis Kairo. Für die Sicherheitsbehörden relevant sind davon am Ende vielleicht 10 Meter."

Zur Speicherung der Verbindungsdaten aller Telefongespräche und Internet-Verbindungen bräuchte man, so Rohleder weiter, Lagerhallen voller Datenspeicher. Nur noch mit riesigem technischem und personellem Aufwand wäre es überhaupt möglich, in diesem Datenwust gezielte Informationen zu finden. Der ganze Aufwand stehe dabei in keinem Verhältnis zu dem vielleicht erzielbaren Ermittlungserfolg. "Hier wird weit über das Ziel hinaus geschossen", stellt Rohleder fest. Ohnehin könnten Terrorgruppen oder die organisierte Kriminalität unproblematisch ausländische Mobilfunkanschlüsse nutzen, die nicht überwacht werden, oder im Internet Anonymisierungs- und Verschlüsselungstechniken einsetzen.

Rohleder fordert daher: "Die Bundesländer sollten dieser verfassungsrechtlich bedenklichen und praktisch unsinnigen Vorratsdatenspeicherung im Bundesrat eine klare Absage erteilen."