Datenschutz

TKG-Entwurf: Datenschützer sehen gravierende Mängel

Verlängerte Speicherzeit für ungekürzte Zierufnummern in der Kritik
Von Marie-Anne Winter

Die Bundesregierung hat nach langem Hinundher am 15. Oktober 2003 den Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz beschlossen. Die intensive Diskussionen zwischen den verschiedenen Interessenvertretern sind aber noch immer nicht abgeschlossen. Jetzt haben auch die Datenschützer ihre Bedenken angemeldet. In einer Entschließung [Link entfernt] der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder wird kritisiert, dass grundsätzlich alle entstehenden Verkehrsdaten (also auch alle Zielrufnummern) von den Anbietern unverkürzt bis zu sechs Monaten nach Versendung der Rechnung zu speichern sein sollen.

Damit würde ohne Not und ohne überzeugende Begründung eine Regelung aufgegeben, die bisher die Speicherung von verkürzten Zielrufnummern vorsieht, wenn die Kundinnen und Kunden sich nicht für die vollständige Speicherung oder vollständige Löschung entscheiden. Die bisherige Regelung berücksichtige in ausgewogener Weise sowohl die Datenschutz- als auch die Verbraucherschutzinteressen der beteiligten Personen und habe sich in der Praxis bewährt.

Die inzwischen vom Rechtsausschuss des Bundesrates vorgeschlagene Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate befinden die Datenschützer für "vollends inakzeptabel". Gegen eine solche Regelung bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Problematisch sei, dass die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung dazu führen würde, dass Millionen von Verkehrsdatensätzen selbst dann noch unverkürzt gespeichert blieben und dem Zugriff anderer Stellen ausgesetzt seien, wenn die Diensteanbieter sie für ihre Abrechnungszwecke nicht mehr benötigen würden.

Zwar sei im Entwurf weiterhin vorgesehen, dass die Kundinnen und Kunden verlangen können, dass die Speicherung der Zielrufnummern gekürzt erfolgt oder die Daten nach Rechnungsversand gelöscht werden. Davon werde aber nur eine Minderheit Gebrauch machen, argumentieren die Datenschützer. Die Beibehaltung des bisherigen angemessenen Datenschutzstandards sollte aber nicht von der Initiative der Betroffenen abhängig gemacht werden. Auch für die Kunden, die nicht ausdrücklich einer weitergehenden Speicherung zustimmen, sollte es keine Verschlechterung der Datenschutzstandards geben.

Datenschützer gegen Identifikationspflicht von Prepaid-Nutzern

Auch die Zwangsidentifizierung beim Erwerb von Prepaid-Karten haben die Datenschutzbeauftragten stets als gesetzwidrig kritisiert. Sie sehen sich jetzt in dieser Auffassung durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2003 bestätigt. Gleichzeitig wenden sie sich gegen die mit der TKG-Novelle geplante Einführung einer derartigen Identifikationspflicht. Wer ein solches Handy kaufe, würde es häufig verschenken oder weitergeben, deshalb seien die Käufer in vielen Fällen ohnehin nicht mit den tatsächlichen Nutzer identisch. Deshalb brächte die "verdachtlose Datenspeicherung auf Vorrat" keinen nennenswerten Informationsgewinn für die Sicherheitsbehörden.

Fakt ist allerdings, dass es in Deutschland trotzdem keine anonymen Prepaid-Karten zu kaufen gibt und sich daran in nächster Zeit auch nichts ändern wird.

Und schließlich kritisieren die Datenschutzbeauftragen die Öffnung beim Zugriff auf Passwörter, PINs, PUKs usw., mit denen die Inhalte oder nähere Umstände einer Telekommunikation geschützt werden. Diese sollen künftig an Strafverfolgungsbehörden, Polizei und Nachrichtendiensten ausgeliefert werden können - ohne die Bindung an einen Straftatenkatalog oder einen Richtervorbehalt. Die Datenschützer befürchten, dass von dieser Befugnis in Zukunft unkontrolliert Gebrauch gemacht werden könnte. Zu Bedenken geben die Datenschützer auch, dass diese Befugnis eigentlich unsinnig sei, weil die Anbieter solche Daten aus Gründen der Datensicherheit für sie selbst unlesbar verschlüsselt speichern würden.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern den Gesetzgeber auf, den Gesetzes-Entwurf in den genannten Punkten zu korrigieren und den gebotenen Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses sicherzustellen.

Auch die Initiative stop1984 [Link entfernt] hat unter der Überschrift "Forderungen an ein ausgewogenes TKG" eine umfassende Kritik [Link entfernt] an der TKG-Novelle vorgelegt. Auch hier wird immer wieder betont, dass die informelle Selbstbestimmung der Kunden und Anrufenden höher zu bewerten sei als das staatliche Interesse an Überwachung und Strafverfolgung. So sei die vorbeugende Installation von Überwachungsanlagen in Telekommunikationssystemen mit der Unschuldsvermutung nicht vereinbar.