Visionen

Fernsehen per Internet - kommen endlich neue Inhalte?

T-Online will "Vision on TV" vorantreiben
Von dpa / Marie-Anne Winter

Einschalten und abschalten - diese wunderbaren Zeiten des passiven Fernsehgenusses könnten bald vorbei sein. Durch die Kombination mit Breitband-Internet soll das Fernsehen interaktiv werden. Bislang gab es zwar kaum auf den Fernseher abgestimmte Internetinhalte - doch das soll sich jetzt ändern. T-Online will Ende dieses Jahres mit seinem Breitband-Portal das Wohnzimmer der Zuschauer erobern und betritt dabei Neuland in der Fernsehwelt.

"T-Online Vision on TV" wird Internet und E-Mails über den Fernseher zugänglich machen und soll zudem interaktive TV-Angebote und Video on Demand enthalten. Die Zusammenarbeit mit TV-Sendern und Filmanbietern steht allerdings noch in den Sternen. Ebenso unklar ist, ob überhaupt ein Bedarf an interaktiven Diensten über den Fernseher besteht. Um lediglich im Internet zu surfen, stellt das TV-Gerät auch künftig keine Alternative zum PC dar.

"Video on Demand wird sicherlich eines der Highlights von T-Online Vision on TV sein", sagt Thomas Holtrop, Vorstandsvorsitzender der T-Online International AG mit Sitz in Darmstadt. Dabei könne der Kunde - ähnlich wie im Hotel - aus einer begrenzten Anzahl von Top-Kinofilmen in nahezu DVD-Qualität auswählen. Falls ihm die Auswahl an Filmen nicht reicht, bietet die Online-Videothek weitere Filme in DSL-Qualität. Die Preise werden zwischen drei und fünf Euro pro Film liegen, ergänzt Martin Frommhold, Sprecher von T-Online. Aktuelle Kinofilme seien wahrscheinlich kurz vor der DVD-Veröffentlichung über das Internet abrufbar.

Durch die Kombination mit dem Internet ließe sich das Fernsehen zukünftig interaktiv gestalten. "Der Zuschauer könnte bei Quizshows wie "Wer wird Millionär?" über das Internet live mitraten oder per Knopfdruck bei "Deutschland sucht den Superstar" abstimmen", so Frommhold. Auch an Talkshows könnte sich der Nutzer direkt beteiligen.

Zusätzlich seien Bestellmöglichkeiten geplant: So ließen sich zu einem Veranstaltungstipp gleich die passenden Tickets anbieten. Derzeit werde aber noch über die Film-Auswahl und konkrete interaktive Angebote verhandelt. Das Portal sei von der Auflösung her für den Fernseher optimiert, ein Electronic Program Guide (EPG) biete zudem eine Programmzeitschrift mit begleitenden Informationen.

Für das Angebot benötigt der Zuschauer neben einem DSL-Anschluss eine Set-Top-Box wie das Activy Media Center von Fujitsu Siemens. "Interaktiv Fernsehen, im Internet surfen und Freunden E-Mails schreiben: All das ist jetzt möglich, ohne zwischen PC und Fernseher hin und her zu wechseln", sagt Adrian von Hammerstein, Chef von Fujitsu Siemens Computers (FSC) mit Deutschlandsitz in Bad Homburg.

Internet und Fernsehen ließen sich dabei in zwei getrennten Fenstern gleichzeitig bedienen, erklärt Björn Fehrm, Executive Director von FSC. So könne der Zuschauer während einer Sendung Zusatzinformationen aus dem Internet abrufen. "Wer ausschließlich im Internet surfen will, wird dafür aber auch weiterhin den PC nutzen", meint Fehrm. Das Gerät spielt auch Audio-CDs, DVDs, MP3- und Windows-Media-Dateien ab und dient mittels einer integrierten Festplatte als digitaler Videorekorder. In der günstigsten Ausführung werde es knapp unter 1 000 Euro kosten.

Eine Neuheit sind Internetanschlüsse für den Fernseher nicht: Bereits 1998 präsentierte die Firma Loewe den ersten internetfähigen Fernseher und ein eigenes, fernsehtaugliches Internetportal. "Damals wurden wir noch schief angesehen, weil sich niemand vorstellen konnte, Internet über den Fernseher zu nutzen", erinnert sich Marc Boehringer, Produktmarketing-Leiter von Loewe in Kronach (Bayern). Inzwischen sei die Zahl der verkauften Geräte in den fünfstelligen Bereich gestiegen. Auch in den USA gibt es das Internetfernsehen schon seit Jahren.

Bezüglich interaktiver TV-Inhalte herrsche aber immer noch großer Erklärungsbedarf - den meisten Zuschauern sei interaktives Fernsehen kein Begriff, sagt Professor Axel Hartz, Leiter des Fachbereichs Electronic Media an der Stuttgarter Hochschule der Medien. Bei bestimmten Formaten beteilige sich aber bereits eine große Gruppe von Zuschauern per Telefon aktiv am Fernsehprogramm - dies habe die Sendung "Deutschland sucht den Superstar" eindrucksvoll bewiesen. Bei TED-Abstimmungen oder Verkaufssendungen sieht Hartz daher gute Chancen für interaktive Dienste über den Fernseher.

Um im Internet zu surfen, stelle der Fernseher bislang keine Alternative zum PC dar. Normale Internetseiten würden auf dem Fernseher falsch dargestellt, da sie für eine andere Auflösung konzipiert seien: So erschienen sie auf dem TV-Monitor optisch wenig ansprechend und seien schlechter bedienbar. Bei E-Mails sei die grafische Aufmachung zwar weniger wichtig - aber es sei fraglich, ob Anwender diese vom Sofa aus nutzen wollen.