Zahlungsunfähig!?

MobilCom-Gründer Schmid stellt Insolvenzantrag (aktualisiert)

Zahlungsunfähigkeit bei weiterem Wertverfall seiner Aktienpakete droht
Von dpa / Hayo Lücke

Das Enfant terrible der Telekommunikationsbranche, Gerhard Schmid, ist immer für eine Überraschung gut. Wenn andere Manager sich bei drohendem Ungemach am liebsten aus der Öffentlichkeit zurückziehen, kommt der Gründer des Telekommunikationsdienstleisters MobilCom richtig in Fahrt. So setzte er den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein privates Vermögen gleich wieder medienwirksam in Szene. Schmid hat am vergangenen Freitag ein Insolvenzverfahren über sein privates Vermögen beantragt. Der Grund sei eine drohende Zahlungsunfähigkeit bei einem sich weiter fortsetzenden Wertverfall seiner MobilCom-Aktien, teilte Schmids Agentur heute in Frankfurt mit. Betroffen seien neben den Aktien auch weitere private Vermögenswerte wie Immobilien. Das Amtsgericht Flensburg habe den Hamburger Wirtschaftsprüfer Otto Gellert zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Schmid und die Firma seiner Ehefrau halten gemeinsam rund 42 Prozent der MobilCom-Anteile. Die Aktien haben in den vergangenen Monaten und Jahren stark an Wert verloren, weil das Unternehmen nur knapp einer Insolvenz entgangen war.

Schlagzeilen hat Schmid reichlich geschrieben. Die Zerrüttung zwischen ihm und dem früheren MobilCom-Partner France Télécom wuchs sich im vergangenen Jahr zu einem öffentlichen Scheidungskrieg aus, bei dem der 50-Jährige immer wieder nachlegte. Schließlich stand für den Großaktionär sein Anteilsbesitz an MobilCom auf dem Spiel.

Ohne Schmids Tatendrang - Schnelligkeit, Flexibilität und Risikofreude - wäre das "kapitalistische Märchen" vom Aufstieg seiner Firma in der norddeutschen Provinz nicht denkbar gewesen. Schon sein Studium der Betriebswirtschaft hatte sich der Sohn eines Maurers und einer Hausfrau aus dem fränkischen Selb als Eishockey-Trainer beim ERC Selb selbst finanziert. Beruflich stieg der Franke 1977 gleich als Vorstandsassistent bei der im Ort ansässigen Porzellanfabrik Hutschenreuther ein. Später, als Marketingchef des Münchner Autovermieters Sixt, wurde Schmid klar, welches Marktpotenzial Mobiltelefone nicht nur im Auto haben. Er wagte 1991 mit einer Sekretärin und einer Mobilfunk-Lizenz den Sprung in die Selbstständigkeit.

Aus dieser Keimzelle baute Schmid einen zunächst schlagkräftigen Konzern auf, der den Telekom-Markt mit Niedrigpreisen erschütterte. An finanzielle Grenzen stieß der Mobilfunkpionier, als er in den verheißungsvollen neuen Mobilfunkstandard UMTS investieren wollte. Zur Finanzierung der milliardenteuren Lizenz holte sich Schmid France Télécom ins Boot. Als der hochverschuldete französische Staatskonzern das UMTS-Geschäft stoppen wollte, gerieten die Partner in Streit. Im Machtkampf um die Konzernstrategie musste Schmid gehen, außerdem machten die Franzosen die Einsetzung eines Treuhänders für dessen Aktien zur Bedingung.

Die endgültige Einigung mit Schmid, in die auch die Bundesregierung eingeschaltet war, wuchs sich im vergangenen Herbst zu einem wochenlangen Verhandlungspoker und einer Zitterpartie für das von Insolvenz bedrohte Büdelsdorfer Unternehmen aus. Schließlich unterschrieb Schmid den Treuhändervertrag, mit dem seine Aktien auf den früheren RTL-Chef Helmut Thoma übertragen wurden.

Doch von Ruhe keine Spur. Gleich zu Jahresbeginn 2003 war wieder von Schmid zu hören. Entgegen den Abmachungen will er seine Aktien auf den Hamburger Sanierer Otto Gellert übertragen, der nun als Insolvenzverwalter eingesetzt ist. Zudem werden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kiel gegen Schmid und Millenium, die Firma seiner Frau Sybille Schmid-Sindram, wegen des Verdachts der Untreue bekannt. Mit dem Insolvenzantrag scheint ein Ende von Schmids einst strahlender Karriere gekommen.