mühsames Ringen

Deutschland weiter für nationale Regulierung der Telekommärkte

Auf schnelle Änderungen im Markt schneller reagieren
Von dpa / Marie-Anne Winter

Deutschland will die Regulierung der Telekommunikationsmärkte in Europa möglichst in nationaler Zuständigkeit belassen. "Wir wollen angesichts eines sich schnell verändernden Marktes vor allen Dingen eine hohe Geschwindigkeit bei den Entscheidungen", sagte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministeriums, Alfred Tacke, am Donnerstag beim EU-Telekomrat in Brüssel zur Begründung. Eine zusätzliche Entscheidungsverlagerung auf europäische Ebene bedeute weitere Verzögerungen.

Bei dem Treffen rangen die für Telekommunikation zuständigen Minister um einen Kompromiss, der eine Annäherung an die Forderung des Europäischen Parlaments bedeutet. Dieses will Entscheidungskompetenzen an die EU-Kommission [Link entfernt] abgeben, damit in der Union letztlich nach einheitliche Regelungen reguliert werden kann.

Auch innerhalb des Ministerrates ist eine Reihe von EU-Ländern nun offenbar entgegen ihrer früheren Position für diesen Vorschlag. Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten aber wollen nach Angaben aus Delegationskreisen die Entscheidungen so lange den nationalen Regulierungsbehörden überlassen, bis der europäische Telekommarkt vollständig liberalisiert und damit jede Art der Regulierung überflüssig ist.

Ein möglicher Kompromiss könnte darin bestehen, der EU-Kommission ein Mitspracherecht in bestimmten grenzüberschreitenden Fällen, wo mutmaßliche Marktbarrieren bestehen, einzuräumen. Der EU-Ministerrat steht unter Zeitdruck, weil ein neuer EU-Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation noch in diesem Jahr unter Dach und Fach gebracht werden soll. Es muss daher den Wünschen des EU-Parlamentes entgegen kommen, das in der kommenden Woche in zweiter Lesung über das Telekom-Paket abstimmen will.

Kommt es zu keiner Einigung, wird sich eine Verabschiedung der verschiedenen Richtlinien erheblich verzögern, die als Paket zur weiteren Liberalisierung der Telekommärkte führen sollen. In den kommenden Tagen werden nach Angaben aus informierten Kreisen nun alle beteiligten Parteien hinter verschlossenen Türen über einen Kompromiss verhandeln. "Es ist nicht sicher, dass wir eine Lösung finden, aber auch nicht ausgeschlossen", sagte der belgische Telekommunikationsminister und amtierenden Ministerratsvorsitze Rik Daems.

Der europäischen Industrieverband UNICE, dem nach eigenen Angaben 16 Millionen Unternehmen aus 26 europäischen Ländern angehören, sprach sich für ein Vetorecht der EU-Kommission aus. Ohne eine europäische Zentralstelle zur Regulierung werde es keinen gemeinsamen Telekommarkt geben, hieß es in einer Mitteilung.

Nach Angaben der CSU-Europaabgeordneten und Telekomexpertin Angelika Niebler erreichte der Gesamtumsatz der Telekommunikationsmärkte in der EU im Jahr 2000 etwa 218 Milliarden Euro. Dies entspreche einer Zuwachsrate von 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Betreiber von Auslands- und Ferngesprächen bezifferte sie auf gut 460. Das schnellste Wachstum gebe es im Bereich der Mobilfunkdienste.