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TKÜV: Provider müssen Ermittlern die Überwachung ihrer Kunden ermöglichen

Neue Telekommunikations-Überwachungsverordnung heute beschlossen
Von Marie-Anne Winter / dpa

Anbieter von Telefon- und Internetdiensten müssen Ermittlungsbehörden künftig bei einer entsprechenden Anordnung die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs ihrer Kunden ermöglichen. Das Kabinett in Berlin beschloss dazu heute eine Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV [Link entfernt] ). Sie gilt etwa für Telefon- und Mobiltelefongespräche, Faxe, E-Mails oder SMS.

Darin werden jedoch nur die technischen und organisatorischen Vorkehrungen geregelt, die die Anbieter von öffentlichen Telekommunikationsdiensten treffen müssen, um die Überwachung der Telekommunikation zu gewährleisten. Der rechtliche Rahmen für solche Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis soll angeblich unverändert bleiben, weil dieser in anderen Gesetzen abgesteckt sei. Abhöraktionen sind nach wie vor nur beim Verdacht bestimmter schwerer Straftaten erlaubt.

Bei Vorlage einer in der Regel richterlichen Anordnung hat jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste anbietet, die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation sicher zu stellen. Ob und in welchem Umfang hierfür beim Betreiber Vorkehrungen zu treffen sind, ergibt sich aus der Überwachungsverordnung, die jetzt auch die neuen elektronischen Dienste mit einbezieht.

Trotzdem gab es an dem Entwurf der TKÜV schwerwiegende Kritik, nicht nur von den betroffenen Providern, die einen erheblichen Mehraufwand befürchten, sondern auch von verschiedenen Institutionen wie der Gesellschaft für Informatik (GI). Erhebliche Bedenken gegen die neue Verordnung regten sich selbstverständlich auch bei den Datenschützern.

Dass die Vorlage jetzt so glatt durchgegangen ist, dürfte in erster Linie (man mag es schon gar nicht mehr ausformulieren) eine Folge der Ereignisse des 11. September sein. So verständlich der Reflex der Politiker ist, der Bekämpfung von Straftaten jetzt erste Priorität einzuräumen, so sehr muss davor gewarnt werden, durch die Preisgabe von Persönlichkeitsrechten - denn genau das ist die Konsequen der Massnahmen zur besseren Überwachung aller Bürger - ein trügerisches Sicherheitsgefühl zu erkaufen. Theoretisch hätten die Attentatsvorbereitungen auch mit den bisherigen Überwachungsmöglichkeiten entdeckt werden können, wenn man nur gewusst hätte, worauf man achten muss. Es ist nicht anzunehmen, dass man das künftig besser weis - im Gegenteil, je mehr Daten zu sichten sind, desto weniger wird dabei auffallen.