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Branchenexperten: T-Online muss mehr Inhalte bringen

Zugangsgeschäft bringt kaum noch Gewinne
Von dpa / Frank Rebenstock

Schonfrist vorbei, jetzt folgen Taten: Thomas Holtrop, der neue Vorstandschef der T-Online International AG (Darmstadt) macht Dampf. Was sein Vorgänger Wolfgang Keuntje nicht schaffte, soll jetzt der ehemalige Banker richten: Die angeschlagene Telekom-Tochter in die Gewinnzone führen und zu einem Internet- Anbieter von internationalem Format machen. Am kommenden Dienstag will der 45-Jährige Manager in Berlin die neue Konzernstrategie des größten europäischen Onlinedienstes präsentieren.

Ein erstes Zeichen hatte Holtrop schon vor wenigen Wochen gesetzt: Mit der Abschaffung der Flatrate von 79 Mark pro Monat für das Surfen im Internet über das schmalbandige Telefonnetz stopfte er die größte Verlustquelle von T-Online. Schließlich war das Unternehmen im Jahr 2000 mit 244 Millionen Mark tief in die roten Zahlen gerutscht. Dazu hatte vor allem das Experiment mit dem Pauschaltarif beigetragen. "Wir haben herausgefunden, dass er der großen Mehrheit unserer Kunden nichts bringt", begründete Holtrop den Schritt. Erhalten bleibt die Flatrate allerdings bei den schnellen T-DSL-Anschlüssen.

Die ganze Malaise von T-Online sieht Telekom-Analyst Theo Kitz vom Privatbankhaus Merck Finck & Co. unterdessen in einem ganz anderen Bereich: "Mehr Inhalte, das ist das Entscheidende". Schon seit Wochen kursieren Gerüchte, dass T-Online eine Allianz mit der Münchner Mediengruppe Kirch schmiedet. Die Telekom dementierte solche Berichte zwar, von Kirch wurden sie aber bestätigt.

Für die Telekom-Tochter sei es wichtig, ihre Abhängigkeit vom Zugangsgeschäft zu verringern und das Portalgeschäft auszubauen, sagt Kitz. Die Verbesserung des Inhalte-Bereichs hält auch Michelle Lang vom Bankhaus Sal. Oppenheim für die wichtigste Aufgabe des Vorstands. So entfielen im vergangenen Jahr noch mehr als zwei Drittel des Umsatzes von 797 Millionen Euro auf den Internetzugang und nur der kleinere Teil auf den elektronischen Handel (E-Commerce). Aber nur mit Inhalten - im Fachjargon Content genannt - kann die Telekom-Tochter künftig Gewinne einfahren, glauben Branchenexperten.

Damit wären auch die Voraussetzungen für einen Aufschwung der T-Online-Aktie geschaffen. Seit Wochen bewegt sich das Papier nur im Tiefflug. Von ihrem bisherigen Höchststand von 47 Euro ist die T-Online-Aktie weit entfernt. Mit rund zwölf Euro hat sie rund drei Viertel ihres Wertes eingebüßt. Wer zum Börsengang im April 2000 T-Online-Aktien zum Kurs von 28 Euro erwarb, hat heute mehr als die Hälfte seines Kapitals verloren.

Für den Kurseinbruch gibt es viele Gründe: Einer ist das generell schlechte Klima in der Branche oder positiv formuliert: Die Rückbesinnung auf Realitäten. Den Blick darauf hatten die Börsianer zuvor in der Internet-Euphorie völlig aus den Augen verloren. Es kam, was kommen musste: Die Blase platze und die Kurse brachen ein. Hinzu kamen bei T-Online hausgemachte Probleme.

Nach dem Börsengang im April ging bei T-Online beinahe so gut wie alles schief. So misslang Ex-Vorstand Wolfgang Keuntje die Übernahme des britischen Konkurrenten Freeserve. Die attraktiven Unternehmen seien heute alle vergeben, sagt Telekom-Analystin Lang. International nehme T-Online heute keine Top-Position ein.

Außerdem lähmten Personalquerelen das Unternehmen: Der damalige Vorstandschef Keuntje überwarf sich dem obersten Konzernherrn Ron Sommer. Keuntje warf den Hut und mit ihm verließ fast die komplette Führungsmannschaft das Unternehmen. Mehrere Monate blieb T-Online ohne Vorstandsvorsitzenden - und das war weiteres Gift für den Aktienkurs.