Galgenfrist

Kostenloser Napster-Tausch nach neuer Verfügung vor dem Ende

Eigenes Filtersystem offenbar wirkungslos
Von dpa / Frank Rebenstock

Der kostenlose Musiktausch für Millionen von Fans über die Internet-Tauschbörse Napster steht vor dem Ende. Napster muss alle urheberrechtlich geschützten Titel aus dem Angebot nehmen. Das hat Bundesrichterin Marilyn Hall Patel am Dienstag in San Francisco in einer einstweiligen Verfügung angeordnet. Dafür hat das Unternehmen nur 72 Stunden Zeit. Der Countdown startet, sobald die Musikindustrie Napster die Titel der Songs, den Namen des Künstlers und die Copyrightnummer nennt. Ein Sprecher der Industrie äußerte sich zufrieden über die Entscheidung.

Das Urteil war keine Überraschung. Die Richterin bestätigte damit einen Beschluss vom Juli 2000. Damals hatte sie Napster zur Wahrung der Urheberrechte von Künstlern und Produzenten verpflichtet.

Die Internet-Tauschbörse hatte am Wochenende damit begonnen, Filter für Copyright-Material einzusetzen, um einem Verbot zuvorzukommen. Sie hatte damit aber nur geringen Erfolg. Musikfans begannen bereits nach Wegen zu suchen, wie sie Filter umgehen konnten. Software-Experten bezweifeln die Wirkung eines Filters, da zum Beispiel Titel unter anderen Texten oder mit Rechtschreibfehlern angeboten werden könnten, was ein Software-Programm nicht erfassen könne.

Die Bertelsmann eCommerce Group (BeCG), der größte Investor bei Napster, entwickelt nach eigenen Angaben zusammen mit der Tauschbörse die neue Software, mit der die Zahlung von Honoraren an Künstler möglich werden soll. "BeCG unterstützt Napster voll in allen Schritten, die die Firma unternimmt, um dieses neue Geschäftsmodell einzuführen", sagte BeCG-Vizepräsident Frank Sarfeld der dpa nach dem Urteil von San Francisco.

Napster will nach eigenen Angaben ab Juli die kostenpflichtige Mitgliedschaft einführen. Musikfans sollen für eine monatliche Gebühr zwischen rund zehn und zwanzig Mark Titel über die Napster-Software bei anderen Mitgliedern herunterladen können.

Die Musiktauschbörse und Bertelsmann hatten der Plattenindustrie erfolglos eine Milliarde US-Dollar angeboten, um eine mögliche gerichtliche Schließung abzuwenden. In den kommenden fünf Jahren sollten allein die vier größten Musikverlage zusammen jährlich 150 Millionen Dollar erhalten. Für die unabhängigen Labels waren jährlich 50 Millionen Dollar vorgesehen. Dafür sollten die Firmen mit Napster im Streit um angebliche Verletzung der Urheberrechte eine außergerichtliche Einigung finden. Nach eigenen Angaben wird Napster weltweit von 61 Millionen Menschen genutzt. "Dieser Gemeinschaft sollte es erlaubt werden, zusammen zu bleiben", hatte Napster-Chef Hank Barry betont.

Nach Informationen der Financial Times ist eine Einigung der großen Firmen mit dem "neuen Napster" nicht ausgeschlossen. Der Chef des französische Mischkonzerns Vivendi, Jean-Marie Messier, habe in London eine Kooperation als vorstellbar bezeichnet. Vivendi kontrolliert die Musikanbieter Universal und Seagram. Das geplante Joint Venture mit Sony, Duet, könnte laut Messier Lizenzen an Napster vergeben, sobald die Tauschbörse ihren kostenpflichtigen Abonnenten- Service verwirklicht habe.