Bonjour Tristesse

Krise: Gewitterwolken über France Télécom

Trotzdem: Mobilfunktochter Orange zweifach überzeichnet
Von dpa / Marie-Anne Winter

Der Himmel über France Télécom hängt voller dunkler Wolken. Das Umfeld für den Börsengang seiner Mobilfunktochter Orange ist denkbar schlecht, die Investoren haben ihren Glauben an Technologie-Aktien verloren, ganz im Sinne der trüben Vorgaben aus den USA. Zwar konnte France Télécom-Chef Michel Bon durch den Rabatt kurz vor Toresschluss das Interesse lustloser Investoren beleben, doch der auf Dienstag verschobene Börsengang droht immer noch zur Zitterpartie zu werden. Bon hofft auf eine Million Privatanleger. Ob er sie bekommen hat, will er erst am Dienstag verraten. Von institutionellen Anlegern ist das Paier bereits zweifach überzeichnet worden. Dies erklärten Sprecher der Konsortialführer am Freitagabend in Paris nach Ende der Zeichnungsfrist. Am Mittwoch senkte France Telecom auf Grund des schlechten Umfeldes und Drucks der Investoren die Preisspanne für die Börseneinführung von Orange von 11,5 bis 13,5 Euro auf 9,5 bis 11 Euro pro Aktie. Am grauen Markt pendelte der Preis für eine Orange-Aktie am Freitag zwischen 10,12 und 10,37 Euro. Analysten hielten dies für einen akzeptablen Preis.

Der Markt hat schon die Ankündigung des Rabatts am vergangenen Mittwoch als Verzweiflungstat des Telekom-Konzerns gewertet. Die Strafe folgte auf dem Fuße. Das France Télécom-Papier rutschte an einem Tag über sechs Prozent nach unten und zog den gesamten Markt mit sich. Über die Woche verteilt hat die France Télécom-Aktie über 10 Prozent verloren, und das zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, wo das Unternehmen Geld und nochmals Geld braucht. Der Telekom-Konzern muss seine Schulden beim vorherigen Orange-Besitzer Vodafone begleichen. Eine erste Rückzahlung von sieben Milliarden Euro ist vor dem 31. März fällig. Das wissen die Investoren und konnten somit Druck machen.

France Télécom sitzt auf einem Schuldenberg von 60 Mrd Euro. Michel Bon hat in den vergangenen zwei Wochen auf einer Rundreise durch Europa Stimmung für Orange gemacht - doch seine Show hat nur wenig Begeisterung wecken können. Wie schön waren doch die Zeiten im März 2000, als die France Télécom-Aktie bei über 220 Euro stand. Am vergangenen Freitag waren es 83 Euro. Allerdings steht Bon mit seiner Not nicht allein. Alle europäischen Telekommunikationsunternehmen haben Schuldenberge und Milliarden-Kredite auf sich genommen, um im Wettbewerb um die UMTS-Mobilfunklizenzen zu bestehen.

Die Jagd nach dem Mobilfunkgeschäft der Zukunft gleicht einer Mega-Einkaufstour durch Haute-Couture-Boutiquen - statt auf den Ausverkauf zu warten. Damit sich der Erwerb der horrend teuren UMTS- Mobilfunklizenzen lohnt, ist der vorherige Einkauf nationaler Mobilfunknetze sinnvoll - um für die neuen Lizenzen einen bestehenden Kundenstamm zu haben. Doch zur Zeit scheinen die Börsen den Glauben an das UMTS-Potenzial verloren zu haben.

Gewiss sind die Geschäftsaussichten, so wie sie Geldgebern und zukünftigen Kunden präsentiert werden, verlockend: Mit UMTS soll das kleine Handy zum Multimedia-Terminal werden, mit dem der Besitzer Filme anschauen und Musik hören, einkaufen oder sich in Gesprächs- Konferenzen einschalten kann, und das alles auch noch wunderbar schnell. Die technischen Realitäten sind allerdings andere. Angesichts der jetzt schon absehbaren Verzögerungen bei der Vergabe einiger UMTS-Lizenzen wird die bunte neue Plauder-Welt wohl erst in zwei bis drei Jahren verfügbar sein.

Nach Frankreich, wo die Lizenzvergabe verschoben wurde, weil nur zwei Kandidaten Interesse zeigten, hat jetzt auch Belgien eine Pleite erlebt - für die vier UMTS-Lizenzen gab es nur drei Bewerber. Es rächt sich die Gier der Regierungen, die durch überzogene UMTS-Preise der neuen Technologie die Luft abwürgen. Am teuersten war bisher das Geschäft in Deutschland mit 50,8 Milliarden Euro. Zur Zeit triumphieren die Skeptiker, die vor zu hohen Lizenz-Preisen gewarnt haben.