Börse-AOL

Internet-Pionier AOL kommt zurück an die Börse

Time Warner trennt sich damit offiziell vom Internetunternehmen
Von dpa / Rita Deutschbein

Der Internet-Pionier AOL kommt nach acht erfolglosen Jahren unter dem Dach des US-Medienriesen Time Warner wieder an die Börse. Heute kommt die AOL-Aktie wieder in den Handel in New York. Am Mittwoch war AOL dafür formell aus dem Konzern herausgelöst worden.

Time Warner zieht damit den Schlussstrich unter einem sehr teuren Fehlschlag. Die rund 100 Milliarden Dollar schwere Fusion von AOL und Time Warner war im Jahr 2001 als Jahrhundert-Hochzeit gefeiert worden. Nach dem Platzen der Internet-Blase blieben gigantische Verluste, die Ehe galt als gescheitert.

Noch zuletzt hatte Time Warner auch wegen AOL einen Gewinneinbruch hinnehmen müssen. Der Überschuss fiel im dritten Quartal um fast 40 Prozent auf 661 Millionen Dollar (444 Mio Euro) gefallen. Die Internetsparte leidet seit längerem unter sinkenden Nutzerzahlen sowie niedrigen Werbeeinnahmen und wies in den ersten neun Monaten dieses Jahres einen heftigen Umsatz- und Gewinnrückgang aus. Der Leidensdruck bei Time Warner war so groß, dass der Konzern AOL an seine Anteilseigner verschenkt: Für jeweils elf Time-Warner-Aktien erhalten die Aktionäre ein neues AOL-Papier zuzüglich einer Quartalsdividende von 0,1875 Dollar je Anteilsschein.

Nach der Loslösung, das hatte der bisherige Mutterkonzern zuvor angekündigt, muss AOL sein Geschäft auf Vordermann bringen und dafür teuer umbauen. Im November hatte AOL angekündigt, rund 2 500 Stellen und damit ein Drittel aller Arbeitsplätze zu streichen. Die Kosten sollen dadurch um 300 Millionen Dollar pro Jahr sinken. Allerdings soll die Restrukturierung zunächst rund 200 Millionen Dollar kosten. Time Warner selbst steckt bereits seit längerem in einem Umbau. In Europa hat sich der Konzern längst vom AOL-Geschäft mit Internetzugängen getrennt. Auch die Kabelnetz-Sparte ist weg. Zum Kerngeschäft von Time Warner gehören TV-Sender ("CNN"), Magazine ("Time", "Fortune") oder Filmstudios ("Warner Brothers").

Begonnen hatte die Verbindung der beiden Unternehmen auf dem Höhepunkt der Internet-Euphorie zur Jahrhundertwende. Damals hatte allerdings noch der Schwanz mit dem Hund gewedelt: Die viel kleinere Internet-Firma AOL hatte - getragen von dem Höhenflug der Aktien - den "Old-Economy-Veteran" Time Warner übernommen und stieg zum damals weltgrößten Online- und Medienkonzern auf. Die Fusion machte AOL die enormen Medieninhalte des Time Warner-Konzerns zugänglich und eröffnete Time Warner die weltweiten AOL-Onlinedienste. Verbrauchergruppen und Konkurrenten waren damals auch deshalb gegen den Zusammenschluss ­ letztlich erfolglos - Sturm gelaufen.

Wirtschaftlich gesehen stand die Elefantenhochzeit von Beginn an unter einem schlechten Stern: Die Aktienkurse beider Gesellschaften fielen nach der Fusionsankündigung deutlich, so dass sich der Wert der Transaktion bis zu ihrem Abschluss bereits deutlich reduziert hatte. Mit dem Platzen der Internet-Blase führte der Deal zu gigantischen Verlusten. Bereits nach dem ersten Ehejahr verbuchte das ursprüngliche Traumpaar ein Minus von knapp 99 Milliarden Dollar. AOL wurde entsprechend seiner neuen, realistischen Bedeutung aus dem Unternehmensnamen getilgt und mutierte zu einer von vielen Sparten des Medienkonzerns.