VoIP-Verbot

Einschätzung: Flatrates helfen gegen VoIP per Handy

Marktbeobachter: Trend zu VoIP in Mobilfunknetzen unumkehrbar
Von Björn Brodersen

Die deutschen Mobilfunknetzbetreiber brauchen den Wettbewerb mit VoIP-Anbietern wie etwa Skype nicht zu fürchten. Da die Umsätze der Mobilfunkunternehmen mit den boomenden mobilen Datendiensten anstiegen, werde ihre Abhängigkeit von den Umsätzen mit Sprachdiensten immer geringer. Zudem dürften mittelfristig immer mehr Kunden durch Bündeltarife und Flatrate-Tarife davon abgehalten werden, auf VoIP-Dienstleister umzusteigen. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer aktuellen Markteinschätzung von Steria Mummert Consulting.

Wie berichtet wollen die beiden deutschen Mobilfunkbetreiber T-Mobile und Vodafone VoIP-Gespräche in ihren Mobilfunknetzen nicht erlauben. Der VoIP-Provider Skype, der in einigen anderen Ländern mit Mobilfunkanbietern kooperiert, versucht, durch eine öffentliche Diskussion T-Mobile und Vodafone unter Druck zu setzen und eine Aufhebung des VoIP-Verbots in den Mobilfunknetzen zu erreichen. Inzwischen prüfen beide Mobilfunkbetreiber die Einführung von Spezialtarifen für die Nutzung der Internet-Telefonie in ihren Netzen. E-Plus und o2 verhalten sich bislang noch abwartend.

Marktanalysten: Neue Preismodelle sind gefragt

Laut Steria Mummert Consulting werden die Mobilfunker in diesem Jahr bereits jeden vierten Euro mit mobilen Datendiensten - ohne SMS und MMS - umsetzen. Im Jahr 2007 habe der Anteil noch bei knapp neun Prozent gelegen. Gleichzeitig sinken die Gesprächsumsätze. Im Jahr 2020 werden mehr als die Hälfte der Handy-Gespräche über das Internet geführt, schätzt der Marktforscher Gartner.

Den Trend zu internetbasierten Mobilfunkdiensten werden die Netzbetreiber nicht mehr umkehren können, meint Steria Mummert Consulting. Das zeige ein Blick ins europäische Ausland: In England plane fast jeder zweite Konsument, häufiger auf VoIP-Telefondienstleister zurückzugreifen. Vertragliche oder technische Barrieren der Mobilfunkbetreiber, um VoIP-Gespräche mit dem Handy via Daten-Flatrate zu erschweren, seien aus kurzer Sicht nachvollziehbar, würden sich allerdings dauerhaft nicht durchsetzen. "Wenn man sich den Kunden mit einem Verbot in den Weg stellt, werden andere Wettbewerber die Marktlücke schließen", erläutert Rolf Loschek, Telekommunikationsexperte bei Steria Mummert Consulting.

Österreichische Mobilfunkbetreiber bleiben gelassen

Die Mobilfunkunternehmen müssten jetzt neue Technologien, Dienste und Preismodelle entwickeln, um die Umsatzrückgänge im Kerngeschäft zu kompensieren - beispielsweise durch den Aufbau des für 2010 geplanten neuen Hochgeschwindigkeitsnetzes LTE. Laut Steria Mummert Consulting sei es auch denkbar, dass die Mobilfunker wie im Festnetz oder bei UMTS eine bestimmte Dienstgüte für verschiedene Daten- und Sprachpakete festlegen. Der Kunde bezahle dann für die Übertragungsqualität. Insbesondere Geschäftskunden seien bereit, für eine bessere Übertragung und eine geringere Verzögerung bei internetbasierten Handy-Gesprächen einen Zuschlag in Kauf zu nehmen.

Auch der österreichische Mobilfunkbetreiber Drei ist der Ansicht, dass man durch ein VoIP-Verbot im eigenen Mobilfunknetz zumindest einige Kunden in die Arme der Konkurrenz treibe. Der Netzbetreiber hat daher vor zwei Jahren eine Partnerschaft mit Skype beschlossen und mit dem VoIP-Provider gemeinsam ein VoIP-fähiges Handy entwickelt. T-Mobile-Austria-Chef Robert Chvatal sieht die Sache ebenfalls gelassener: Seiner Ansicht nach komme die Sprachqualität von Skype nicht an die der klassischen Telefonie heran.

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