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VETO -> Henning


20.08.2018 09:31 - Gestartet von wolfbln
2x geändert, zuletzt am 20.08.2018 09:39
Lieber Henning.

Deinem Editorial, kann ich im Wesentlichen zustimmen. Du verengst aber darin geschickt den Betrachtungshorizont der Problemlage. Im Untertitel der Überschrift steht noch etwas von Preisen, später tauchen sie an keiner Stelle im Artikel mehr auf.

Dein Schlusscredo: "So schön der Traum vom vierten Netz auch wäre. Er bringt uns keinen Schritt weiter" gilt aber nur für die Abdeckung oder die "Leistung" der Anbieter. Da wäre ein 4. Betreiber vielleicht sogar kontraproduktiv.

Das Ärgerliche in Deutschland ist aber doch, dass wir eine schlechte Abdeckung/Leistung haben bei relativ hohen Preisen ggü. anderen vergleichbaren Ländern.

Und da gibt es neue Studien von der BEREC und Rewheel, wonach nicht etwa die Lizenz- oder Arbeits- und Materialkosten die Preise in den Ländern bestimmen, sondern diese maßgeblich von der Wettbewerbssituation bestimmt werden. Beide Studien kommen zum Schluss, dass Länder mit 4 Netzen wesentlich niedrigere Preise haben, als Länder mit 2 oder 3 Netzen.

Du hast sicher recht, was Abdeckung und Leistung angeht mit dem 4. Netz. Das bringt nicht viel. Aber für die Preise sieht es doch völlig anders aus, wenn wir uns in Europa umsehen. Die Betrachtung aber nur auf einen Teil des Paares Preis-Leistung zu beschränken und dann zu sagen: das bringt alles nichts - ist schon sehr problematisch.
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[1] hrgajek antwortet auf wolfbln
20.08.2018 13:30
Hallo,
Benutzer wolfbln schrieb:

Deinem Editorial, kann ich im Wesentlichen zustimmen.

Danke :-)

Das Ärgerliche in Deutschland ist aber doch, dass wir eine schlechte Abdeckung/Leistung haben bei relativ hohen Preisen ggü. anderen vergleichbaren Ländern.

Welche Länder magst Du zum Vergleich heranziehen?

Und da gibt es neue Studien von der BEREC und Rewheel, wonach nicht etwa die Lizenz- oder Arbeits- und Materialkosten die Preise in den Ländern bestimmen, sondern diese maßgeblich von der Wettbewerbssituation bestimmt werden.

Also: Wir nehmen was wir kriegen. Das ist Marktwirtschaft.

>Beide Studien kommen
zum Schluss, dass Länder mit 4 Netzen wesentlich niedrigere Preise haben, als Länder mit 2 oder 3 Netzen.

Dann müssen wir Netze definieren. Macht es Sinn, an jeder Stelle 4-5-6 Sendemasten von Anbieter 1,2,3,4,5,6 aufzustellen?

Im Moment haben wir das Problem, das nicht genügend gebaut werden kann oder gebaut werden mag.

Wir wollen maximal viel Netz für minimal Geld. Und dazu haben die Anbieter offenbar keine Lust oder keine Ressourcen.
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[1.1] mirdochegal antwortet auf hrgajek
20.08.2018 16:42
Benutzer hrgajek schrieb:
Wir wollen maximal viel Netz für minimal Geld. Und dazu haben die Anbieter offenbar keine Lust oder keine Ressourcen.

Das machen Konsumenten überall so. Aber grade der Mobilfunk ist in Deutschland ein Konsumsektor, wo sehr viele bereit sind, was springen zu lassen. Ich würde es nicht auf den bösen Geiz-Vebraucher schieben. Studien darüber, dass das Mobilfunk Preis-Leistungsverhältnis in anderen Ländern besser ist, habt auch ihr bei teltarif schon veröffentlicht.
Die drei Netzbetreiber müssen sich fragen lassen, warum die Konsumenten in Deutschland besonders stark abkassiert werden.
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[1.2] wolfbln antwortet auf hrgajek
20.08.2018 17:13

2x geändert, zuletzt am 20.08.2018 17:30
Benutzer hrgajek schrieb:
Hallo, Benutzer wolfbln schrieb:

Deinem Editorial, kann ich im Wesentlichen zustimmen.

Danke :-)

Das Ärgerliche in Deutschland ist aber doch, dass wir eine schlechte Abdeckung/Leistung haben bei relativ hohen Preisen ggü. anderen vergleichbaren Ländern.

Welche Länder magst Du zum Vergleich heranziehen?

Das ist immer schwierig, wenn ich ein Land herausgreife, weil es kein Land gibt, dass 100% mit Deutschland vergleichbar wäre. Eins ist flacher, das andere bergiger, in einem ballt sich die Bevölkerung mehr oder weniger, eins ist größer oder kleiner. Da bekomme ich es immer ab, wenn ich D mit XY vergleiche. Genauso blödsinning ist aber auch die Behauptung des Telekom-Chefs, dass gerade in Deutschland die "Topographie" so extrem schwierig oder kostenaufwändig wäre.

Darum kann man nur mit der ganzen EU, EWR oder OECD usw. vergleichen. Ich habe das im Frühjahr 2018 mal gemacht.
Die Preisvergleiche aus 3 Studien (BEREC, EU Komm. und Rewheel) kann man hier nachlesen: http://de.roam-at-home.wikia.com/wiki/Preise_f%C3%BCr_mobile_Daten
Die Abdeckung nach Betreiberangaben und unabhängigen Messungen hier:
http://de.roam-at-home.wikia.com/wiki/Qualit%C3%A4t_der_Mobilfunknetze

Es fällt auf, dass Deutschland in beiden Kategorien überhaupt nicht gut abschneidet.
Die Preise für mobiles Internet sind je nach Studie überdurchschnittlich bis überhöht und LTE-Verfügbarkeit und -Speed ist im internationalen Vergleich eher schlecht bis katastrophal.

Und da gibt es neue Studien von der BEREC und Rewheel, wonach nicht etwa die Lizenz- oder Arbeits- und Materialkosten die Preise in den Ländern bestimmen, sondern diese maßgeblich von der Wettbewerbssituation bestimmt werden.

Also: Wir nehmen was wir kriegen. Das ist Marktwirtschaft.

Ja und Nein. Sicher läuft so die Marktwirtschaft. Aber eine höheren ARPU bedeutet ja nicht automatisch bessere Netze. Griechenland hat wohl (insbesondere gemessen am lokalen Einkommen) in der EU die höchsten Preise gerade. Die Netze dort sind ganz gut, aber nicht so überragend wie im Baltikum oder Skandinavien, wo sie fast nichts kosten.

Was Du bei Deiner Argumentation immer verkennst, ist, dass in der Mobilfunkbranche die "Gesetze des freien Marktes" fast völlig ausgeschaltet sind. Dort ist so viel reguliert, wie sonst kaum irgendwo, außer vielleicht in der Landwirtschaft. Manche der Regulierungen wie die EU-Roamingverordnung machen ja auch Sinn. Aber damit sind die Grundprinzipien kapitalisitschen Wirtschaftens und auch des Wettbewerbs ausgeschaltet.

Die 3 größten Mobilfunkfirmen Europas (nach Kunden) haben sich Deutschland aufgeteilt und machen derzeit gute Einnahmen, wie man an ihren Geschäftsberichten sieht. Das sind aber multi-nationale Konzerne und höhere Preise bei uns heißt doch nicht, dass dies dann auch in unsere Netze fließt.
Telekom gleicht die Verluste in Polen und SO-Europa aus, Vodafone in Italien oder Indien und selbst Telefónica Deutschland muss in der gegenwärtigen Situation Millionen nach Madrid überweisen. Und dann gibt es noch die Kapitalgeber, die berechtigterweise auch einen Return/Dividende sehen wollen.


>Beide Studien kommen
zum Schluss, dass Länder mit 4 Netzen wesentlich niedrigere Preise haben, als Länder mit 2 oder 3 Netzen.

Dann müssen wir Netze definieren. Macht es Sinn, an jeder Stelle 4-5-6 Sendemasten von Anbieter 1,2,3,4,5,6 aufzustellen?

Mehr Netze heißt doch nicht automatisch mehr Masten. Jetzt kommst du mit der Horrorvorstellung von Lieschen Müller. Es gibt viele genehmigte Standorte in Deutschland, wo ein 2. oder 3. Anbieter mit auf den Mast kann. Telefónica baut kaum neue Masten, sondern zieht häufig schon auf bestehende drauf, die an Autobahnen oder ICE-Trassen stehen.

Im Moment haben wir das Problem, das nicht genügend gebaut werden kann oder gebaut werden mag.

Momentan wird sogar ziemlich viel gebaut von allen 3 Betreibern, wenn man die letzten Jahre vergleicht. Das steht jedoch im Zusammenhang mit den Ausbauverpflichtungen für Ende 2019. Es steht zu befürchten, wenn da nicht neue Zielvorgaben nachgeschoben werden, dass dies dann auch der Ausbauzustand von 4G in Deutschland sein wird, so ähnlich wie bei 3G vor 5 Jahren.

Wir wollen maximal viel Netz für minimal Geld. Und dazu haben die Anbieter offenbar keine Lust oder keine Ressourcen.

Dieser Wunsch der Verbraucher ist so legitim, wie der Wunsch der Betreiber mit möglichst geringen Mitteln ein möglichst gutes Netz zu fahren.

Weil dieser Bereich aber so durchreguliert ist und die Ergebnisse in Deutschland zumindest viele nicht zufriedenstellen, muss man darüber nachdenken, wie man durch Anreize, Ausbauverpflichtungen, Lizenzbestimmungen und vielleicht auch andere Instrumente die Betreiber dazu zwingt, einen besseren Ausbaustand verfügbar zu machen, wenn schon die Preise so hoch bleiben.

Die 5G-Auktion jetzt wohl 2019 wird für vieles die Weichen stellen. Aber es hängt sehr davon ab, welche Verpflichtungen damit eingegangen werden müssen und das wird gerade diskutiert und festgelegt. Es ist auch immer noch nicht klar, ob man wieder versucht, ein möglichst hohes Auktionsergebnis zu erzielen (wie bei 3G 2000) oder besser den Betreibern entgegen kommt und lieber auf Erlöse verzichtet bei Verpflichtung auf besseren Ausbau (wie bei den 4G-Auktionen). Die ursprüngliche Idee der "großen Koalition" ein möglichst hohes Ergebnis zu bekommen, mit Geldern die dann dem Mobilfunk entzogen werden und stattdessen in den Breitbandausbau gesteckt werden, würde die schlimme Situation im Mobilfunk auf Jahrzehnte fixieren.