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Überschrift falsch


25.01.2012 00:18 - Gestartet von spaghettimonster
2x geändert, zuletzt am 25.01.2012 00:21
Die Überschrift ist Unsinn. Das Gericht hat mit Sicherheit nicht entschieden, dass Verträge mit solchen Klauseln "nichtig" seien, allenfalls, dass die entsprechenden AGB-Klauseln unwirksam sind und nicht verwendet werden dürfen. Unwirksame AGB-Klauseln führen gerade *nicht* zur Nichtigkeit (§ 306 BGB); selbst wenn, könnte der VZBV als Nichtvertragspartei das nicht einklagen; und selbst wenn er das könnte, wäre das Landgericht nicht erstinstanzlich zuständig. Auch rein faktisch wäre dann ja eine große Vielzahl von Vodafones DSL-Verträgen null und nichtig, wäre rückabzuwickeln und Vodafone könnte die Anschlüsse sofort abstellen. Diese Folge wäre auch für die Kunden nicht sinnvoll.

Lustig: Die anscheinend jetzt neu eingeführten Ankreuzfeldchen - auch nicht vorangekreuzte und freiwillige - gelten laut BGH *auch* als AGB-Klauseln. Mal sehen, ob der VZBV jetzt in die Zwangsvollstreckung geht. :)
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[1] Telly antwortet auf spaghettimonster
25.01.2012 02:21
Benutzer spaghettimonster schrieb:
Die Überschrift ist Unsinn. Das Gericht hat mit Sicherheit nicht entschieden, dass Verträge mit solchen Klauseln "nichtig" seien, allenfalls, dass die entsprechenden AGB-Klauseln unwirksam sind und nicht verwendet werden dürfen. Unwirksame AGB-Klauseln führen gerade *nicht* zur Nichtigkeit (§ 306 BGB)

Ich habe das Urteil nicht gelesen. Du offenbar aber auch nicht. Im Teltarif-Artikel steht:

Und weiter: "Paragraph 150, Absatz 2 BGB sieht vor, dass eine Annahme unter Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung eines Angebots verbunden mit einem neuen Angebot gilt. Von dieser grundlegenden gesetzlichen Regelung weicht die Beklagte [i.e. Vodafone] in unvereinbarer Weise ab, indem sie vorsieht, dass die Annahme unter Änderungen keine Ablehnung darstellt, sondern zu einem Vertragsschluss mit dem Inhalt ihrer Annahmeerklärung führt."

Wenn das Gericht also auf § 150 verweist, so hält sie den Vertrag sehr wohl für nichtig, weil nämlich keiner zustande gekommen ist. Es liegt ein Angebot seitens des Anbieters vor - sagen wir mal 16 Mbit/s. Dieses Angebot nimmt der potentielle Kunde an und bestellt. Geliefert werden kann aber max. 384 kbit/s.

Liefert sie jetzt einfach, ohne weitere Rückfragen beim Interessenten, die max. 384 kbit/s, dann ist das genau die "Annahme unter Einschränkungen" wie oben beschrieben. Folglich wurde der Vertrag eben als nichtig erklärt.

Ja, ich bin Laie. Doch Deiner Argumentation kann ich nicht folgen. Wenn ausschließlich nur eine unzulässige Klausel in den AGBs vorläge, dann wäre das wirklich ein Witz. Denn hier wird ja zu keinem Zeitpunkt überhaupt das geliefert, was bestellt worden ist.

Eine unzulässige Klausel, die nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt, sollte doch wohl nur möglich sein, wenn grundsätzlich mal die elementaren Bestandteile des Vertrages eingehalten werden.

Telly



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[1.1] spaghettimonster antwortet auf Telly
25.01.2012 05:38
Benutzer Telly schrieb:
Ich habe das Urteil nicht gelesen. Du offenbar aber auch nicht.

Stimmt, das ist in diesem Zusammenhang aber auch nicht nötig. :)

Wenn das Gericht also auf § 150 verweist, so hält sie den Vertrag sehr wohl für nichtig, weil nämlich keiner zustande gekommen ist.

Verbindlich ist das, was im Tenor steht, da wird die Verwendung der AGB-Klausel verboten, mehr nicht. (Was du daran siehst, dass Vodafone nicht kurz nach dem Urteil alle langsameren DSL-Anschlüsse schlagartig abgeschaltet hat, was sie sonst hätte tun müssen.) Wenn betroffene Kunden die Nichtigkeit ihres Vertrags feststellen lassen wollen, müssen sie separat klagen.

Wenn ausschließlich nur eine unzulässige Klausel in den AGBs vorläge, dann wäre das wirklich ein Witz.

Im Gegenteil. Wenn nämlich nur die Herabstufungsklausel unwirksam ist, bleibt VF zur Strafe in allen diesen Fällen zur Lieferung der Maximalrate verpflichtet.

Eine unzulässige Klausel, die nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt, sollte doch wohl nur möglich sein,

Dann wären fast alle Verträge im Massenverkehr nichtig oder würden es auf absehbare Zeit. Es gibt fast keine AGB, wo keine unwirksame Klausel drin ist, auch wenn der Laie das nicht merkt. Selbst ein gewissenhafter Anbieter kann das nie ganz ausschließen, weil die Rechtsprechung nicht immer vorhersehbar (auch Juristen streiten sich, was eine "unangemessene Benachteiligung" ist) und auch nicht immer einheitlich ist und sich bisweilen dreht. AGB-Klauseln können auch unwirksam werden, weil sich ein Gesetz ändert. Selbst bei der Telekom, dem größten Anbieter, werden immer mal wieder Klauseln gekippt (ich erinnere mich zB an eine Lastschrift-Zwangsklausel). Deswegen werden nicht alle Millionen Telekom-Anschlüsse mit dieser Klausel in Deutschland abgeschaltet. Oder: Bei Mietverträgen sind heute Klauseln zur Schönheitsrenovierung unwirksam, die in den 70-ern weit verbreitet waren. Du willst kaum alle Mieter mit Altverträgen auf die Straße setzen. Oder: Das BAG hat entschieden, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Die Arbeitsverträge von Tausenden Arbeitnehmern verweisen aber auf deren Tarifverträge, nach deiner Logik würden die dadurch alle arbeitslos. Du siehst: Es ist *nicht* im Interesse der Verbraucher, dass Verträge wegen unwirksamer Klauseln nichtig werden.
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[1.1.1] Telly antwortet auf spaghettimonster
25.01.2012 11:36
Wenn das Gericht also auf § 150 verweist, so hält sie den Vertrag sehr wohl für nichtig, weil nämlich keiner zustande gekommen ist.

Verbindlich ist das, was im Tenor steht, da wird die Verwendung der AGB-Klausel verboten, mehr nicht.

Was genau meinst Du mit Tenor? Liest Du etwa "zwischen den Zeilen"? ;-)

Ich lese nur das, was da wirklich steht!

(Was du daran siehst, dass Vodafone nicht kurz nach dem Urteil alle langsameren DSL-Anschlüsse schlagartig abgeschaltet hat, was sie sonst hätte tun müssen.)

Ich sehe das gar nicht so, dass VF hätte schlagartig abschalten müssen.

Wenn betroffene Kunden die Nichtigkeit ihres Vertrags feststellen lassen wollen, müssen sie separat klagen.

Eben. Genauso ist es.

Im Gegenteil. Wenn nämlich nur die Herabstufungsklausel unwirksam ist, bleibt VF zur Strafe in allen diesen Fällen zur Lieferung der Maximalrate verpflichtet.

Dies ERFOLGREICH einzuklagen, scheint nicht zu funktionieren. Drum den Weg der Nichtigkeit des Vertrages, damit der Kunde nicht auch noch verpflichtet ist, Monatsbeiträge für Leistungen zu zahlen, die er nicht erhält.

Eine unzulässige Klausel, die nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt, sollte doch wohl nur möglich sein,

Dann wären fast alle Verträge im Massenverkehr nichtig oder würden es auf absehbare Zeit.

Wenn überhaupt, dann eben nicht per Automatismus - so wie Du dachtest, dass ich denke.

Es gibt fast keine AGB, wo keine unwirksame Klausel drin ist, auch wenn der Laie das nicht merkt.

Ja.

Selbst ein gewissenhafter Anbieter kann das nie ganz ausschließen, weil die Rechtsprechung nicht immer vorhersehbar (auch Juristen streiten sich, was eine "unangemessene Benachteiligung" ist) und auch nicht immer einheitlich ist und sich bisweilen dreht.

Genau.

AGB-Klauseln können auch unwirksam werden, weil sich ein Gesetz ändert.

Ja.

Selbst bei der Telekom, dem größten Anbieter, werden immer mal wieder Klauseln gekippt (ich erinnere mich zB an eine Lastschrift-Zwangsklausel). Deswegen werden nicht alle Millionen Telekom-Anschlüsse mit dieser Klausel in Deutschland abgeschaltet.

Natürlich werden sie das nicht. Warum auch? Hierbei kommt es drauf an, welche Instanz das entschieden hat - dementsprechend gilt es nur im vorliegenden Einzelfall oder ist auf Fälle ab einem bestimmten Datum oder für alle oder wie auch immer anzuwenden.

Und selbst wenn mal was auf alle anzuwenden ist:

"Hausbanken" z. B. dürfen von ihren Bankkunden auch keine Rücklastschriftgebühren mehr verlangen für "Kosten", die sie selbst in Rechnung stellen wollen. Trotzdem tun das heute immer noch viele Banken. Korrekt ist das nicht und da muss dann jeder wieder einzeln sein Recht durchsetzen.

Aber wieder zurück zu Deinem Beitrag:

Oder: Bei Mietverträgen sind heute Klauseln zur Schönheitsrenovierung unwirksam, die in den 70-ern weit verbreitet waren. Du willst kaum alle Mieter mit Altverträgen auf die Straße setzen.

Was ich will, ist hier nicht entscheidend. ;-)

Bei diesen Mietverträgen ist in der Tat nur die AGB-Klausel ungültig. Dies hat dann zur Folge, dass der Vermieter vor Gericht keinen Erfolg hätte, die "Schönheitsrenovierungen" durchzusetzen.
Wie Du oben schon sagst - einzeln klagen - und in dem Fall eben scheitern, weil eine entsprechende Klausel für nichtig erklärt worden ist.

Oder:
Das BAG hat entschieden, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Die Arbeitsverträge von Tausenden Arbeitnehmern verweisen aber auf deren Tarifverträge, nach deiner Logik würden die dadurch alle arbeitslos. Du siehst: Es ist *nicht* im Interesse der Verbraucher, dass Verträge wegen unwirksamer Klauseln nichtig werden.

Das hat mit meiner vorliegenden "Logik" erstmal nichts zu tun. Natürlich bestehen die Arbeitsverträge weiter. Viele bestehen auch schon gar nicht mehr. Und trotzdem haben alle Leiharbeitnehmer (auch die bereits gekündigten), die nach dem Tarif dieser "christlichen Gewerkschaft" vergütet wurden, Ansprüche auf Lohnnachzahlungen. Diese sollten alle Leiharbeitneher wirklich mal prüfen und einfordern, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 3 Monate bestanden hat! Sonst lohnt unter Umständen der Aufwand nicht.

Aber Dein Beispiel gefällt mir trotzdem: Was wäre wohl, wenn ein Arbeitgeber sich auf den § 150 BGB beziehen würde, und den Arbeitsvertrag für nichtig erklären lassen wollte.

DIE BESONDERHEITEN DES ARBEITSRECHTS MÖCHTE ICH JETZT FÜR MEINEN GEDANKENGANG MAL VÖLLIG AUßER ACHT LASSEN!

Was wäre, wenn der Arbeitnehmer dies wollte? Rein theoretisch!

Du hast viel geschrieben und wie Du siehst, gab ich Dir auch viel Zustimmung! Doch auf den § 150 BGB, der im vorliegenden Fall wohl eine große Rolle spielt, bist Du leider gar nicht eingegangen.

Und in diesem Paragraphen steckt für mich der springende Punkt.

Telly
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[1.1.2] Mobilfunk-Experte antwortet auf spaghettimonster
25.01.2012 14:55
Benutzer spaghettimonster schrieb:

Benutzer Telly schrieb:
>
Ich habe das Urteil nicht gelesen. Du offenbar aber auch nicht.

Stimmt, das ist in diesem Zusammenhang aber auch nicht nötig.

Ich habe das Urteil gelesen.

Wenn das Gericht also auf § 150 verweist, so hält sie den Vertrag sehr wohl für nichtig, weil nämlich keiner zustande gekommen ist.

Verbindlich ist das, was im Tenor steht, da wird die Verwendung der AGB-Klausel verboten, mehr nicht.

Die Verwendung wird aber gerade deshalb verboten, weil die AGB-Klausel insbesondere nach § 307 II Nr. 1. BGB unwirksam ist. Wegen dieser Unwirksamkeit gilt automatisch die gesetzliche Regelung nach § 150 II BGB. Und das bedeutet, dass mit einer abweichenden Auftragsbestätigung noch kein Vertrag zustande kommt.

(Was du daran siehst, dass Vodafone nicht kurz nach dem Urteil alle langsameren DSL-Anschlüsse schlagartig abgeschaltet hat, was sie sonst hätte tun müssen.)

Das beweist höchstens, dass Vodafone es für sinnvoll hält, den Kunden diese Anschlüsse weiter bereitzustellen. Die Gründe dafür können vielfältig sein.

Wenn betroffene Kunden die Nichtigkeit ihres Vertrags feststellen lassen wollen, müssen sie separat klagen.

Das dürfte zumindest all denjenigen Kunden schwer fallen, die die abweichende Leistung bereits angenommen und bezahlt haben. Bei denen wird man wohl eine konkludente Einigung unterstellen dürfen.

Wenn ausschließlich nur eine unzulässige Klausel in den AGBs vorläge, dann wäre das wirklich ein Witz.

Im Gegenteil. Wenn nämlich nur die Herabstufungsklausel unwirksam ist, bleibt VF zur Strafe in allen diesen Fällen zur Lieferung der Maximalrate verpflichtet.

Nein, denn zu diesen Bedingungen kommt kein Vertrag zustande. Vodafone erklärt den betroffenen Kunden gegenüber ja ausdrücklich, dass sie die bestellte Leistung so nicht erbringen (können).

Eine unzulässige Klausel, die nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt, sollte doch wohl nur möglich sein,

Dann wären fast alle Verträge im Massenverkehr nichtig oder würden es auf absehbare Zeit. Es gibt fast keine AGB, wo keine unwirksame Klausel drin ist, auch wenn der Laie das nicht merkt. Selbst ein gewissenhafter Anbieter kann das nie ganz ausschließen [...]

Im Prinzip ja - eine unwirksame Klausel führt nicht zur Unwirksamkeit des ganzen Vertrages (§ 306 BGB). Hier würde aber erst die unwirksame Klausel dafür sorgen, dass der Vertrag mit der abweichenden Auftragsbestätigung überhaupt zustande kommt. Ohne die Klausel gilt dafür allerdings die gesetzliche Regelung, und nach der wurde eben noch *gar kein* Vertrag geschlossen.

Auch in solchen Fällen bleibt das Geschäft aber wahrscheinlich nur eine gewisse Zeit komplett in der Schwebe. Ein Vertrag entsteht dann zum Beispiel, wenn der Kunde die abweichende Leistung wissentlich und widerspruchslos annimmt.
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[1.1.2.1] Telly antwortet auf Mobilfunk-Experte
25.01.2012 15:00
Sehr schön erklärt!

Telly
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[1.1.3] helmut-wk antwortet auf spaghettimonster
26.01.2012 10:14
Dann wären fast alle Verträge im Massenverkehr nichtig oder würden es auf absehbare Zeit.

Du vergleichst Äpfel mit Birnen.

Es geht nicht darum, dass ein Vertrag geschlossen wurde, und sich dann herausstellt, dass die AGB teilweise unwirksam ist. In dem Fall (und der trifft so weit ich sehe auf alle deine Beispiele zu) bleibt der Vertrag bestehen.

Hier aber geht es um den Fall, dass ein Kunde eine DSL-Bandbreite bestellt hat, VF dann eine geringere Bandbreite anbietet und der Kunde daraufhin dankend auf den Vertrag verzichtet. So hab ich jedenfalls die Meldung verstanden.

Gemäß der AGB-Klausel wäre der Kunde aber schon im Vertrag drin und könnte nicht aussteigen, sondern müsste (bis zum Ablauf der Mindestlaufzeit) die geringere Bandbreite akzeptieren. Gemäß deiner Interpretation wäre er auch im Vertrag drin, aber VF zur Lieferung der bestellten Bandbreite verpflichtet, was möglicherweise technisch unmöglich wäre. Laut Urteil darf sich der Kunde jedoch einen anderen Anbieter wählen, weil der Vertrag, der laut AGB zustande kommen würde, nichtig ist.