Benutzer koelli schrieb:
Hätte da nur noch zwei Fragen, die eventuell beantwortet werden können:
Da die Fragen recht speziell sind, antworte ich direkt, statt auf gau-japan.de die Fragen in den Text einzuarbeiten:
1.) Wieso waren oberirdische Atomtests, wie sie damals in Nevada durchgeführt wurden, offenbar "nicht schlimm"? Heute liegt ja offenbar keine Vertrahlung der Gegend von Las Vegas vor.
Die oberirdischen Atomtests wurden in den USA nur mit den Atomwaffen der ersten Generationen durchgeführt, die Sprengkraft ähnlich der Hiroshima- und Nagasaki-Bomben hatten. Die Tests mit den tausend Mal stärkeren Wasserstoffbomben (bei denen die meiste Energie übrigens nicht aus der Fusion von Wasserstoff, sondern aus der Spaltung von Uran-238 (!) mit den von der Fusion erzeugten schnellen Neutronen stammt) fanden dann ja im Pazifik statt. Im Bikini-Atoll gab es auch große Probleme mit der Verstrahlung nach den Tests.
Eine 20 kT-Atombombe entspricht einer Energiefreisetzung von 84.000 Gigajoule. Ein Reaktor mit 1500 MW (thermisch) wie Fukushima erzeugt 130.000 Gigajoule am Tag. Entsprechend sammelt sich binnen zwei Jahren (was etwa dem durchschnittlichen Alter der Brennelemente in einem Reaktor entspricht, d.h., einige sind schon länger drin, andere sind neuer) ca. das tausendfache an radioaktivem Cäsium im Vergleich zu dem, was eine 20 kT-Atombombe freisetzt.
2.) Wieso ist Wind ein wichtiger Faktor bei der Verteilung der atomaren Strahlung? Licht-Strahlen verteilen sich doch auch völlig unabhängig vom Wind in alle Richtungen.
Die atomare Strahlung besteht aus Alpha-, Beta- und Gamma-Teilchen sowie aus Neutronen. Die ersten beiden kommen an Luft bestenfalls ein paar Zentimeter bzw. ein paar Meter weit. Gamma-Quanten und Neutronen sind nach einem Kilometer Strecke stark geschwächt. Das ist auch ganz gut so, so sind wir am Erdboden nur einem Bruchteil der aus dem Weltraum kommenden Höhenstrahlung ausgesetzt. Im Flugzeug ist es hingegen schon deutlich mehr.
Die Gefahr beim Kernkraftwerksunfall geht somit nicht so sehr von der direkten Strahlung aus, die von einem offenen Reaktorkern zum Opfer "herüberstrahlt", sondern von den radioaktiven Spaltprodukten: Das sind normale Atome, die aber irgendwann zerfallen und dabei die genannten Strahlungspartikel aussenden. Cäsium-137 hat beispielsweise eine Halbwertszeit von knapp über 30 Jahren - es dauert also so lange, bis die Hälfte zerfallen ist.
Cäsium verdampft zudem schon bei 671 °C, es kann bei einer Kernschmelze also leicht in die Luft gelangen. Dort kondensiert es wieder, es bilden sich feine Aerosole, die mit der Luft forttreiben, bis der Regen sie auswäscht. Dort wird das radioaktive Cäsium dann in den Boden eingetragen, und kann von Pflanzen wieder aufgenommen werden. In Bayern strahlen Maronen noch heute typischerweise mit etlichen 100 Bq pro Kilogramm und damit weit über dem Grenzwert für Nahrung.
Kai